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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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Gefummel mit dem Einstellen der Zwingen dran, dann mussten alle Winkel kontrolliert und die Diagonalen mit Charlies Messstab-Erfindung ausgemessen werden, um die Winkligkeit zu garantieren.
    Schließlich trat ich einen Schritt zurück und staunte über mein Selbstvertrauen, die Sauberkeit meiner Arbeit und darüber, dass das Aufleimen – das mich früher mehr in Angst und Schrecken versetzt hatte als die ersten Auftritte vor Gericht – jetzt vollkommen alltäglich für mich war.
    Erschöpft, die Finger mit einer zweiten Haut aus Leim überzogen, zufrieden mit mir selbst, ging ich nach Hause. Es regnete ununterbrochen, aber die Entdeckung von Garys Auto ließ meine Welt freundlicher aussehen. Nach einem toten Gary musste man nicht suchen. Ich musste nur noch einen Weg finden, um Des sein Haus zu sichern, dann wäre die ganze Sache erledigt. Alles. Was immer Dean Canetti mit Gary zu tun gehabt hatte, es war vorbei. Und was immer Black Tide sein mochte, es ging mich nichts mehr an.
    In meinem Zuhause, gesäubert, spielte ich ruhelos mit dem Gedanken, Lyall Cronin anzurufen, die hübsche und weltmüde Fotografin, ihr einen Drink oder vielleicht ein Essen vorzuschlagen. War sie am Ende unseres Treffens nicht ganz leicht anzüglich gewesen?
    Sie war leicht sauer gewesen.
    Mein Selbstvertrauen ließ mich im Stich. Nicht zum ersten Mal.
    Ich dachte gerade darüber nach, was ich essen sollte, als der Summer am Tor zur Straße ertönte.
    Simone Bendsten, atemberaubend in einer kurzen, roten Regenjacke, mit Regentropfen im Haar. Hinter ihr ein dunkler Honda in zweiter Reihe geparkt mit laufendem Motor.
    Sie hielt einen Umschlag hoch. »Das war in meinem Briefkasten, an Sie adressiert. Sehr mysteriös. Ich muss mich beeilen.«
    Ich rief ihr ein Dankeschön hinterher. In meinem Eingang sah ich mir den Umschlag an. Mein Name und meine Adresse, c/o Bendsten Research. Darunter, in Großbuchstaben: BITTE VOR 20 UHR ZUSTELLEN. BITTE KEI NEN TELEFONKONTAKT MIT MR. IRISH.
    Darin ein einzelnes DIN -A4-Blatt mit einer kurzen Nachricht.

ch saß vorne neben dem Fahrer. Das Taxi hatte mich an der Ecke King William und Brunswick aufgelesen, genau wie in der Nachricht angekündigt. Dann hatte der Fahrer, ein Mann in den Sechzigern mit dem ängstlichen Blick eines Windhundes, sein Talent dafür bewiesen, herumzutrödeln und den Verkehr aufzuhalten, um dann plötzlich über Ampeln zu rasen, die vor einer Sekunde auf Rot gesprungen waren.
    Wir kurvten überall herum: die Brunswick herunter, links in die Johnston, links in die Nicholson, runter zur Victoria, rechts, rechts, wieder in die Lygon Street, links in die Queensberry, rechts in die Swanston. Zwei Mal fuhr er an den Bürgersteig und wartete ein oder zwei Minuten, zwei Mal machte er verbotene U-Turns. Nach dem zweiten, an der Kreuzung zur Faraday, fuhr er einen halben Block weiter und hielt neben einem Mann im Anzug, der an einem geparkten Auto lehnte.
    Der Mann zog in aller Ruhe die hintere Tür des Taxis auf und stieg ein. »Guten Abend, Jack«, sagte er. »Links in die Grattan bitte, Dennis.«
    Er war groß, lag vielleicht ein paar Kilo über dem Normalgewicht, volles graues Haar, kurz geschnitten, einen breiten Schnurrbart als Unterbau für eine zarte Nase.
    Wir überquerten die Rathdowne und bogen an den Gardens in die Carlton Street ein.
    »Links in die Canning, auf der anderen Seite des Platzes rechts«, sagte der Mann.
    Er ließ das Taxi am hinteren Ende eines kleinen Platzes halten, neben einem dunklen Ford. »Gib uns zwanzig Minuten, Dennis«, sagte er. »Dann holst du unseren Gast an der Ecke wieder ab. Steigen wir aus, Jack.«
    Wir stiegen aus.
    Ein feuchter und windiger Melbourner Abend, ein kleiner Platz mit kahl werdenden Bäumen und zertrampeltem Gras, umgeben von ausdruckslosen, abweisenden Häuserreihen, in der Luft Blätter, die durch die Lichtkegel der Straßenlampen segelten wie herunterfallende Himmelsstückchen.
    Er schloss die Fahrertür des Fords auf, winkte mich zur Beifahrerseite. Ich stieg ein. Neuwagengeruch.
    »Dave«, sagte er und hielt mir seine rechte Hand hin, setzte sich zurecht, machte es sich bequem. »Rauchen Sie?«
    »Nein. Dave raucht nicht. Nicht mal annähernd.«
    »Nacht und Nebel. Kommt man sich immer ein bisschen vor wie ein Verbrecher.«
    Ich fragte: »Wer sind Sie?«
    Er fand eine Brieftasche. Ich hielt sie ins Licht der Straßenlampe. Er griff nach oben und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Ein Foto. Commonwealth-Siegel. Kursive Schrift,

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