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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Morgenroth«, presste Lübben zwischen den Zähnen hervor.
    »Scheiße«, erklärte Zinkel.
    Lübben schüttelte unmerklich den Kopf. »Tut mir leid, Mädels, aber den Ausflug werden wir verschieben müssen.«
    »Och!«, kam es im Chor von der Rückbank, wo Lübbens Frau Judith und die Zwillingstöchter Jule und Janne saßen, die Zinkel gestern Abend zum Bleiben geradezu genötigt hatten, ihn in ihre muntere Unterhaltung einbezogen und einander mit Angeboten zur Freizeitgestaltung gegenseitig übertroffen hatten, als sei er der lange verschollene große Bruder. Nein, wohl eher ein Onkel, rückte er die Altersrelationen zurecht. Er hatte bereitwillig nachgegeben, das Wochenende dranzuhängen, Patrizia würde ihn nicht vermissen, hatte seine Anrufe jedenfalls allesamt ignoriert, und so hatte er sich entschieden, zu bleiben.
    »Müsst ihr zu einer Leiche?«
    Das, glaubte er, war Jule, die bereits gestern eine morbide Neugier für seinen Beruf gezeigt hatte, die ihr Vater anscheinend nicht zu stillen bereit war. Eine ungewohnte intellektuelle Herausforderung, sich um ihre direkten Fragen herumzuwinden, ohne sie allzu sehr zu enttäuschen.
    »Fahren wir dann morgen mit Paul nach Bremerhaven?« Janne, vermutete Zinkel.
    »Wo ist es passiert?«
    »Können wir mit? Bitte!«
    »Gibt es einen Verdächtigen?«
    »Ist da viel Blut?«
    »Wir stehen auch ganz bestimmt nicht im Weg.«
    Nein, Zinkel gab auf, er konnte die Stimmen aller drei so wenig auseinanderhalten wie das Äußere der Zwillinge, obwohl sie, angeblich, anhand der Farbe ihrer Arm- und Haarbänder erkennbar waren. Jule trug Rot, Janne Blau, aber er hatte sie stark im Verdacht, gelegentlich zu tauschen.
    »Ruhe!«, donnerte Lübben, der sich nicht gewillt zeigte, auch nur eine der Fragen zu beantworten, öffnete das Fenster, was zu einem kollektiven, empörten »Iih« führte, und ließ sich von seiner Frau das Blaulicht nach vorn reichen. Theatralisches Bibbern und Zähneklappern.
    Zinkel musste ein Grinsen unterdrücken, ein Blick zu Lübben zeigte ihm, dass der ebenso kämpfte. Lübben gab Gas, und es herrschte gespanntes Schweigen, bis sie die Innenstadt erreicht hatten und schließlich nicht weit von Inka Morgenroths Haus hielten.
    »Ihr bleibt sitzen, verstanden?« Lübben wartete nicht auf eine Bestätigung, die vermutlich nicht gekommen wäre, denn Zinkel bemerkte beim Aussteigen die Kinderhand auf dem Türgriff. Judith war schneller und drückte vorn auf die Verriegelung.
    »Mach’s gut, Süße.« Lübben reichte ihr die Wagenschlüssel. »Ich melde mich, wenn ich weiß, wann wir nach Hause kommen.«
    »Seid vorsichtig«, rief sie ihnen hinterher.
    Lübben winkte zurück, während sie sich schon dem Haus näherten.
    Das eingeschaltete Blaulicht des Rettungswagens und dreier Streifenfahrzeuge wirkte an einem so strahlenden Tag noch gespenstischer als sonst, die Szenerie ein Magnet für zahlreiche Schaulustige, die die Brücke bevölkerten, und ein paar Unbeirrbare, die das Geschehen ganz hautnah miterleben wollten und dem Beamten, der vergeblich versuchte, das Absperrband zu installieren, gehörig auf die Pelle rückten.
    »Moin, wie sieht’s aus?«, erkundigte sich Lübben bei den Beamten, die das Haus abschirmten.
    »Der Schnee hat sie gerettet«, antwortete einer von ihnen. »Sie lebt, der Arzt versucht gerade, sie zu stabilisieren, damit sie transportiert werden kann.«
    »Wie kommt ihr drauf, dass das kein Selbstmordversuch war?«
    »Die übrigen Hausbewohner haben wir nicht angetroffen, aber es gibt eine Zeugin. Sie hat die Tat selbst nicht gesehen, die Aussage ist ziemlich schwammig, trotzdem, man kann nie wissen.«
    »Gut«, lobte Lübben, »ist die KT schon da?«
    Der Beamte nickte. »Die Zeugin sitzt da drin.« Er deutete auf den mittleren der Streifenwagen.
    »Danke.« Lübben wandte sich an Zinkel. »Oben stören wir besser nicht«, erklärte er, »wenn es Spuren gibt, finden die sie auch.«
    Sie gingen zu dem Streifenwagen. Die Zeugin saß im Fond, zur Seite gedreht, sodass nicht viel von ihr zu sehen war. Neben ihr saß noch jemand, der Größe nach zu urteilen schien es sich um ein Kind zu handeln, ein Kind, das ihm bekannt vorkam. Sehr unwahrscheinlich, befand Zinkel.
    Lübben klopfte ans Fenster, und die Zeugin fuhr herum. Zinkel klappte der Mund auf. Verdammt noch mal, was machte Marilene Müller hier? Hartmann würde toben, wenn er erfuhr, dass seine kostbare Anwältin sich schon wieder in Dinge einmischte, die sie partout nichts

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