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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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Ortstermin, etwa einen Monat später, ging man daran, den Vorfall zu rekonstruieren. Nach einigen Versuchen konnte man mit ziemlicher Sicherheit beschreiben, aus welcher Position der Gabelstapler herangefahren sein musste und in welcher Höhe sich die Hubvorrichtung mit den Gabeln und der Querverbindung höchstwahrscheinlich befand. Nur löste das die entscheidende Frage nicht: Wie hatte sich der Stapler überhaupt in Bewegung setzen können, nachdem der Fahrer abgestiegen war?
    Solange das nicht klar war, musste die Polizei in alle Richtungen ermitteln – Unfall, Mord, fahrlässige Tötung und was noch alles in Frage kam. Auch der Gabelstapler wurde begutachtet, sogar mehrmals. Dabei stellten die Fachleute zahlreiche Mängel fest, aber keinen, der dazu geführt hätte, dass der Motor von allein ansprang und der Stapler losfuhr.
    Wir hatten unseren Auftrag mittlerweile erledigt, konnten nicht mehr helfen. Trotzdem interessierte uns natürlich, wie dieser Fall ausgehen würde.
    Am Ende war es Kommissar Zufall, der den Ermittlern zum Durchbruch verhalf. Nach einer der technischen Untersuchungen, die nichts ergeben hatten, wurde der Gabelstapler zu der Firma zurückgeschafft. Beim Abladen passierte etwas beinahe Spukhaftes. Die Ladeplattform wurde hinten so weit geneigt, dass man den Stapler vorwärts hätte herunterrollen können. Doch der bewegte sich plötzlich in die andere Richtung, nach oben – ganz von allein. Also brachte man ihn gleich wieder in die Werkstatt. Wieder wurden alle denkbaren Messungen angestellt, um zu kontrollieren, ob die Fahrsteuerung ordnungsgemäß funktioniert. Und wieder kam man zu keinem Ergebnis, das einen weitergebracht hätte.
    Erst als jemand – mehr aus Versehen – die Kabelenden des Sitzkontaktschalters berührte, fand man die Erklärung: Durch diese zufällige Überbrückung setzte sich plötzlich der Motor in Betrieb. Wäre die Bremse nicht angezogen gewesen, der Stapler hätte sich selbständig gemacht.
    Da ich kein Sachverständiger für die Funktionsweise von Gabelstaplern bin, mache ich es kurz: Das Gefährt hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, befand sich in Sachen Technik nicht auf dem neuesten Stand. Es besaß zwar den erwähnten Sitzkontaktschalter, aber der war erst nachträglich eingebaut worden – nicht fachgerecht, wie sich nun herausstellte. Offenbar hatte der Monteur zwei Kabel verwechselt. Aber das allein hätte noch nicht einmal zu dem tödlichen Zwischenfall geführt. Der Schalter funktionierte nämlich trotzdem – solange die Kabelenden durch den Sitzbezug geschützt waren. Mit der Zeit jedoch war der Sitzbezug ziemlich verschlissen, so dass in bestimmten Situationen, begünstigt durch Staub, Schmutz und Feuchtigkeit, eine leitfähige Verbindung zwischen zwei Kontakten entstand, die es nicht hätte geben dürfen. Und dadurch war der Stapler an dem Tag einfach losgefahren. Im denkbar schlechtesten Moment, nämlich als der Arbeiter abgestiegen und vor den Gabelstapler gegangen war, um die Metallplatte, die er antransportiert hatte, im Schlund der Presse in die richtige Position zu rücken. Es war also niemand anderes dagewesen. Kein Tötungsdelikt, ein tragischer Unfall.

V. Urgewalten
    Es war noch dunkel, als Berthold Grundoff an diesem Morgen seine Wohnung verließ. Ein stürmischer Novembertag. Vor der Tür schlug ihm eisiger Wind entgegen. Der Achtundvierzigjährige lebte in einem Dorf in der Nähe von Cuxhaven. Sein Auto hatte er am Abend wie immer am Straßenrand geparkt, direkt vor dem Haus. In der Nacht musste es Frost gegeben haben, die Scheiben des Wagens waren zugefroren. Berthold Grundoff kratzte sie frei, setzte sich hinters Lenkrad und fuhr los. Die Strecke führte über eine Landstraße. Er kam an mehreren Bauerngehöften vorbei. In einigen Häusern und Ställen brannte Licht, von anderen waren in der Dunkelheit nur die Umrisse zu erkennen. Nach einer Viertelstunde erreichte er seine Arbeitsstelle, einen Wasserbaubetrieb, in dem er seit siebzehn Jahren als Berufstaucher beschäftigt war.
    Etwa anderthalb Stunden später – inzwischen war es hell geworden – verließ er das Firmengelände wieder, begleitet von zwei Kollegen. Die drei Männer steuerten den Kleintransporter, in dem sie unterwegs waren, nach Südosten und erreichten nach einiger Zeit das Hafenbecken einer kleinen Gemeinde an der Nordsee. Berthold Grundoff kannte die Gegend gut, und auch das Hafenbecken mit dem dazugehörigen Sperrwerk war ihm vertraut. Darin hatte er

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