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Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition)
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
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aus der Heimat mit denen überein, die in Thailand gewonnen wurden, mussten die thailändischen Behörden die Identifizierung noch autorisieren. Erst danach durfte eine Sterbeurkunde ausgestellt und das Opfer in seine Heimat überführt werden.
    Am schwierigsten war es, Kinder zu identifizieren. Je jünger ein Opfer war, desto weniger Unterlagen über medizinische Behandlungen existierten. Deshalb kam man auch mit dem Zahnstatus oft nicht weiter. Viele waren noch nie beim Zahnarzt gewesen.
     
    Anfangs bekam ich das alles nur aus der Ferne mit. Jedoch war bald klar, dass der Einsatz der IDKO noch Monate dauern würde. In der Regel blieb jedes Team, das bei der Identifizierung der Leichen eingesetzt war, drei Wochen. Eine längere Zeit wollte man niemandem zumuten. Man konnte sich also ausrechnen, dass noch viele Leute gebraucht würden. Das Bundeskriminalamt fragte dann auch ziemlich schnell an, ob unser Institut weitere Mitarbeiter für diese Aufgabe abstellen könne.
    Es war meine freie Entscheidung, und ich zögerte keinen Moment.
    Es gab einiges Hin und Her. Einen Tag vor der geplanten Abreise rief das Bundeskriminalamt an und sagte meinen Einsatz wieder ab. Die Lage habe sich kurzfristig geändert, ich würde zurzeit nicht gebraucht, aber möglicherweise etwas später. So war es dann auch.
    Ich flog zunächst nach Frankfurt, traf dort mehrere IDKO -Mitarbeiter, mit denen ich über Bangkok nach Phuket weiterreiste. Am nächsten Tag ging es los. Ein Teil des Teams fuhr zum TTVI IMC nach Phuket Town. Ich war für die Arbeit im Post-mortem-Bereich vorgesehen, mein Einsatzort war die Site  II  – Tha Cha Chai im Norden von Phuket.
    Auf dem Gelände hatte eine norwegische Firma inzwischen ein Containerdorf errichtet, mit einem eigenen Stück befestigter Straße, Zelten zum Umziehen, Toiletten, Duschen und einer Kantine. Generatoren lieferten Strom, es gab fließend Wasser. Damit hatten sich die Bedingungen für die Einsatzkräfte erheblich verbessert.
    Die Container, in denen wir arbeiteten, waren wie ein langer Flur aneinandergereiht, ohne Trennwände, so dass ein Raum von zweihundertvierzig Quadratmetern Fläche entstand. Drei solcher Container Lines standen nebeneinander. Sie verfügten sogar über Klimaanlagen, die es immerhin schafften, die Arbeitsbereiche auf etwa dreißig Grad herunterzukühlen, während draußen die Luft bei vierzig Grad und mehr flirrte.
    Inzwischen waren auch über einhundert Kühlcontainer nach Thailand gebracht worden, in denen die nicht identifizierten Leichen aufbewahrt wurden, bei minus achtzehn Grad. Eine Vielzahl davon stand auf dem Gelände der Site  II .
    Wir arbeiteten in sogenannten
Investigation Lines
. Davon gab es in jedem Containerkomplex zwei. Es lief ein bisschen wie am Fließband. Die Leichen wurden aus dem Kühlcontainer geholt und dann von einer Station zur nächsten weitergereicht, besser gesagt: weitergeschoben. Registrierung, Fingerabdrücke, rechtsmedizinische Untersuchung, zahnärztliche und so weiter. In jeder Line war einer dafür zuständig, sämtliche Daten in einen Computer einzugeben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die meisten Leichen, die noch da waren – weit mehr als zweitausend –, bereits alle diese Stationen einmal durchlaufen, ohne dass sie identifiziert werden konnten. Im Verlauf der letzten Monate war die Prozedur mehrfach modifiziert und erweitert worden, so dass nun jeder Fall auf den neuesten Stand gebracht werden sollte und dafür einem
Final Inventory Protocol
unterzogen wurde. Unsere Aufgabe bestand darin, die im Computer zu jeder Leiche gespeicherten Informationen mit denen zu vergleichen, die an der Leiche selbst festzustellen waren, also Narben, Tätowierungen, Piercings, Implantate, frühere Operationen – das ganze Spektrum, wie schon beschrieben – und gegebenenfalls zu ergänzen. Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt die Erstuntersuchung stattgefunden hatte, fehlten einzelne Angaben.
    Zusätzlich entnahmen wir jedem Opfer Knochenstücke aus dem Oberschenkel – für DNA -Proben. Erst wurde festgelegt, dass es ein zehn Zentimeter langes Knochenstück sein sollte, dann entschied man, dass es besser war, zwei Stücke von jeweils fünf Zentimetern Länge zu entnehmen. Ein Knochenteil wurde in externe Labors geschickt, nach England, Schweden, China und Bosnien-Herzegowina, das zweite aufbewahrt, für den Fall, dass später weitere Untersuchungen erforderlich sein würden.
    Das war der körperlich anstrengendste Teil der Arbeit, besonders
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