Spuren im Nichts
die Bücher durch, während er ihre Gläser nachfüllte. »Ich war mehrmals dort oben, Jahre, nachdem ich mit Kane gesprochen habe. Der Damm war längst eingerissen und die Stadt verlassen. Sie waren selbst dort, Kim; Sie wissen, wovon ich spreche. Es ist unheimlich. Vielleicht, weil ich wusste, dass es mit Yoshis Verschwinden zu tun hatte. Ich dachte, ich könnte fühlen, wie sich Dinge in der Dunkelheit bewegten. Das Tal hat mir Angst eingejagt. Ich denke nicht, dass ich leicht zu erschrecken bin, aber dieser Ort hat es geschafft.« Er schien sich in sich selbst zurückzuziehen. »Warum erzählen Sie mir nicht, was Sie gesehen haben?«
»Ich habe nicht wirklich etwas gesehen«, gestand sie. »Aber es ist unheimlich still dort draußen. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Er nickte. »Haben Sie etwas über die Hunter herausgefunden? Gab es einen Kontakt?«
Sie zeigte ihm die Bilder. »Ich glaube, sie sind einem anderen Schiff begegnet, und ich glaube, es könnte so ausgesehen haben.«
Er beugte sich vor, öffnete eine Schublade und nahm eine Leselupe heraus. Er hielt sie über die Bilder. »Sie glauben wirklich?«, fragte er. Die düstere Stimmung, die ihre Unterhaltung bis zu diesem Zeitpunkt gekennzeichnet hatte, wurde von einer Welle der Erregung weggespült.
»Ja, das glaube ich. Aber ich habe keine Beweise. Nicht einmal überzeugende Hinweise. Aber ja, ich glaube, es ist geschehen.«
Seine Augen weiteten sich, als er auf das Wandgemälde blickte. »Nicht zu fassen«, sagte er. »Das ist ja Emily!«
Die Tapferkeitsmedaille des Konzils glitzerte in der Mittagssonne. Tora Kane streckte die Hand aus und nahm sie von Kim entgegen, um sie zu betrachten. Sie las den Namen ihres Vaters auf dem Rand. »Woher haben Sie die?«, fragte sie.
»Aus Severin.«
Toras Miene verdüsterte sich sichtlich. »Sie können einfach nicht die Finger davon lassen, wie?«
»Ich dachte, Sie würden sie haben wollen.«
»Kommt darauf an.«
»Worauf?«
Sie standen in der Wheeling Bay am Strand, an der gleichen Stelle, wo sie sich bereits früher unterhalten hatten. Kim hatte die Hände in den Jackentaschen vergraben. Es herrschte Ebbe, und ein paar Möwen kreisten über dem nassen Sand. »Es kommt darauf an, was Sie sonst noch für mich haben. Wenn Sie fertig sind mit Ihrem Herumstochern, werden Sie Anschuldigungen gegen meinen Vater erheben?«
»Glauben Sie, dass er etwas Falsches getan haben könnte?«
»Sehen Sie, Kim …« Sie stieß den Namen zwischen zusammengepressten Lippen hervor. »Mein Vater war bestimmt nicht vollkommen. Er war aufbrausend und nicht besonders taktvoll, und manchmal vergaß er, dass er eine Tochter hatte. Trotzdem war er im Grunde genommen ein sehr anständiger Mann, und ich weiß, dass er sich nicht in eine krumme Geschichte hätte verwickeln lassen.«
»Waren Sie je in seinem Haus?«
»Sie meinen in Severin? Selbstverständlich.«
»Waren Sie auch nach der Explosion vom Mount Hope noch einmal dort?«
»Ja«, antwortete Tora Kane. »Ich habe meinen Vater von Zeit zu Zeit besucht. Ich bin in diesem Haus aufgewachsen. Als ich volljährig war, erneuerten meine Eltern ihre Ehe nicht mehr. Aber ich fuhr nach Hause, wenn ich Zeit hatte.«
»Darf ich fragen, wann Sie ausgezogen sind?«
»Das war 569. Danach war ich ein- oder zweimal im Jahr zu Hause.«
»Ist Ihnen zufällig das Wandgemälde in seinem Arbeitszimmer aufgefallen?«
»In seinem Arbeitszimmer? Nein, nicht, dass ich wüsste.«
»Hätten Sie es bemerkt, wäre es schon damals dort gewesen?«
»Selbstverständlich. Hören Sie, was hat das alles zu bedeuten?«
»Es gibt ein Wandgemälde dort.«
»Na und?«
»Es stellt eine Frau dar. Meine Schwester.«
»Oh.« Sie warf einen kurzen Blick in die Sonne. »Wissen Sie, ich weiß nicht recht, welche Schlussfolgerungen Sie daraus ziehen wollen.«
»Dr. Kane, wenn ich mich nicht irre, hat Ihr Vater nach der letzten Hunter- Mission einen Teil des Hauses abgesperrt. Wissen Sie etwas darüber?«
»Einen Teil des Hauses?«
»Das Arbeitszimmer.«
»Das war sein privater Raum. Daran war überhaupt nichts Ungewöhnliches.«
»Hatten Sie Zutritt zu seinem Arbeitszimmer?«
Kim sah, wie sie über die Antwort nachdachte. »Nein«, sagte Tora Kane schließlich. »Nicht in den späteren Jahren. Er hielt es stets verschlossen.«
»Hat er gesagt warum?«
»Nein. Ich habe mir deswegen wirklich nicht den Kopf zerbrochen. Und ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, was Sie das alles angeht.«
Kim
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