Spuren im Nichts
so fragte sie sich, konnten dann Solly und sie überhaupt noch ein Wort miteinander reden, ohne dass man sie belauschte? Hatten die Außerirdischen ihre Sprache bereits weit genug gelernt, um ihre Unterhaltungen mitzuhören?
Sie erzählte Solly von ihren Gedanken.
»Also gut«, sagte er. »Von jetzt an gehen wir davon aus, dass wir einen Eindringling an Bord haben. Das würde auch erklären, was mit Ham geschehen ist.«
»Zum einen das«, sagte sie. »Und zum anderen wissen wir jetzt, dass es nicht versuchen wird, uns im Schlaf zu ermorden.«
»Ich würde mich zwar nicht darauf verlassen, aber warum glaubst du das?«
»Weil es uns nach Hause folgen möchte.«
»Kim, ich möchte zwar nicht darauf herumreiten, aber der Kurs ist bereits eingegeben. Wenn es uns aus dem Weg schafft, muss es nichts weiter tun als stillsitzen und die gute alte Hammersmith ans Dock steuern.«
Sie saßen auf dem Bett und starrten hinaus in den Korridor, der mit einem Mal wie fremdes Territorium war, wie ein Durchgang zu einer anderen Welt. »Nein«, sagte sie. »Es weiß wahrscheinlich nicht, wo das Ziel unserer Reise liegt. Es möchte, dass wir weiter funktionieren, bis wir zu Hause angekommen sind. Bis es ganz sicher ist.«
»Ich hoffe wirklich, du hast Recht.«
21
Für Mut weit über bloße Pflichterfüllung hinaus.
- Aufschrift auf der Tapferkeitsmedaille des Konzils
Am nächsten Morgen suchten sie das Schiff erneut ab, alle drei Ebenen, den Maschinenraum, den Lander und jeden anderen Raum, der ihnen einfiel. Diesmal entfernte Solly auch die zahlreichen Wartungsklappen und Paneele und spähte in die Kabelkanäle und Tunnel dahinter. Sie fanden nichts. »Es fällt schwer zu glauben, dass wir etwas an Bord haben, das nicht da sein dürfte«, sagte er.
Zögernd sprach sie aus, was wahrscheinlich beide gedacht hatten: »Vielleicht sollten wir nicht nach Hause zurückfliegen.«
Sie saßen in den hohen Lehnsesseln im Besprechungsraum. Es war später Nachmittag; beide waren erschöpft von der langen Suche und der damit einhergehenden Frustration. »Kim«, sagte Solly, »wir können den Flug jederzeit unterbrechen und um Hilfe rufen. Aber was machen wir dann? Wenn es an Bord gehen konnte, ohne dass wir es gesehen haben, dann könnte es das bei jedem Rettungsschiff ebenfalls.« Er rieb sich die Augen. »Wir haben alles getan, was in unserer Macht steht, um sicherzustellen, dass es keinen Eindringling gibt. Also fliegen wir entweder nach Hause, oder wir bleiben irgendwo hier draußen sitzen, bis uns entweder das Essen oder die Luft ausgeht.«
Während ihrer Suche hatte sie gespürt, dass Solly ihrer Geschichte immer zweifelnder gegenüber gestanden hatte. In der vollen Beleuchtung des Bordtags wirkten die Korridore und Kabinen der Hammersmith weit weniger bedrohlich und die Gefahr gering. Ihre Möglichkeiten, sollten sie tatsächlich einen Eindringling an Bord haben, waren gering. Besser also, den ganzen Zwischenfall als das Ergebnis von zu schwacher Beleuchtung, aufgepeitschter Leidenschaft und zu viel Alkohol abzutun. »Sieh mal«, sagte er, »schlimmstenfalls müssen wir die Kontrolle über unsere Hyperraumkommunikation behalten und verhindern, dass es irgendetwas sendet, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Ganz gleich, was sonst noch geschieht.«
»Und du bist sicher, dass wir das können?«
»Nötigenfalls kann ich die Sender mit einem Schraubenschlüssel bearbeiten.«
Die Stimmung blieb gedrückt. Kim schloss die Schlafzimmertür hinter ihnen ab, auch wenn beide nicht wussten, ob es ihnen etwas nutzen konnte. Es war, so beschwerte sie sich bei Solly, als lebte man in einem verwunschenen Haus. Die Tage vergingen ohne weiteren Zwischenfall, doch Kim wusste, dass das Ding da draußen war, dass es durch Korridore und Windungen schwebte, stets gerade eben nicht sichtbar. Hin und wieder erhaschte sie kurze Blicke darauf; immer nur die Augen, manchmal im Licht einer Lampe, manchmal im Dampf einer Dusche. Sie erahnte Bewegungen in der Dunkelheit, einen kalten Lufthauch, der um ihre Knöchel strich, flüsternde Geräusche in den Schottenwänden. Selbst das unablässige Gebrumm der Schiffsmaschinen klang hin und wieder böse.
Wenn Solly irgendetwas von alledem bemerkte, dann sprach er jedenfalls nicht darüber.
Es war unvermeidlich, dass sie seltener und unregelmäßiger miteinander schliefen. Wenn es dann doch geschah, dann waren beide unkonzentriert, leise und verstohlen, als wären andere an Bord des
Weitere Kostenlose Bücher