Spuren im Nichts
Periode der Instabilität. Des Risikos und der Unwägbarkeiten. Wer weiß, welche Auswirkungen der Umgang mit einer fremden Spezies und einer fremden Kultur nach sich zieht? Uns geht es gut; wir haben keine Probleme. Der Status quo ist recht gut, meinen Sie nicht? Alle leben ein gutes Leben. Mir scheint, wir haben nichts zu gewinnen und möglicherweise alles zu verlieren, wenn wir diese Sache weiter verfolgen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Einstellung unsere Spezies in den Weltraum gebracht hat.«
»Kim, seien Sie realistisch. Haben Sie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, was ein Kontakt bedeuten könnte? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Fremden nicht böswillig sind, was meiner Meinung nach zumindest fragwürdig erscheint – überlegen Sie, wie groß das Potential für unglückliche Zwischenfälle ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Außerirdischen uns technologisch haushoch überlegen sind. Was geschieht, wenn Kulturen mit ungleichen Fähigkeiten und Entwicklungsständen aufeinander treffen? Was ist aus den Insulanern der Südsee geworden? Den Azteken? Oder vielleicht möchten Sie die Sache lieber von der anderen Seite betrachten: Falls wir die überlegene Spezies sind, werden wir den Außerirdischen Schaden zufügen. Dieses Prinzip scheint universelle Gültigkeit zu besitzen, gleichgültig, wie gut die Absichten der überlegenen Spezies auch sein mögen.«
»Wir könnten Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.«
»Können wir das wirklich? Ich bezweifle es.«
»Canon, das ist die Gelegenheit für eine vollkommen neue Perspektive aus der Sicht einer nichtmenschlichen intelligenten Spezies. Das Potential für neues Wissen ist unermesslich. Aber das ist nicht einmal das Entscheidende. Diese Wesen sind in mancherlei Hinsicht genau wie wir. Wir wissen das jetzt …«
»Wir wissen es nicht wirklich, Kim. Sehen Sie, ich sage nicht, dass Sie Unrecht haben. Ich sage nur, dass wir es nicht genau wissen können. Warum sollten wir das Risiko eingehen?«
»Weil wir eine Verpflichtung haben«, erwiderte sie. »Wir haben die verdammte Pflicht, Hallo zu sagen, allerwenigstem. Wir sind der Teil des Universums, der denkt. Wie können wir nicht handeln, nur weil wir das Risiko ausschließen wollen? Sie reden über den Status quo, Canon. Ist das wirklich alles, was wir noch im Sinn haben?«
»Die Diskussion ist ein wenig zu abstrakt für meinen Geschmack.« Woodbridge seufzte. »Das alles könnte viel einfacher sein, wenn Sie praktischer denken würden, Kim. Trotzdem ist es gut möglich, dass die Geschichte eines Tages feststellen wird, dass Sie Recht hatten und ich Unrecht. Oder auch nicht. Für den Augenblick jedenfalls ist das Leben auf den Neun Welten sehr angenehm, und diese Wesen im Orion sind eine zu große Unbekannte. Allein schon aus diesem Grund werden wir sicheren Abstand zu ihnen halten.«
»Ihnen ist klar, dass Sie damit unsere Abmachung verletzen«, sagte sie. »Ich fühle mich nicht mehr länger an mein Wort gebunden.«
Woodbridge zuckte die Schultern. »Das hier«, er deutete mit einer Kopfbewegung auf das Mikroschiff, »das hier ändert die gesamte Gleichung. Ich bin sicher, die Regierung wird schon in den nächsten Tagen eine Verlautbarung herausgeben.«
Der Zug wurde langsamer und durchfuhr eine lang gestreckte Schlucht.
»Sie wollen an die Öffentlichkeit?«, fragte Kim überrascht. »Warum?«
»Oh, ganz einfach. Eine Entdeckung wie diese lässt sich nicht geheim halten. Sobald wir Wissenschaftler zu Rate ziehen, wird die Neuigkeit die Runde machen. Wir sind nicht annähernd so gut im Bewahren von Regierungsgeheimnissen, wie die Leute immer zu denken scheinen.«
»Also wird es irgendwann doch eine oder mehrere Missionen zum Alnitak geben …«
»Sie werden nicht zum Alnitak, sondern nach Zeta Tauri fliegen. Dorthin verlegen wir den Schauplatz der Begegnung mit den Außerirdischen. Gerüchte werden nach draußen dringen, und wir werden sie selbstverständlich abstreiten. Also wird alle Welt glauben, dass Zeta Tauri der richtige Ort ist. Und unsere Schiffe werden dort sicher sein vor den Fremden.«
»Außer, ich sage etwas anderes.«
»Das ist der Grund, auf den ich angespielt habe, als ich sagte, wir brauchen Ihre Unterstützung. Sollten Sie weiterhin darauf bestehen, Ihren eigenen Weg zu gehen, Kim, fliegen Sie schlicht und ergreifend ganz aus dem Szenario. Wir haben bereits eine alternative Erklärung vorbereitet. Ohne Sie, sodass es keinen Grund gibt, warum
Weitere Kostenlose Bücher