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Spuren in der Wüste

Spuren in der Wüste

Titel: Spuren in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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sie wollte lieber zu Fuß zum Taxistand am Gänsemarkt
    gehen, weil sie fast unerträgliche Kopfschmerzen hatte – wie immer,
    wenn sie in einer solchen ›Mission‹ tätig war. Die frische Luft wür-
    de ihr guttun.
    Doch sie erreichte den Gänsemarkt nicht.
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    Plötzlich hielt ein Wagen neben ihr, und eine Stimme befahl:
    »Steigen Sie ein!«
    Sie sah aus dem Dunkel des Wagens eine Waffe auf sich gerichtet
    und wich unwillkürlich zurück.
    »Steigen Sie ein! Los doch!« wiederholte die Stimme.
    Und Irene gehorchte.
    Der Mann neben ihr steckte die Pistole weg, verband ihr dafür
    die Augen mit einer dunklen Binde.
    Sie zitterte jetzt am ganzen Körper.
    »Keine Angst«, sagte der Mann neben ihr, »es passiert Ihnen
    nichts.«
    Nach einer Weile verebbten die Verkehrsgeräusche der Stadt hin-
    ter ihnen; Irene wußte, sie fuhren hinaus aufs Land.
    Die Fahrt mochte eine Stunde dauern oder auch mehr, sie wußte
    es nicht; sie verlor jedes Zeitgefühl.
    »Wohin bringen Sie mich?« fragte sie.
    Der Fahrer vor ihr brummte Unverständliches, der Mann neben
    ihr, der nach einem guten herben Eau de Cologne roch, wiederhol-
    te nur noch einmal: »Es wird Ihnen nichts passieren.«
    Erst in dem Haus, in das man sie schließlich führte, nahm man
    ihr die Augenbinde ab.
    Sie befand sich in einem typischen Wohnzimmer – altdeutsch
    eingerichtet wie aus einem Kaufhaus-Katalog.
    Vor dem offenen Kamin, in dem ein künstliches Feuer flackerte,
    stand ein hochgewachsener Mann mit sehr hellem Haar.
    Er kehrte Irene bei ihrem Eintritt den Rücken zu, und erst als er
    sich umwandte, erkannte sie, daß sein Haar weiß sein mußte, denn
    sein Gesicht war sehr alt.
    »Guten Abend«, sagte er in akzentfreiem Englisch. »Setzen Sie
    sich doch, Mrs. Blessing.«
    Sie nahm in einem der mit grün-rot gestreiftem Plüsch überzo-
    genen Sessel Platz.
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    Außer dem Weißhaarigen befanden sich noch die beiden Männer
    im Zimmer, die sie hierhergebracht hatten. Sie lehnten neben der
    Tür, lässig und doch, als bewachten sie das Zimmer und die Tür.
    Irene hielt ihre Handtasche, deren Geheimfach den Briefumschlag
    des Dunklen enthielt, auf den Knien.
    Weder während der Fahrt noch beim Betreten des Hauses war sie
    selbst oder ihre Handtasche durchsucht worden.
    »Sie erinnern sich meiner nicht«, sagte der Weißhaarige, »aber wir
    haben uns vor sechs Jahren kennengelernt.«
    Sie hob die Schultern. Sie erinnerte sich wirklich nicht.
    »Ich war damals bei den Untersuchungen des bedauerlichen Un-
    falls zugegen, dessen Opfer Ihr Mann wurde.«
    Sie senkte den Kopf.
    Wie eine heiße Welle schlug es in ihr auf.
    Noch jemand, der wußte, was damals geschehen war, noch ein
    Zeuge!
    »Wir haben Sie seither nie aus den Augen verloren, Mrs. Bles-
    sing«, sagte der Weißhaarige. »Wir waren über alle Ihre Reisen informiert, über Ihre Kontakte.«
    Er wandte sich zu den beiden Männern an der Tür. »Ihr könnt
    jetzt Kaffee bringen«, sagte er, und wieder zu Irene gewandt: »Oder
    bevorzugen Sie etwas Alkoholisches?«
    Sie schüttelte stumm verneinend den Kopf.
    »Also Kaffee!« Er lächelte. Dabei verloren seine Züge ihre Schärfe.
    Er zog ein silbernes Zigarettenetui aus seiner Jackettasche, bot Ire-ne daraus an, gab ihr Feuer.
    »Sie sehen wohl aus«, sagte er, »ich muß auch gestehen, Ihre jet-
    zige Haarfarbe steht Ihnen besser.«
    »Damals war mein Haar gebleicht«, sagte sie tonlos. »Mein Mann
    wollte das so.«
    »Ich weiß«, sagte er sanft, »während der Untersuchungen Ihres
    Unfalls in der Wüste wuchs es an den Wurzeln dunkler nach.«
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    »Sie – Sie haben mich damals gesehen?«
    »Ich habe die Untersuchung geführt«, sagte er einfach.
    »Dann sind Sie –«
    »Nennen wir doch keine Namen«, sagte er schnel , aber auch das
    klang nicht unfreundlich.
    »Gut«, sagte sie und atmete tief aus. »Was wollen Sie von mir?«
    »Den Umschlag, den Sie in Ihrer Tasche tragen.«
    Sie zögerte. »Und was geschieht dann mit mir?«
    »Nichts«, sagte er einfach. »Bitte, geben Sie mir den Umschlag.«
    Sie reichte ihm das weiße Couvert. Er schlitzte es mit dem rech-
    ten Zeigefingernagel auf, nestelte dann eine Brille aus der kleinen
    Tasche fürs Einstecktuch, las, was auf den einzelnen Briefbögen
    stand.
    »Gut«, sagte er, »sehr gut.« Und wieder lächelte er.
    Den Umschlag warf er ins Feuer, das keines war. Er lachte leise
    über sich selbst, sagte: »Das verdammte Ding sieht so echt aus.« Er
    hob den Umschlag wieder auf, steckte ihn und

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