Sputnik Sweetheart
überzeugt. Mein Ich, das hier in Rom ist, und mein Ich, das überlegt, warum, lassen sich nicht verbinden. Anders gesagt: Ich bin zwar hier, aber ich müsste nicht unbedingt hier sein. Ich drücke mich unklar aus, aber Du verstehst sicher, was ich meine.
Eins dagegen ist sicher. Es wäre schön, wenn Du auch hier wärst. So weit weg von Dir fühle ich mich einsam, auch wenn Miu bei mir ist. Je weiter entfernt, desto einsamer. Dir geht es wahrscheinlich genauso.
Miu und ich – wir beide ganz allein – sind also in Europa. Ursprünglich hatte sie geplant, allein für etwa zwei Wochen eine Geschäftsreise nach Italien und Frankreich zu unternehmen. Dann hat sie mich eines Morgens ohne Vorwarnung damit überrumpelt, dass ich sie als ihre Sekretärin begleiten solle. Ich glaube zwar nicht, dass ich ihr von großem Nutzen bin, aber es ist ja auch das erste Mal für mich, und Miu sagt, es sei die Belohnung dafür, dass ich mit dem Rauchen aufgehört habe. Also hat sich die Tortur letztlich doch gelohnt.
Wir sind zuerst nach Mailand geflogen, haben uns dort ein bisschen umgesehen, dann einen blauen Alfa Romeo gemietet und sind auf der Autostrada nach Süden gefahren. In der Toskana haben wir ein paar Weingüter besucht und geschäftliche Dinge erledigt. Nach ein paar Tagen, die wir in einem kleinen Ort in einem hübschen Hotel verbracht haben, sind wir nach Rom weitergefahren. Alle Gespräche werden auf Englisch oder Französisch geführt, sodass ich dabei keine große Rolle spiele, aber unterwegs ist mein Italienisch sehr nützlich. In Spanien (wohin wir diesmal leider nicht kommen) könnte ich Miu eine größere Hilfe sein.
Der gemietete Alfa Romeo hatte Gangschaltung, und Miu ist die ganze Zeit gefahren. Aber es macht ihr nichts aus, stundenlang hinterm Steuer zu sitzen. Die Toskana besteht sozusagen nur aus Hügeln und Kurven, und allein vom Zusehen, wie sie so mühelos rauf- und runterschaltete, wurde mir heiß und kalt (das ist kein Witz). Weit fort von Japan in einem Auto neben ihr zu sitzen – mehr brauche ich nicht zu meinem Glück. Wenn es doch nur für immer so bleiben könnte.
Wenn ich jetzt anfange, Dir das köstliche Essen und die wunderbaren Weine in Italien zu beschreiben, wird der Brief zu lang, also verschiebe ich das aufs nächste Mal. In Mailand haben wir einen ausgedehnten Einkaufsbummel unternommen. Miu hat Kleider, Schuhe und Unterwäsche gekauft. Ich habe allerdings außer einem Schlafanzug – weil ich meinen vergessen hatte – nichts erstanden (erstens kann ich mir nichts leisten, und außerdem gab es so viele schöne Sachen, dass ich gar nicht gewusst hätte, was nehmen. In solchen Situationen bin ich überfordert und kann mich für nichts entscheiden.) Kleidung für Miu einzukaufen war Vergnügen genug. Im Einkaufen ist sie eine große Meisterin; sie kauft nur ganz wenige erlesene Stücke, wie jemand, der nur den feinsten Bissen von einer Speise nimmt. Miu ist so klug und bezaubernd schön. Als ich sah, wie sie die teuren Seidenstrümpfe und Unterwäsche aussuchte, kriegte ich kaum noch Luft. Mir ist richtig der Schweiß ausgebrochen. Ziemlich seltsam. Immerhin bin ich ein Mädchen. Aber ich will nicht zu ausführlich über unseren Einkauf schreiben, sonst wird’s zu lang.
In den Hotels haben wir getrennte Zimmer. Miu ist diesbezüglich ziemlich nervös. Aber einmal in Florenz gab es ein Durcheinander mit der Reservierung, sodass wir in einem Zimmer übernachten mussten. Die Betten waren zwar getrennt, aber allein schon dass ich mit ihr in einem Raum schlafen durfte, ließ mein Herz höher schlagen. Ich konnte sehen, wie sie in ein Handtuch gewickelt aus dem Bad kam, und ihr beim Umziehen zuschauen. Natürlich habe ich die Nase in mein Buch gesteckt und so getan, als würde ich gar nicht hingucken, aber ich habe doch einen Blick riskiert. Miu hat eine fantastische Figur. Sie war zwar nicht nackt, sondern hatte ein bisschen Unterwäsche an, aber ihr Körper sieht atemberaubend aus. Ihr Hinterteil ist schmal und straff, ein wahres Kunstwerk. Ich wünschte, Du hättest sie auch sehen können – auch wenn das ein bisschen komisch klingt.
Ich malte mir aus, wie es wäre, von diesem schlanken, geschmeidigen Körper umarmt zu werden. Als mir – im Bett und in einem Zimmer mit ihr – diese unanständigen Dinge in den Sinn kamen, geriet ich allmählich ganz außer mir. Vielleicht habe ich mich ein bisschen zu sehr aufgeregt, denn in derselben Nacht und viel zu früh habe ich
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