ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
Platz an der Seite des Unendlichen.«
»Beeindruckend«, sagte sie. »Ich wurde nach einer alten Freundin meiner Eltern benannt. Allerdings vermute ich, dass eine Heldin namens Prynne aus einem Buch meiner Mutter – eine Ehebrecherin, die es wagte, übermäßig frommen menschlichen Siedlern die Stirn zu bieten – auch ein Einfluss war. Wie endet Thirishars Geschichte?«
»Thirishar wurde der Thron verwehrt«, erklärte Shar. »In Uzavehs Augen war er nicht Eins, und so spaltete der Unendliche ihn in vier einzelne Personen auf.«
»Die vier Geschlechter«, vermutete Prynn. Er rechnete bereits mit entsprechenden Rückfragen, doch etwas anderes schien ihre Neugierde geweckt zu haben. »Du hast den Ausdruck ‚Eins‘ schon früher verwendet, aber ich dachte, damit würdest du auf dein Volk anspielen. Jetzt verwendest du ihn aber in anderem Kontext, oder irre ich?«
»Das Wort hat mehrere Bedeutungen«, antwortete Shar. »Unter anderem kann man es auf mein Volk beziehen, aber das ist nur eine von vielen. Sagst du beispielsweise, jemand sei Eins in deinen Gedanken, drückst du damit Zuneigung und Intimität aus. Diese Verwendung ist meist dem Bund zwischen Elternteil und Kind vorbehalten, manchmal auch der emotionalen Verbundenheit zwischen Bündnispartnern. Oder man bezieht sich damit auf die sexuelle Verbindung im
Shelthreth
, in dem neues Leben gezeugt wird.«
»Und in eurer Mythologie?«
»Darüber diskutieren Gelehrte, Philosophen und Dichter seit Jahrhunderten. Manchmal scheint es mehr Interpretationsansätze zur
Sage der Spaltung
zu geben, als es Andorianer gibt. Eins wird durch sie aber deutlich: dass uns ein Teil des Wissens über uns selbst fehlt und wir daher nicht würdig sind, uns über das, was wir sind, hinaus zu entwickeln.«
Prynn legte die Stirn in Falten. »Wow, das ist … echt traurig.«
»Mag sein«, gab Shar zu. »Zumindest mag es so auf jemanden wirken, der nicht in unserer Kultur aufwuchs – und insbesondere angesichts der aktuellen Lage meines Volkes. Für viele Andorianer ist diese Erkenntnis aber eine motivierende. Unsere Mythen inspirieren uns dazu, uns selbst zu erkunden, unsere Beziehung zum Universum, unsere Natur.«
»Soll das heißen, du bist
deswegen
Wissenschaftler geworden?« Prynn wirkte entzückt. Als hätte sie nie damit gerechnet, einen solchen Einblick in sein Wesen zu erhalten.
»Wegen verschiedener Dinge«, stellte Shar klar. »Aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, als Kind nicht von den Rätseln der alten Sagen fasziniert gewesen zu sein. Von den Fragen, die ich unter der Oberfläche jener Metaphern entdeckte.«
Sein Blick glitt zum Fenster und der Planetenoberfläche, die verschwommen an ihnen vorbeirauschte. »Einem der interessantesten Ansätze nach sind wir Andorianer gar nicht auf Andor entstanden. Das glaubt eine immer größer werdende Anzahl von Forschern. Sie sagen, wir seien Flüchtlinge einer fremden Welt und vor hunderttausenden, wenn nicht sogar Millionen Jahren hergekommen.«
»Wie kommen sie darauf?«
»Weil unsere Erforschung der andorianischen Tier- und Pflanzenwelt keinerlei Hinweis darauf liefert, dass unsere Viergeschlechtlichkeit eine natürliche Erscheinung des Planeten ist.«
»Also seid ihr einzigartig.«
»Ja.«
Und allein
, fügte er in Gedanken hinzu.
»Das kann etwas Gutes sein.«
Kann es?
Wenn er das beantworten könnte, wüsste er vielleicht auch die Antworten auf andere, quälende Fragen, die ihm den Frieden raubten. Ideen rasten durch seinen Geist, theologische wie wissenschaftliche … und Hoffnungen. Shar verlor sich in den Strömungen seiner Gedanken.
Kapitel 3
Auf dem Teller lag ein Käfer von der Größe einer Faust. Prynn beugte sich in ihrem Sitz vor, bis ihre Augen auf Tischhöhe waren, und versuchte, eine Ess-Strategie zu entwickeln, doch wie anfangen? Hilflos sah sie sich in der höhlenartigen Wartehalle des Shuttlehafens um. Hatten vielleicht andere Reisende die gleiche Speisenwahl getroffen? Die meisten der herumschlendernden oder auf den Sitzbänken ausharrenden Personen, kauten an dampfenden Brottaschen oder Früchten herum. Die »Insektendelikatesse der Inseln« war offenkundig wenig beliebt.
Kein Wunder, dass es an dem Stand keine Warteschlange gab
, dachte Prynn mit Bedauern.
Aber ich hab solchen Hunger!
Der Verkäufer dieses Ungetüms hatte ihr ein längliches Werkzeug mit kleinem, dreizackigem Kopf gegeben. Prynn studierte erst das Werkzeug – in Gedanken hatte sie es Babymistgabel getauft –,
Weitere Kostenlose Bücher