ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
zerknautschten Kissen ein wenig lächerlich vor. Sie folgte Thia zu einer der abgeschirmten Ecken und fand dort zu ihrer Erleichterung ihre Tasche vor. »Das mag jetzt seltsam klingen«, fragte sie, »aber was ist mit Besitztümern? Mit privatem Eigentum?«
»Jede Familieneinheit verfügt über Räumlichkeiten innerhalb des Klansitzes. In diesen können Privatangelegenheiten geklärt, Besitztümer gelagert werden.« Thia entrollte Prynns Bündel, glättete die Matte und breitete die Decke aus. »Das Streben nach Privateigentum entspricht eigentlich nicht dem andorianischen Lebensgefühl.«
Prynn ließ sich das kurz durch den Kopf gehen. »Sie ziehen das hier alle gemeinsam durch, nicht?«
»So sollte es sein«, antwortete Thia und klopfte mit der Handfläche auf die Bettstatt. »Sie ist jetzt bereit für Sie. Und halten Sie uns bitte nicht für gar zu rückständig: In den Stoff wurden Temperaturregler eingewebt. Sie werden nicht frieren.«
Prynn lachte. »Bin ich so leicht zu deuten?«
»Ihre Haut weist zahlreiche Kleinsterhebungen auf«, antwortete Thia und deutete auf die Gänsehaut auf Prynns Armen. »Und Sie sind ziemlich blau im Gesicht für eine Spezies, die das eigentlich nicht ist.«
»Schätze, ich bin inzwischen an die Kälte gewöhnt«, sagte Prynn. »Ich hab gar nicht gemerkt, dass ich zum Eiszapfen werde. Sagen Sie, wo findet man hier das …«
»Gleich um die Ecke«, verstand Thia sofort und deutete zur nächstgelegenen Tür. »Halten Sie sich links und gehen Sie durch den schwarzen steinernen Torbogen.« Sie zögerte. »Sind Sie dann also versorgt?«
Prynn nickte. »Ich leg mich gleich hin. Wir hatten einen langen Tag. Wo schlafen Sie?«
»Ganz in der Nähe. Ich lege mich nach dem Tanz zur Ruhe. Meine
sh’za
kümmert sich heute Abend um die Kinder.«
»Sehe ich Sie morgen?« Thia gehörte zu dem halben Dutzend Personen, die Prynn hier überhaupt kannte. Sie wollte den Kontakt zu der
Zhavey
halten – und sei es nur, damit jemand da war, der ihr die kulturellen Grenzen aufzeigte.
»Wenn Sie es wünschen, Prynn Tenmei.« Thia neigte höflich den Kopf.
Prynn machte sich bettfertig, schälte sich aus der
Ceara
und kroch schnellstens unter die Decke. Es gelang ihr tatsächlich, die Sorgen um Shar kurz aus ihrem Gedächtnis zu verbannen und sich ihrem Roman – einem albernen Gruselwerk über die frühen Tage des Terraforming auf dem Mars – zu widmen. Und nicht zu erfrieren.
Shar strich mit der Hand über den Stamm eines blühenden
Elta-
Baumes. Das Arboretum mit seinem Überfluss an Pflanzen und seiner Wärme erinnerte ihn mehr als jeder andere Raum des Klansitzes an seine Heimat, den südlichen Kontinent. Schon während seiner Jugend war Shar stets ins Arboretum geflohen, wann immer ihn beim Besuch Cheen-Thitars das Heimweh überkam.
»Ich erinnere mich noch, wie wir mit Thriss herkamen«, sagte er nun. »Hast du den Ort deshalb ausgewählt, Anichent?«
»Teilweise. Wir verlebten hier frohe Stunden. Ich wollte an sie anknüpfen und hoffe, die Freuden der Vergangenheit lindern unseren Schmerz.«
Shar nickte zustimmend, bewunderte Anichents Weitsicht. Dieser Raum war ein Hort der Teiche und Blumen, ein friedlicher Ort. Shar wollte schon von seinen Erinnerungen an jene glückliche Zeit beginnen, als Dizhei ihm zuvorkam.
»Wir haben mit vielen
zhen
und
chan
gesprochen, Thirishar.«
Er schluckte. Der altvertraute Schmerz breitete sich wieder in ihm aus. »Ich hoffe, ihr habt passende Vertreter gefunden.«
Dizhei seufzte und senkte die Schultern, als trüge sie eine qualvolle Last. »Ehrlich gesagt, nein. Die Kandidaten erwiesen sich allesamt als …«
»Sie sind nicht du, Shar«, sagte Anichent und trat neben ihn.
Bevor Shar reagieren konnte, beugte Anichent sich vor, bis sich ihre Antennen berührten. Leise Koseworte drangen auf Shar ein, linderten sein Leid. Worte, die Shar in diesem Leben nie wieder zu hören gehofft hatte. Er ließ Anichent gewähren, und ihm war, als gäben die Pein und die Freude ihm neues Leben. Die vertraute Nähe seines
th’ses
traf ihn hart, und er stolperte wie unter Hieben. Nach Halt suchend, ergriff er Anichents Schulter, zog ihn zu sich, und Anichent schloss ihn in seine Arme.
»Und sie sind nicht Thriss.« Dizhei trat hinter Shar, schob sein Gewand bis über die Hüfte hoch und streichelte seinen Rücken mit überwältigender Zärtlichkeit. So standen sie da, berührten einander, flüsterten Worte, die viel zu lange unausgesprochen geblieben waren. Wie
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