ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
Geschnatter, das zu schnell war, als dass Prynns Universalübersetzer ihm hätte folgen können. Das Dutzend Zocker, das in einem Kreis auf dem Pflaster saß, richtete seine Blicke und ausgestreckten Zeigefinger jedenfalls auf das pelzige Tier, das ihnen gerade entwischte. Sein Verlust, vermutete Prynn, stellte für sie einen Rückschlag dar. Ob sie es stoppen, gar zertreten sollte? Sie wünschte, sie wäre mit den Regeln vertraut. Dann wüsste sie, wo sie stehen musste, wenn das nächste Mal die Messer gezückt wurden.
Einen, dem zischenden Klang nach, Fluch auf den Lippen, erhob sich der Besitzer des Messers zwischen ihren Zehen. Es handelte sich um einen vertrocknet aussehenden, faltigen Andorianer. Er zog die Klinge aus ihrer Sandale und verstaute sie irgendwo in seiner Jacke.
Das betrachte ich dann mal als Verbesserung
, dachte Prynn und brachte etwas mehr Abstand zwischen sich und die Spieler. Sie sah sich nach Shar um, konnte diesen aber nirgends in der Nähe ausmachen, und entschloss daher, einfach stehen zu bleiben.
Der Mann griff nun nach einer Handvoll hell bemalter Stäbchen – sie erinnerten Prynn an die in Cocktailgläsern – und reichte sie dem kräftigen Kerl neben sich. Dieser schüttelte sie wie Würfel und warf sie zu Boden, wo sie klackend aufkamen.
Die Spieler und ihre Zuschauer jubelten.
Ach, was soll’s
, beschloss Prynn.
Ich stecke ohnehin halb im Schlafentzugsdelirium
. Die pfiff auf den Fingern und schloss sich dem Jubel an.
Der mit dem Messer verzog eine Lippe, steckte sich zwei Finger in den Mund und riss sich einen silbernen Zahn aus, den er dann dem Kräftigen übergab. Dieser steckte seinen Gewinn sofort in die Tasche. Der Verlierer spuckte Blut. Es landete hinter ihm auf den Pflastersteinen – genau dort, wo Prynns Fuß gewesen war. Gedanklich ergänzte sie die Liste der Dinge, die sie den Rest dieser Reise über beachten musste, um »Pass auf, wo du hintrittst«.
Ein weiteres Mitglied des Kreises – das die faltigsten Hände besaß, die Prynn je gesehen hatte – zog eine kleine Metallkiste aus einer Tasche seines Kapuzenmantels. Er schob ihren Deckel auf und entnahm ihr ein pelziges Tier, nahezu identisch mit dem eben entkommenen, das er in den Kreis fallen ließ. Dort eilte die Kreatur sofort los, die Stöckchen rauf und runter, und prallte von den Beinen der Spielenden ab wie ein verirrtes Elektron. Der kräftige Andorianer spannte die Muskeln an, zog dann ein Messer aus einer Scheide und streckte den Waffenarm vor. Mit zu Boden gewandter Klinge folgte er dem flinken Nager, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Seine Mitstreiter feuerten ihn an, drängten ihn zur Tat. Das pelzige Tier rannte durch den Kreis, suchte panisch nach einem Ausweg, bis … Ein silberner Blitz, ein Todesquietschen und ein Spritzer Blut. Der Gewinner hob das aufgespießte Wesen am Messer in die Höhe, strahlte, und die anderen Spieler sowie das Publikum jubelten zustimmend.
Ich wette, der darf seine Zähne behalten
, dachte Prynn – und wirbelte herum, als ihr plötzlich jemand auf die Schulter tippte. Shar hielt einen zerbeulten Kelch in Händen, den sie dankbar entgegennahm. Jeder Schluck des dickflüssigen Safts war Balsam für ihren strapazierten Hals. Nun noch ein wenig Schlaf, und sie wäre selig. Das sagte sie auch zu Shar.
»Hast du nicht gesagt, du wolltest tanzen?« Er nickte in Richtung der Tänzer. »Warum nicht hier? Ich komme dich holen, sobald ich ein ruhigeres Plätzchen für dich gefunden habe.«
»Ich schätze … okay.« Sie lächelte schwach und versuchte sich und ihm einzureden, die Situation gefalle ihr.
Vertrau Shar
. An diesen Gedanken klammerte sie sich. »Wenn ich ausgetrunken habe, sehe ich mich nach einem Tanzlehrer um. Tu, was du tun musst, Shar. Ich komm schon zurecht.«
Und warum mache ich mir dann Sorgen?
, fragte sie sich, als sie ihm nachblickte. Shar, inzwischen selbst einen Kelch in Händen, gesellte sich zu jemandem, der wohl der Anführer dieser bunt gemischten Gruppe war, und schien sich entspannt zu unterhalten. Doch bevor Prynn groß darüber nachdenken konnte, zog einer der Tänzer sie in den Kreis. Der mitreißende Rhythmus der berauschenden Musik vertrieb ihre Sorgen und ihre Erschöpfung im Nu. Prynn gab sich der Feier hin.
Laut dem Chrono auf dem Schreibtisch war der Morgen nur noch wenige Stunden fern. Phillipa und Thantis hatten Thriss’ letzte Tage genauestens besprochen, Thantis teilte inzwischen sogar Anekdoten aus der Kindheit ihrer
Zhei
.
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