ST - Die Welten von DS9 4: Bayor - Fragmente und Omen
braucht. Ich verstehe Ihre Motive im Fall Sorati, aber Aldos war stets bereit, seine persönlichen Bedürfnisse hinter die Bajors zu stellen.«
»Ja, und das hat uns auch nur unsere Ehe zerstört.«
»Das kann ich nicht beurteilen. Meine Aufgabe besteht darin, Sie zu beraten. Mit Ihnen Wege zu finden, die unserem Volk am besten dienen.« Ledahn weigerte sich merklich, die Unterhaltung abdriften zu lassen. »Sie
wissen
, dass er ihm am besten dienen würde.«
Asarem sagte nichts.
»Premierministerin, fragen Sie ihn wenigstens. Falls es hilft, bleibe ich gern bei Ihnen, wenn Sie ihn kontaktieren.«
Asarem schloss die Augen und sah den Springball wie wild umherspringen. Sie bemühte sich, seinen Kurs vorauszusehen und wusste doch, wie nah sie daran war, die Kontrolle über ihn zu verlieren. Ihn vielleicht sogar
ganz
zu verlieren.
»Nein«, sagte sie und öffnete die Augen wieder. »Danke, Muri, aber das hier muss ich allein stemmen. Und persönlich.«
Kapitel 14
Solis
Als die Wolkendecke über Ashalla brach und die ersten Sonnenstrahlen hindurchließ, war Vedek Solis, als sei sie ein Spiegel seines Gemütszustands. Die Nachmittagssonne schien auf die Kuppeldächer, die Türme und Giebel der Küstenstadt. Letztere unterschied sich arg von Solis’ Heimat Ilvia, einer blühenden, am Fuße eines Berges gelegenen Gemeinde im Landesinneren. Solis war nicht zum ersten Mal in Ashalla, hatte es aber noch nie aus dieser Perspektive betrachtet, vom Meditationsbalkon hoch oben am Kloster Shikina. Solis stand da, die rechte Hand flach gegen eine der viereckigen Säulen gestützt, die den Balkon umgrenzten und sein Dach trugen, und sah, das
Pagh
voller Hoffnung, auf Ashalla hinab, auf das Umland, auf ganz Bajor.
Nach den Unruhen des vergangenen halben Jahrhunderts, davon war Solis Tendren überzeugt, befand sich diese Welt endlich wieder an der Schwelle großer Veränderungen. Wie die Kriege vor dreißigtausend Jahren, die ihr Volk auf einen neuen Kurs gebracht hatten. Wie nach der Entdeckung der ersten Träne, als das Volk sich seiner selbst neu bewusst geworden war. Wie nach den ersten vorsichtigen Schritten ins All, die ihr Verständnis des Universums verändert hatten. Wie nach den Cardassianern, dem Erscheinen des Abgesandten, nach Ohalus Prophezeiungen. Abermals standen Veränderungen an. Um das zu ahnen, musste Solis in keine Träne blicken. Er fühlte es in seinem
Pagh
, in der Steinsäule unter seiner Hand und in der Brise, die vom Meer kam.
Bajor steht niemals still
, dachte er und genoss den Wind in seinem dünner werdenden Haar.
Das Leben bewegt sich, und Bajor bewegt sich mit
.
Diese Überzeugung hatte ihn an diesem Tag ins Kloster geführt. Er wollte sichergehen, dass Bajors Weg auch in Zukunft von der Person erhellt werden würde, die die Propheten stets am deutlichsten verstanden hatte.
Hinter ihm erklang der Schritt weicher Sandalen. Als er sich zu der Frau umwandte, die zu sehen er gekommen war, umrundete Opaka gerade das kleine Becken, das die Mitte des Balkons beherrschte. Gerüchten zufolge handelte es sich bei dem Wasser um ein Hologramm. Es verberge eine lange Wendeltreppe, die in den Hügel unterhalb des Klosters führte, so hieß es. Die Treppe sei während der Besatzung entstanden, um die letzte Träne vor den Cardassianern zu verstecken. Falls das stimmte, taten Besucher dieses Balkons vermutlich gut daran, das Becken zu umgehen.
»Vedek Solis«, grüßte Opaka und nahm seine Hände. »Ich bedaure, Sie warten gelassen zu haben. Ich wurde in Janir aufgehalten, wo man den Oralianischen Tempel errichtet.«
Wie üblich fand Solis ihr Lächeln ansteckend und erwiderte es. »Gehen die Arbeiten gut voran?«
Opaka nickte und ließ ihn los. »Gut genug, dass ab sofort die ersten Messen gefeiert werden können. Deshalb meine Verspätung. Die Leiterin der Oralianer, Klerikerin Ekosha, lud mich ein, der ersten Versammlung cardassianischer Gläubiger auf Bajor beizuwohnen. Dieser Gelegenheit konnte ich mich nicht entziehen. Die Feier war höchst bewegend. Sie ähnelte unserer Verehrung der Propheten, und war doch ganz anders.«
»Denn unsere kommt der Wahrheit näher, vermute ich«, sagte Solis.
Opakas Lächeln wurde breiter – und lag da ein schelmisches Funkeln in ihren Augen? »Aber, Tendren«, sagte sie. »Beide sind gleichermaßen wahr und gleichermaßen unwahr.«
»Denn wenn die Religion einer Welt wahrhaftig ist«, neckte er sie, »müssen die aller Welten wahrhaftig sein?«
»Nein,
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