ST - Die Welten von DS9 5: Ferenginar - Zufriedenheit wird nicht garantiert
schlief. Ro war, als höre sie ein leises Schnarchen aus seiner Richtung.
»Kann ich Sie etwas fragen?«, begann sie nach einem Moment.
»Klar.«
Ro zögerte. »Wie halten Sie es hier aus? Ich find’s hier ja durchaus interessant – gelinde gesagt –, aber ich bin nur auf Besuch. Müsste ich hier leben, würde ich wohl den Verstand verlieren.«
»Es ist nicht einfach«, sagte Leeta und senkte den Blick. »Niemand hier mag mich. Roms Bedienstete sind zwar nett zu mir, aber sie sehen in mir nur die Frau des Großen Nagus. Und das ist auch ganz schön, aber … Ehrlich, ich hab überhaupt keine echten Freunde. Roms Mutter hält nichts von mir, und sonst kann ich mit niemandem reden.« Sie seufzte. »Außerdem habe ich keinerlei Beschäftigung. Ja, ich bin die Gattin des Großen Nagus, aber das ist mit keinerlei beruflicher Aufgabe verbunden. Und da ich keine Ferengi bin, kann ich auch nicht viel mehr tun, als hübsch auszusehen, wenn ich neben Rom posiere.« Sie lächelte. »Welche Ironie.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Ro.
Leeta nahm einen weiteren Schluck Wasser. »Ich weiß nicht, ob Sie das wussten, aber ich bin eine Waise.«
Ro hatte das bereits vermutet. In ihrer Akte war kein Familienname vermerkt.
»Als ich noch ganz jung war, arbeitete ich als Dienstmädchen im Haus eines reichen Cardassianers namens Gallek. Er fand mich nett und steckte mir immer Süßes zu. Bis ich älter wurde und er …« Sie zögerte. »… und er mich attraktiv fand.«
Wut wallte in Ro auf. Sie wusste genau, was mit bajoranischen Frauen passiert war, die von cardassianischen Männern als attraktiv eingestuft worden waren.
Doch Leeta wiegelte schnell ab. »Er hat mir nie etwas getan! Das ist das Seltsame an der Sache – ich hab ständig damit gerechnet. Die Leiterin der Dienstmädchen warnte mich, er könne es versuchen – sie war als Kind von einem anderen Cardassianer vergewaltigt worden und lebte seitdem in ständiger Furcht vor einem zweiten Angriff –, aber Gallek kam mir nie zu nahe. Er behandelte mich gut, war stets freundlich zu mir, und er sagte immer … er sagte immer, dass ich hübsch sei. Aber dabei blieb es.« Ihre Lippen verzogen sich zu einer Mischung aus Schmollen und Lächeln. »Galleks Diener hatten es besser als die meisten anderen bajoranischen Angestellten – hauptsächlich weil ich ihn darum bat. Ja, ich nutzte es aus, dass er mich mochte und mir nichts abschlagen konnte, zumindest meistens nicht. Es brachte nicht viel – besseres Essen, bessere Kleidung, keine Schläge –, aber es machte unser Los erträglicher, uns glücklicher. Na ja, nicht glücklich, aber man nahm, was man kriegen konnte.«
Ro schüttelte den Kopf. Sie war in Flüchtlingslagern aufgewachsen, hatte Bajor aber während der Besatzungszeit verlassen. Sie hatte es nicht ertragen, inmitten eines besiegten Volkes zu leben. »Sie vergoldeten sich Ihren Käfig ein wenig«, kommentierte sie nun bissiger, als sie beabsichtigt hatte.
»Was hätte ich sonst tun sollen? Ich wusste nichts vom Widerstand. Klar gab es Gerüchte, aber die meisten von uns hielten die Widerstandsbewegung für einen Mythos, den die Bajoraner weitererzählten, um die Hoffnung nicht zu verlieren. Ich war eine Waise, die nicht wusste, wo sie hin sollte. Mein einziger Vorteil war, dass der Herr des Hauses mich mochte. Und das nutzte ich aus, um mein Dasein ein wenig angenehmer zu gestalten.« Sie trank den Rest ihres Wassers. »Gallek starb an einem Herzinfarkt, etwa eine Woche vor dem Abzug der Cardassianer. Sie fackelten sein Haus ab, bevor sie gingen, und plötzlich wussten wir nicht mehr, wohin. Also nahm ich das Geld, das ich im Laufe der Jahre gespart hatte, und kam über kurz oder lang auf die Raumstation. Ich wusste ja bereits, wie ich Leute mit meinem Aussehen beeinflussen konnte. Also ging ich zu Quark.« Leeta lächelte. »Der hat mich nie so gut behandelt wie Gallek, aber er zahlte besser. Und ich war frei, das war das Wichtigste.«
Abermals schüttelte Ro den Kopf. Leeta war anders, als sie erwartet hatte. »Darf ich Sie noch etwas fragen?«
»Sicher.«
»Sie sind frei, wie Sie sagten. Sie sind nicht länger Galleks Dienerin. Im Grunde
sind
Sie Gallek.«
»Ich weiß. Deswegen finde ich’s so ironisch.«
»Und warum bleiben Sie dann hier, obwohl es Ihnen missfällt?«
»Ich hab nie gesagt, es würde mir nicht gefallen.« Sie schaute zu Rom, dessen Schnarchen ein wenig lauter geworden war, und strahlte plötzlich. Die Blässe, die Hautflecken,
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