St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
jetzt ins Haus zurück und bring all die Spinnweben wieder an.«
Damit ließ sie ihn stehen und rauschte davon. Gekränktheit und verletzter Stolz beschleunigten ihre Schritte. »Madeline, wartet!«
Aber sie blieb nicht stehen, und er eilte ihr hinterher. Mit wenigen seiner großen Schritte hatte Anatole sie eingeholt und hielt sie am Arm fest.
Seine Kiefer mahlten, bis er schließlich hervorbringen konnte: »Es ... es tut mir Leid.«
Keine sehr wortgewandte Entschuldigung, aber sicherlich eine ehrliche. Madeline nickte, entspannte sich jedoch nur ein wenig.
»Weißt du, du ... hast ständig neue Überraschungen für mich parat. Schon von Anfang an. Ich bin daran nicht gewöhnt.«
»Ich auch nicht.«
Seine Rechte glitt an ihrem Arm entlang und nahm ihre Hand. In diesem Moment erkannte sie in seinen Zügen etwas von der Sanftheit und Freundlichkeit von letzter Nacht wieder.
Die junge Frau hielt den Atem an, da sie damit rechnete, dass er sie jetzt richtig, nämlich herzlich, begrüßen würde. Und tatsächlich schien der Wunsch dazu in seinen Augen aufzuflackern. Doch als sie auf ihn zu trat, erlosch die kleine Flamme wieder. Anatole senkte den Blick, ließ ihre Hand los und verwirrte sie damit noch mehr.
»Und warum seid Ihr ganz allein hierher gekommen?« Eben noch darauf gefasst, geküsst zu werden, spitzte sie immer noch die Lippen, ehe sie begriff, was er gefragt hatte. Madeline rang die Enttäuschung nieder. »Der Garten ist so schön. Etwas Magisches scheint von ihm auszugehen.« Sie hielt ihm den Strauß hin, damit er selbst dessen Schönheit bewundern konnte. Aber Anatole betrachtete die Blumen abfällig wie Unkraut.
Die junge Frau kam sich wie eine komplette Idiotin vor und ließ das Bündchen sinken. »Ich habe noch nie Blumen gesehen, die bereits so früh im Jahr blühen.«
»Ihr hättet nicht hier heraus kommen dürfen. Das ist viel zu gefährlich.«
»Was? Blumen zu pflücken?«
»Nein, in diesem Garten herumzulaufen. Der Pfad führt beständig bergab und endet schließlich direkt an den Klippen. Ich will nicht, dass ihr noch einmal allein hierher kommt.«
»Einverstanden«, erklärte sie sich nach einigem Zögern bereit. Einerseits gefiel ihr seine Sorge, aber auf der anderen Seite hätte sie ihm zu gern erklärt, dass sie kein kleines Kind mehr sei.
Doch sein strenger Blick ließ Madeline schweigen. Er lief ein paar Schritte, lehnte sich an einen Baum und starrte brütend auf den angeblich so gefährlichen Weg. Der jungen Frau fiel zum ersten Mal auf, wie müde er wirkte. Sie hatte ihn für einen stahlharten Mann gehalten, der im Sattel geboren war, um mühelos Stunde um Stunde auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen. Was, um alles in der Welt, hatte ihm so zusetzen können?
Als Madeline ihn fragte, was ihm denn so sehr auf der Seele laste, antwortete er ausweichend: »Ich hatte einige Grundstücksangelegenheiten zu regeln. Nichts Wichtiges.« Doch dabei wirkte er so beunruhigt, dass sie ihm am liebsten die Strähnen aus dem Gesicht gestrichen und ihm gesagt hätte, dass alles schon wieder gut werden würde. Aber sie hatte ja nicht die geringste Ahnung, worum es eigentlich ging.
Traurigkeit und Frustration erfüllten sie. Nach den Intimitäten, die sie vergangene Nacht geteilt hatten, war sie davon ausgegangen, dass mehr Offenheit zwischen ihnen herrschen würde.
Doch jetzt stand er wieder so unnahbar wie zu Anfang vor ihr. Er blieb ein Fremder, und sie würde seine Gedanken wohl nie erraten können.
Unvermittelt erklärte der Burgherr: »Was diese Dorffrauen angeht, so mögt Ihr sie behalten und mit ihnen im Haus anstellen, was immer Ihr wollt. Solange Ihr nur mein Arbeitszimmer in Ruhe lasst.«
»Wie Ihr wünscht, Mylord«, entgegnete sie und verbarg ihre Enttäuschung darüber, immer noch von ihm ausgeschlossen zu werden. »Sorgt Euch nicht, ich habe wahrlich noch genug anderes im Haus zu tun. All die Zimmer, und dann erst die Burg, der alte Teil des Anwesens -«
»Nein!«, widersprach er mit einer Vehemenz, die sie zutiefst verstörte. »Ihr begebt Euch nicht einmal in die Nähe des alten Teils.«
»Aber warum denn nicht? Historische Stätten haben mich immer schon interessiert, und ich habe mich darauf gefreut -«
»Nein. Ich verbiete es Euch!«
Madeline erstarrte. Sie versuchte ja, Geduld und Verständnis aufzubringen, aber er machte es ihr verdammt schwer. »Hört, Mylord, zuerst befehlt Ihr mir, mich aus der Bibliothek fern zu halten. Als Nächstes wird mir der Garten
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