St. Leger 03 - Die Nacht der Feuerfrau
Hochzeit.
Im Garten stützte Val sich auf den Stock, den Jem ihm gedrechselt hatte, und dachte an all die Menschen, denen er im vergangenen Jahr wehgetan hatte. Eigentlich müsste er sich bei allen entschuldigen. Am meisten aber bei Kate.
Effie war heute Morgen auf Castle Leger erschienen und hatte alles gebeichtet. Kate war also seine auserwählte Braut. Das überraschte ihn nicht übermäßig, denn tief in seinem Herzen hatte er so etwas immer schon geahnt. Aber wo blieb seine Braut? Seit seiner Errettung hatte er sie nur selten zu Gesicht bekommen. Das arme Mädchen sei viel zu erschöpft, erfuhr er von ihrer Mutter. Val machte sich auf den Weg zu den Stallungen und traf dort seinen Bruder an.
»Was muss ich sehen, du fliehst vor den Damen? Das ist aber nicht sehr ritterlich von dir.« »Ach, sie bringen mich noch um mit ihrem Tee und ihrer ewigen Besorgnis«, seufzte der Arzt. »Selbst Mutter hat in dieser Hinsicht jegliche Zurückhaltung abgelegt.« Lance grinste. »Es freut mich sehr, dich wieder so wohlauf und munter zu sehen. Und unseren dummen Streit von neulich habe ich längst vergessen. Wir sind Brüder, auch wenn einer von uns glaubt, immer perfekt sein zu müssen.«
»Ja, wenn ich eines aus dem vergangenen Monat gelernt habe, dann das. Deswegen darfst du jetzt auch noch einmal St. Valentine zu mir sagen. Aber nur ein einziges Mal.«
»Lieber nicht, denn dann gibt ein Wort das andere und wir enden damit, uns auf dem Boden zu wälzen.« Er lächelte schief. »Außerdem möchte ich dir am Vorabend deiner Hochzeit kein blaues Auge verpassen.« »Kannst es ja mal versuchen.« Doch dann fügte Val ernst zu. »Du wirst mir doch morgen beistehen, oder?« »Herrje, natürlich! Aber wo wir gerade von Hochzeiten reden, wo steckt denn eigentlich deine Braut?« »Im Rosenstrauch-Cottage. Ich wollte gerade dorthin.« »Fein, aber vorher sollten wir noch eine Angelegenheit bereden. Es geht um Rafe ... Als ich auf die Burg zurückkehrte, musste ich entdecken, dass Jem und die Stallknechte ihn ins Verlies gesperrt hatten. Nun, ich habe Mortmain freigelassen. Schließlich hat er dich gerettet, er ist Kates Vater, und ...«
Val hob beide Hände, um den Redefluss seines Bruders zu stoppen: »Schon gut, du hast das Richtige getan. Ich bin froh darüber.«
»Na, das trifft sich aber günstig. Rafe steht im Stall. Er könnte schon längst fort sein, will aber unbedingt vorher mit dir sprechen.«
Der Arzt nickte. »Einverstanden, aber ich möchte allein mit ihm reden.«
Als Val in den Stall gehumpelt kam, hielt Rafe damit inne, den Sattelgurt festzuzurren. Die beiden sahen sich lange an; obwohl sie einst die erbittertsten Feinde gewesen waren, wussten sie nun mehr von ihrem Leben als von jedem anderen.
Rafe ergriff als Erster das Wort: »Ich freue mich, Euch wieder bei Kräften zu sehen, St. Leger. Euer Bruder Lance hat mich freigelassen. Aber mehr als ihm habe ich Euch geschadet, und deswegen soll es letztlich Eure Entscheidung sein, ob ich meiner Wege ziehen darf.« »Ihr seid Euer eigener Herr«, entgegnete Val. »Aber zuvor müsst Ihr mir eine Frage beantworten. Ich habe einen Monat mit Euren Albträumen und inneren Qualen gelebt. Sie hätten mich beinahe in den Wahnsinn getrieben. Ich weiß nicht, ob ich den Mut aufgebracht hätte, so etwas wieder auf mich zu nehmen. Warum habt Ihr das getan?«
»Ihr scheint zu vergessen, dass ich in dieser Zeit mit Eurem Charakter lebte und mich zum Beschützer der Witwen und Waisen entwickeln konnte. Aber« - er wurde ernst - »ich habe in Falmouth eine Frau und einen Jungen zurückgelassen, Corrine und Charley Brewer. Ich habe sicher kein Recht, von den St. Legers einen Gefallen zu erbitten, aber könntet Ihr Euch um sie kümmern, damit sie nicht an den Bettelstab geraten?« »Gern. Aber warum kümmert Ihr Euch nicht um die beiden?«
»Ich bin doch in den alten bösen Mortmain zurückverwandelt und damit kein Beschützer der Witwen und Waisen mehr.«
Rafe wollte los, aber Val hielt ihn zurück: »Hört, das Böse in mir kam nicht allein von Euch, sondern auch aus meinen dunklen Abgründen. Ich habe Euch falsch eingeschätzt und hätte Euch eine Chance geben sollen. Dass ich es nicht getan habe, tut mir sehr Leid.« Mortmain lachte humorlos. »Also meint Ihr, selbst unter meiner Schale stecke ein guter Kern.« »Zum Teil. Und Ihr seid der Vater meiner Braut, und ich liebe Kate über alles.«
»Dass einmal ein St. Leger und eine Mortmain gemeinsam vor den Traualtar treten
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