ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
getan,
In eine Statue, stumm und still,
Verbann ich mein Bedauern heut.
Das Bedauern ist tot, die Liebe mehr,
Als sie’s in vergangnen Sommern war,
Denn gleich wie sie so wuchs auch ich
Zu etwas Größerem heran;
Es lässt die Lieder, die ich schrieb,
Wie Echos ärmrer Zeiten scheinen,
Wie unbedarfte, müß’ge Reime,
Die Licht und Schatten frei geformt.
– Alfred, Lord Tennyson,
In Memoriam A.H.H
.,
»O wahr und bewährt«
DREIUNDFÜNFZIG
2293
Als sie sich dem Grundstück näherten, das sich zwischen zweieinhalb Meter hohen Maisstängeln befand, starrte Spock das Bauernhaus an und wusste nicht, was er denken sollte. Das einstöckige Gebäude stand etwa fünfundzwanzig Meter entfernt und wurde durch einen grünen Grasstreifen von der Lehmstraße abgetrennt. Ein Paar sehr großer Bäume erhob sich vor dem Haus, und als ein Windstoß ihre fünffingrigen Blätter bewegte, flackerte orangerotes Licht hindurch. Es stammte von der untergehenden Sonne, deren Strahlen sich in den Solarplatten auf dem Dach spiegelten.
Warum bin ich hier?
, fragte sich Spock. Selbst wenn er nicht wusste, was er momentan denken sollte, konnte er doch wenigstens diese Frage beantworten: weil Dr. McCoy mich gebeten hat, herzukommen. Nach der Gedenkfeier für Captain Kirk, die an diesem Morgen auf dem Campus der Sternenflottenakademie abgehalten worden war, hatten sich der Arzt sowie der Rest der Kommandobesatzung in Jims ehemaliger Wohnung versammelt. McCoy war als Nachlassverwalter eingesetzt worden und überreichte den Anwesenden besondere Geschenke, die Jim jedem von ihnen hinterlassen hatte. Spock hatte drei jahrhundertealte gebundene Bücher erhalten:
Über Leben und Lehren berühmter Philosophen, Buch VII
von Diogenes Laertios, in dem ein Kapitel über Zenon enthalten war, der gemeinhin als Begründer des Stoizismus auf der Erde angesehen wurde; Aristoteles’
Organon
, eine Sammlung seiner sechs Abhandlungen über die Logik; und eine Gedichtsammlung.
Während der vielen Jahre ihrer Freundschaft hatte auch Spock dem Captain zu diversen Anlässen Bücher geschenkt, und war daraufhin oft von ihm gefragt worden, ob Spock mit seiner Auswahl der Werke eine bestimmte Botschaft vermitteln wollte. In diesem Fall glaubte er, die Bedeutung der ihm vererbten Bücher zu verstehen: Zenon und die Texte über die Logik sprachen Spocks stoische vulkanische Natur an, die Poesie seine emotionale menschliche Seite. Zusammengenommen schienen die Bücher Jims Wertschätzung für beide Aspekte der Persönlichkeit seines Freundes auszudrücken. Zusätzlich betonten sie die Akzeptanz, die Spock mit der Zeit für seinen zwiegespaltenen Charakter entwickelt hatte – auch wenn er diese momentan nicht mehr verspürte.
Spock und McCoy blieben vor dem Grundstück stehen und betrachteten schweigend das Land sowie das Haus, das darauf stand. Der Arzt hatte Spock ihr Ziel nicht sofort verraten, als er ihn gebeten hatte, ihn zu begleiten. Während die ehemaligen Mannschaftskollegen der
Enterprise
den Nachmittag in Jims Wohnung verbracht und sich Geschichten über ihren gefallenen Kameraden erzählt hatten, war Spock die meiste Zeit sehr schweigsam gewesen. Später hatte McCoy deshalb vorgeschlagen, dass sie beide einen Spaziergang machen sollten. Als Spock klar wurde, dass den Arzt etwas beschäftigte – vielleicht sogar etwas anderes als Jims Tod –, hatte er schließlich nachgegeben.
Doch zu seiner Überraschung waren sie nicht einfach in der Umgebung von Russian Hill spazieren gegangen. Stattdessen hatte McCoy ihn zu einer nahe liegenden Transporterstation geführt, von wo aus sie nach Riverside in Iowa gebeamt waren. Spock war noch nie dort gewesen, wusste aber, dass es sich dabei um Jims Geburtsort handelte. Der Arzt hatte ihnen eine Flugkapsel besorgt und diese darauf programmiert, sie hierher zu bringen. Sie waren in der Nähe eines Bauernhofs gelandet und über die Straße darauf zugelaufen. Auf dem Weg hatte McCoy erklärt, dass Jim in diesem Haus aufgewachsen war. Er hatte über ihren verstorbenen Freund gesprochen und mithilfe ihrer gemeinsamen Erlebnisse einige Erinnerungen an damals wachgerufen. Er sprach respektlos über manche Ereignisse, zum Beispiel darüber, wie der Hauptcomputer der
Enterprise
der Besatzung aufgrund einer Fehlfunktion ständig Streiche gespielt hatte. Dagegen ernsthaft über andere, wie das Militärgerichtsverfahren des Captains, in dem er sich dafür verantworten musste, dass seine Nachlässigkeit zum Tod eines
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