ST - TOS 104: Der Friedensstifter
mehr Honig um den Bart zu schmieren.
Also schluckte Kirk seine Entrüstung hinunter, und ohne auf Mudd einzugehen, sagte er zum Großen General: »Dr. McCoy wollte niemanden beleidigen. Es ist seine Aufgabe, Leben zu retten, ohne Ansehen der Person oder der Umstände.«
Doch der Große General ließ sich dadurch nicht beschwichtigen. »Das mag dort, wo Sie leben, in Ordnung sein, aber hier im Nevis-System sterben wir ehrenvoll.«
McCoy öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Kirk brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Sie hatten hier schon genügend Schwierigkeiten verursacht. »Auch wir sterben ehrenvoll«, sagte Kirk, »wenn unsere Zeit gekommen ist. Offensichtlich sind wir hinsichtlich des Zeitpunkts unterschiedlicher Auffassung, aber wem nur ein einziges Leben gegeben ist, der sollte es nicht leichtsinnig wegwerfen.«
»Vielleicht wären Sie nicht so wählerisch, wenn Sie sich auf Arnhall freuen könnten«, sagte der Große General.
Diese Bemerkung hatte offensichtlich einen religiösen Hintergrund. Wenn es eine Sache gab, die er während seiner Zeit bei der Sternenflotte gelernt hatte, dann war es die Empfehlung, sich niemals auf eine religiöse Diskussion mit einem fremden Wesen einzulassen. »Schon möglich«, sagte er deshalb. »Auf jeden Fall hatten wir nicht die Absicht, Ihnen die Partylaune zu verderben. Bitte nehmen Sie unsere aufrichtige …«
»Vorsicht, Kirk!«, wurde er von Mudd unterbrochen. »Falls Sie eine Entschuldigung anbieten wollten, sollten Sie noch einige Dinge über die hiesigen Gebräuche erfahren.« Er steckte die Daumen in seinen breiten schwarzen Gürtel und reckte seinen Bauch noch weiter vor als sonst. »Eine Entschuldigung ist hier das Eingeständnis einer Missetat, die sofortige Bestrafung verlangt.« Er machte eine dramatische Pause, bevor er weitersprach. »Und darauf steht natürlich in jedem Fall die Todesstrafe. Also überlegen Sie es sich noch einmal, Captain. Möchten Sie sich immer noch entschuldigen?«
Mudd beliebte offenbar zu scherzen. Eine Gesellschaft, in der sich niemand entschuldigen durfte? Dann konnte jedes geringfügige Missgeschick zu einem Kampf führen – und jeder Kampf zu einer Fehde. Ein totaler Krieg konnte wegen einer Nichtigkeit wie … dem Streit um die Stücke einer
Palko
ausbrechen. Und ein solcher Krieg konnte zwölftausend Jahre andauern.
Ein solcher Punkt wäre doch sicherlich in den Berichten der Erstkontaktgruppe vermerkt worden, oder? In großen, fetten Buchstaben: Entschuldigen Sie sich niemals bei einem Nevisianer! Aber dieser Punkt wurde nirgendwo erwähnt. Kirk konnte sich jedoch ein halbes Dutzend Gründe vorstellen, warum dem so war – von unzureichenden Forschungsmöglichkeiten bis hin zum Mangel an Überlebenden, die diese Erfahrung weitergeben konnten.
»Nein«, sagte er leise. »Unter diesen Umständen wäre eine Entschuldigung wohl unangemessen.«
Mudd nickte. »Ich wusste, dass Sie zu diesem Schluss gelangen würden. Sie sind mir etwas schuldig, Kirk.«
Obwohl Kirk sich sträubte, es einzugestehen, hatte Mudd vermutlich recht. Dieser jedoch machte keine Anstalten, eine Gegenleistung für den Gefallen einzufordern. Stattdessen wandte er sich an den Großen General. »Ich denke, wir sollten sie nun zu ihrem eigenen Wohl auf ihr Schiff zurückschicken, bevor sie weitere Probleme verursachen können.«
»Dem muss ich beipflichten«, sagte der Große General, der sich offenbar immer noch beleidigt fühlte. »Captain«, fuhr er fort, »bitte entfernen Sie sich jetzt gemeinsam mit Ihren Begleitern. Wenn Sie und Harcourt Ihr Gespräch fortsetzen möchten, können Sie es jederzeit an Bord Ihres Schiffes tun.«
Kirk musste laut über diese Vorstellung lachen. »Nein, danke«, sagte er. »Wenn ich
Harry
noch etwas zu sagen hätte, würde ich ihm einen Brief schicken. Am besten per Rauchsignal.« Er drehte sich zu seinen Leuten um. »Wir gehen. Die Party ist vorbei.«
Ensign Lebrun wusste in dem Augenblick, als ihr neuer Ehemann nach dem Ende seiner Schicht ihr gemeinsames Quartier betrat, dass etwas nicht stimmte. Sie war ihm nach ihrem Tag in der Sicherheitsabteilung nur wenige Minuten zuvorgekommen und hatte in gedämpfter Beleuchtung auf ihn gewartet.
»Was ist los, Liebster?«, fragte sie, während sie sich vom Sessel neben dem Sichtfenster erhob, von dem aus sie den sich langsam drehenden Planeten unter ihnen betrachtet hatte. Sie streckte die Arme aus, um ihn willkommen zu heißen. Es war immer noch neu für
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