ST - TOS 104: Der Friedensstifter
funkelte Spock finster an. Zuerst besaß der Kerl die Frechheit, einfach hier hereinzuspazieren und ihm völlig sachlich zu verkünden, dass Jim tot war, und jetzt das!
»Es soll genau das heißen«, sagte Spock, der genauso steif und pokergesichtig wie immer dastand. »Sie scheinen durch das Disruptorfeuer aufgelöst worden zu sein. Mit Ausnahme von Mr. Scott, der durch eine Phaserüberladung atomisiert wurde, während er versuchte, die Energiebarriere auszuschalten, die uns davon abhielt, sie in Sicherheit zu beamen.«
Der emotionslose Tonfall, in dem er diese Tatsachen mitteilte, war mehr, als McCoy auszuhalten bereit war. »Verdammt noch mal, Spock!«, sagte er. »Macht es Ihnen denn überhaupt nichts aus? Lässt sich Ihre vulkanische Gelassenheit durch gar nichts erschüttern? Wir haben vier unserer besten Offiziere verloren, einschließlich des besten Freundes, den wir beide jemals hatten, und Sie stehen da und reden darüber, als hätten wir irgendeine Simulation verpatzt!«
Spocks Gesicht wurde einen Hauch grüner als gewöhnlich, aber das war die einzige sichtbare Reaktion auf McCoys Worte. Doch als er sprach, war seine Stimme weicher, als der Arzt sie kannte, und seine Worte waren für McCoy zutiefst erschütternd.
»Es ist ein Mythos, dass ein Vulkanier keinerlei Gefühle hat, Doktor. Auch wenn ich nicht zur Hälfte menschlich wäre, würde ich einen tiefen und mächtigen Zorn in mir verspüren. Einen Zorn, der mich, wenn ich ihm freien Lauf ließe, dazu treiben würde, nach den Mördern des Captains zu suchen und sie aus diesem Universum zu entfernen. Doch nicht nur die Mörder, sondern auch ihre Nachkommen und all ihre Verwandten, bis ich ihren genetischen Code vollständig ausgelöscht hätte. Ohne die eiserne Selbstdisziplin, die wir Vulkanier entwickelt haben, um diese Art von Zorn im Zaum zu halten, würde ich mich ohne Mühe in ein rachsüchtiges Ungeheuer verwandeln, das fähig wäre, beide Planeten in diesem Sonnensystem zu sterilisieren, um den Tod des Captains – meines
Freundes
– zu sühnen. Wäre Ihnen das lieber als meine … unmenschliche Ruhe?«
McCoy erschauderte unwillkürlich. »Nein«, sagte er leise. »Nein, damit wäre niemandem geholfen.«
»Das sehe ich genauso. Bedauerlicherweise gibt es für Vulkanier unter solchen Umständen keinen emotionalen Mittelweg. Entweder wir akzeptieren, was geschehen ist, und setzen unser Leben fort, oder wir lassen zu, dass wir völlig von unseren Gefühlen überwältigt werden. Die Geschichte hat erwiesen, dass die zweite Möglichkeit nicht wünschenswert ist.«
McCoy nickte und billigte widerstrebend Spocks Standpunkt. »Gut, das kann ich verstehen, aber als Arzt muss ich sagen, dass so etwas ungesund ist. Zumindest Ihre menschliche Hälfte muss mehrere Phasen durchlaufen, bis Sie verinnerlichen können, was sich in Ihrem Leben verändert hat.«
»Und was für Phasen sind das?«, fragte Spock.
»Schock, Leugnung der Realität, Wut, Hadern, Depression. Und schließlich die Anerkennung der Tatsachen, aber erst, nachdem Sie alles andere durchgemacht haben.«
»Ich verstehe«, sagte Spock und setzte sich auf eins der Biobetten. »Da ich diese Dinge nicht zulassen kann, insbesondere jetzt, wo ich Captain der
Enterprise
geworden bin – mit welchen Auswirkungen muss ich rechnen?«
Er meinte es ernst. Er hatte wirklich nicht die Absicht, den Trauerprozess auf normale Weise geschehen zu lassen. Viele Menschen wollten es nicht wahrhaben, aber irgendwie machte jeder in dieser Situation dasselbe durch. Spock dagegen würde es vermutlich gelingen, alles zu unterdrücken, aber wie er richtig erkannt hatte, würde er einen Preis dafür zahlen müssen. »In körperlicher Hinsicht dürfte Ihre Kondition nachlassen«, erklärte McCoy. »Ihr Immunsystem wird darunter leiden, sodass Sie sich jede Erkältung oder Grippe einfangen, die gerade in der Luft liegt. Und Sie werden unter Schlafstörungen leiden, was sich wiederum negativ auf Ihre Kondition und Ihr Immunsystem auswirkt.«
»Und in mentaler Hinsicht?«, fragte Spock.
»Ihr Urteilsvermögen wird beeinträchtigt. Ein Mensch würde gereizt reagieren. Während der Leugnungsphase könnten Sie sich zu Selbsttäuschungen hinreißen lassen. Sie werden vermutlich …« Plötzlich wurde ihm bewusst, welchen Unsinn er von sich gab. »Verdammt, Spock, das ist einfach lächerlich. Sie müssen Ihre Trauer zulassen, sonst werden Sie demnächst nicht mehr diensttauglich sein.«
»Ich verstehe.« Spock stand auf
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