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Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten

Titel: Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Schwalbe
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übertrieben und an den Haaren herbeigezogen?
    Ich nahm meinen Rucksack und Thorstens Autoschlüssel. Dann verließ ich das Haus und fuhr mit dem Auto zum Flughafen. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich wollte meine Eltern in ihrem Winterdomizil besuchen. Ich fand, sie hatten sich lange genug aus dem Staub gemacht, erst meine Schwester und ihre Enkelkinder und jetzt mich im Stich gelassen. Ich beschloss, ein ernstes Wörtchen mit ihnen zu reden. Immerhin waren sie unsere Eltern. Sie hatten eine gewisse Fürsorgepflicht. Und ich wollte mich, verdammt noch mal, wie ein kleiner Schuljunge bei ihnen ausheulen.
    Zu meinem Glück flog die letzte Maschine nach Madeira in einer halben Stunde und hatte noch exakt fünf Sitze frei, so dass ich mir ein Ticket kaufte und die Maschine bestieg. Nervös rutschte ich auf meinem Sitz herum. Ich mochte weder fliegen, noch Boot fahren - und schon gar nicht allein, während sich mein Mann mit einer Frau vergnügte. Irgendwie fühlte ich mich mit diesem Transportmittel dem Tode geweiht.
    Nachdem wir gestartet waren und das Flugpersonal die Sicherheitsvorkehrungen erklärt hatte, startete ein Kinofilm auf dem Minibildschirm vor mir. Ich kaufte mir ein paar Kopfhörer und versuchte, der Handlung zu folgen. Aber irgendwie kreisten meine Gedanken immer wieder zurück in mein Schlafzimmer. Ob die beiden tatsächlich miteinander geschlafen haben? Jetzt konnte Thorsten sich nicht mehr mit dem Zeugungsakt herausreden. Ich hatte doch gewusst, dass Maria scharf auf ihn war. Dieses Biest! Wenn sie nur nicht so nett und lieblich wäre! Dann würde es mir auch nicht so schwer fallen, auf sie sauer zu sein.
    Die Zeit verging wie im Flug. Kaum stand ich auf dem Flughafen - ohne Gepäck - bemerkte ich, dass ich losgefahren war, ohne die Adresse meiner Eltern mitzunehmen. Super. Und jetzt? Ich ging zum nächsten Telefon und wählte Katjas Nummer.
    „Bruhnhoff!“
    „Katja, Gott sei Dank! Ich stehe auf dem Flughafen von Madeira und habe die Adresse von Mama und Papa vergessen. Kannst du sie mir geben?“
    „Bist du verrückt geworden? Thorsten hat schon dreimal angerufen. Offenbar bist du wieder einmal mit seinem Auto abgehauen und er ist in Panik geraten, weil er glaubt, dass du ihn jetzt für immer verlassen hast. Er meinte, wenn du anrufst, soll ich dir unbedingt ausrichten, dass er nicht mit Maria geschlafen hat. Was ist denn bloß los bei euch?“
    „Ach, Schwesterherz! Das ist eine lange Geschichte. Dafür reicht mein Bargeld leider nicht. Also, was ist? Hast du die Adresse?“
    „Ja, warte. Sie sind in Ponta Delgada ...“
    Ich notierte mir die Adresse und legte auf. Mit einem Taxi fuhr ich an die Nordküste von Madeira und atmete auf, als ich meine Eltern auf einer kleinen Terrasse sitzen sah. Auf dem Tisch stand eine große Kerze, daneben standen eine Flasche Wein und zwei Gläser.
    Erschrocken fuhr meine Mutter zusammen, als sie mich bemerkte. „Herr im Himmel, Marten, hast du mich erschreckt! Was tust du denn hier?“ Sie sprang auf und umarmte mich.
    Ich wollte sie freudig begrüßen, doch jetzt konnte ich meine im Flugzeug tapfer aufgestauten Gefühle nicht mehr verbergen. Ich heulte wie ein Schlosshund und brabbelte die ganze Geschichte in wenigen Sätzen herunter. Meine Mutter streichelte mir den Rücken, während sie vermutlich kein einziges Wort verstand, und ich fühlte mich, als sei ich acht Jahre alt und hätte die erste Schlappe in der Schule einstecken müssen. Es tat ja so gut, von seiner Mutter in den Arm genommen zu werden! 
    Mein Vater saß grummelnd auf seinem Stuhl und reichte mir sein Weinglas, als ich endlich aufhörte, zu reden.
    Dankbar nahm ich es entgegen und trank es in einem Zug leer. „Tut mir leid! Jetzt habe ich deinen Wein alle gemacht.“
    Mein Vater winkte ab und holte eine zweite Flasche aus dem Bungalow. „Macht nix, mein Sohn! Wir haben ja noch mehr davon.“
    „Das ist nicht das einzige, was ich leer gemacht habe, Papa!“
    „Was meinst du?“ Perplex starrte mein Vater zwischen meiner Mutter und mir hin und her.
    „Naja“, druckste ich herum, „ich war vier Wochen in eurem Haus, als ... als“, ich heulte schon wieder los.
    Meine Mutter führte mich zum Tisch und schob mich auf einen Stuhl. „Mensch, Junge! Du bist ja total durch ’n Wind“, sagte sie kopfschüttelnd. „Schenk ihm man noch was ein, Klaus! Dein Sohn hat’s jetzt nötiger als du.“
    „ Gerlinde! “, rief mein Vater empört aus.
    „Ist doch wahr, Vati“, brummte sie.

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