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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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die Mitglieder der Währungsunion die Schulden des insolvenzbedrohten Landes übernehmen werden. Haben die Kapitalgeber diese Erwartung, so sinkt die Risikoprämie, welche die Kapitalgeber normalerweise von Staaten mit hoher Verschuldung fordern. Diese Prämie, die sich als Aufschlag auf den Kreditzins zeigt, ist der Preis für das Risiko, dass ein Land seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Rechnet der Kapitalgeber aber damit, dass in einem solchen Fall die Mitglieder der Währungsunion für diese Schulden geradestehen, so wird er darauf verzichten und auch potentiell insolvenzgefährdeten Staaten billigere Kredite geben. Mit anderen Worten: Gerade jene Staaten, deren Schuldensituation ohnehin problematisch ist, erhalten durch die Mitgliedschaft in der Währungsunion den Zugang zu billigeren Krediten.
    Will man die einer Währungsunion innewohnenden Anreize zu höherer Verschuldung reduzieren, so besteht eine Möglichkeit darin, die Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten zu harmonisieren oder gar zu zentralisieren. Auf diesem Weg kann man verhindern, dass ein Staat finanzpolitisch aus der Reihe tanzt. Allerdings scheitert diese Option zumeist am politischen Willen, da sie einen enorm hohen Verlust an staatlicher Souveränität bedeutet. Die Budgetpolitik eines Staates liegt dann nicht mehr alleine in den Händen der nationalen Regierung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Rechtmäßigkeit des Euro-Rettungsschirms eigens darauf hingewiesen, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags entsprechenden Hilfszahlungen in den jeweiligen Einzelfällen zustimmen muss. Das nationale Budgetrecht des Parlaments darf nach den Vorgaben des Grundgesetzes nicht angetastet werden[ 60 ].
    Die andere grundsätzliche Möglichkeit, eine Zunahme der strukturellen Staatsverschuldung innerhalb einer Währungsunion zu verhindern, besteht in der Einführung gemeinsamer Schuldenregeln. Diesen Weg ist man bei der Gründung der Europäischen Währungsunion gegangen, als man in den so genannten
Konvergenzkriterien
festlegte, dass die Nettoneuverschuldung eines Mitgliedstaates den Wert von drei Prozent und der Schuldenstand 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten darf. Wer Mitglied der Währungsunion werden wollte, sollte diese Kriterien einhalten.
    Um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten der Währungsunion auch nach dem Eintritt in die Währungsunion finanzpolitische Disziplin üben, wurde vor allem auf Betreiben der Deutschen der Stabilitäts- und Wachstumspakt geschlossen. Artikel 126 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union fordert, dass die Mitgliedstaaten «übermäßige öffentliche Defizite» vermeiden. Die Kommission überprüft anhand der Konvergenzkriterien Schuldenstand und Neuverschuldung. Zur Erreichung dieser Ziele bestehen folgende Maßnahmen:
    – Stabilitätsprogramme, in denen die Mitglieder der Währungsunion dem Rat und der Europäischen Kommission Auskunft über ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik geben müssen (Nicht-Mitglieder legen Konvergenzprogramme vor). Der Rat gibt dazu eine Stellungnahme ab mit Empfehlungen an den betroffenen Staat, sofern er einen Änderungsbedarf bei der Finanzpolitik sieht (präventiver Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts).
    – Zusätzlich gibt es länderspezifische Mittelfristziele, die darauf abzielen, dass die Länder einen konjunkturbereinigt ausgeglichenen Haushalt erreichen. Sie sollen also ihr strukturelles Defizit reduzieren.
    – Im Rahmen der Maastricht-Meldung müssen die Mitgliedstaaten zweimal im Jahr ihre öffentlichen Defizite und Schuldenstände der Kommission mitteilen. Kommt der Rat zum Schluss, dass ein Staat ein übermäßiges Defizit aufweist, wirdein Defizitverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf es zu Sanktionen (beispielsweise Geldstrafen) kommen kann.
    Streng genommen stellen diese Maßnahmen einen Versuch zur Minimalkoordinierung der Fiskalpolitik dar. Die Krise der Europäischen Währungsunion im Jahr 2010 und die Schuldenkrisen Griechenlands, Irlands, Portugals und Spaniens haben aber gezeigt, dass diese Maßnahmen nicht wirksam sind. Eine Arbeitsgruppe um den Präsidenten des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, kam zum Ergebnis, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht ausreichte, um finanzpolitische Fehlentwicklungen zu verhindern[ 61 ]. Dementsprechend haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine Verschärfung der finanz- und wirtschaftspolitischen Überwachung verständigt[ 62 ] und verstärkte

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