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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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Möglichkeit gesucht, zusammen sein zu können, in einer Weise, die in der Gesellschaft akzeptiert wurde. Wie Alva richtig gesagt hatte, war es nicht ungewöhnlich, wenn sich der Hausherr an den Sklavinnen vergriff. Ob mit oder ohne deren Einwilligung. Niemand hätte je entdeckt, dass Meldis für Serre nur der Vorwand war, um Alva zu bekommen. Sklaven waren Dinge und keine Menschen. Sie hatten keine Rechte und keine Gefühle.
    Alles wäre gut gegangen, wenn Meldis getan hätte, was von Mädchen ihres Standes erwartet wurde, eine von der Familie arrangierte Ehe zu akzeptieren. Serre hätte sie nicht schlecht behandelt, das lag nicht in seiner Natur. Aber er liebte sie nicht und würde sie nie lieben. Und so oberflächlich Meldis auf den ersten Blick erschien, so hatte das doch gespürt und war nicht bereit gewesen, einen Lebensplan zu erfüllen, der ihre Wünsche komplett ignorierte.
    Er kniete sich auf der anderen Seite von Meldis’ Körper nieder und legte die Finger an ihre Halsschlagader. Kein Puls. Seine Blicke glitten über sie und bemerkten schließlich die Blutlache, die sich neben ihrem Kopf bildete. Unter der dünnen Grasschicht musste ein Felsstück verborgen sein, an dem sie sich den Schädel eingeschlagen hatte. Ein Unfall. Alva hatte Meldis nicht töten wollen, warum auch? Kaldak zu töten, wäre sinnvoll gewesen, aber dieser Plan war fehlgeschlagen, weil er nicht den Mumm dazu besessen hatte.
    Alva brabbelte mittlerweile unverständliches Zeug vor sich hin und hielt Meldis’ Hand. Er kroch zu ihr hinüber und löste ihre Finger. Sein Verstand gehorchte ihm nur widerwillig. „Tessa“, sagte er laut und deutlich. „Tessa, hörst du mich?“
    Sie reagierte nicht und er sah sich verzweifelt um. Statt der erhofften Hilfe, erspähte er einen Reiter auf einem riesigen Pferd, der in scharfem Galopp näher kam. Sein schwarzes Haar wehte hinter ihm her.
    Kaldak sprang ab und lief zu der am Boden liegenden Meldis. Dort fiel er auf die Knie und zog sie an sich. „Meldis, meine Liebe, mein Leben, was haben sie dir angetan?“ Sein verzweifelter Schrei durchschnitt die Luft. Behutsam wiegte er den leblosen Körper in seinen Armen. Streichelte ihr Haar und drückte seine Lippen auf ihren Scheitel.
    Nick, der Alva vorsichtshalber hinter sich schob, murmelte undeutlich. „Ein Unfall, sie ist gestürzt …“
    Kaldaks Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Ein Unfall? Niemals. Ich spüre, dass etwas Böses hier ist. Das war kein Unfall. So viel Bosheit und Lüge, ihr beide, ihr habt sie umgebracht“, zischte er aufgebracht.
    „Nein, so hör doch …“ Nick versuchte vergebens, Kaldaks Aufmerksamkeit zu erringen.
    „Ich will Rache. Und ich werde sie bekommen. Niemand wird mich aufhalten.“ Er legte Meldis vorsichtig auf den Boden und zog ein Messer aus der Scheide an seinem Gürtel. „Du wirst nicht für immer von mir gehen, mein Lieb.“
    Tessa blinzelte verwirrt. Sie lag an Nicks Rücken geschmiegt, ihre Finger krallten sich in sein Hemd. Wieder einmal wusste sie nicht, wo sie war und wie sie hierher gekommen war. Ihr Blick fiel auf die drei Pferde, die nebeneinander grasten. Sie versuchte sich aufzurichten, aber Nick drehte sich um und drückte sie wortlos nach unten.
    Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen, aber dann hörte sie Kaldaks vor Wut zitternde Stimme. „Der Tod kann uns nicht trennen, Meldis, diese Macht hat er nicht.“
    Vorsichtig spähte sie hinter Nick hervor und was sie sah, nahm ihr den Atem. Kaldak kniete neben Meldis und löste mit seinem Messer ihr Gesicht vom Schädel. Genauso wie sie es schon einmal gesehen hatte. Also war es wieder passiert. Sie hatte den Mord an Meldis nicht verhindern können.
    Ihre Zähne schlugen aufeinander, und sie begann am ganzen Körper zu zittern. Sie hatte versagt. Meldis war einen sinnlosen Tod gestorben und sie selbst lebte ein sinnloses Leben. Warum, warum nur?
    Sie drückte ihre Wange an Nicks Rücken und biss sich auf die Lippen, um nicht laut zu schluchzen. Wie sollte es jetzt weitergehen?
    Stiefel erschienen in ihrem Blickfeld. Sie ließ ihren Blick langsam nach oben wandern, noch immer von der verzweifelten Hoffnung beseelt, dass sich nicht auch das letzte Puzzlestück in das Bild fügte, das sie kannte und fürchtete.
    Doch sie hoffte vergebens. Vor ihr stand Arne. Mit gezücktem Schwert, das jeden Augenblick auf Nicks Nacken niedersausen würde.
     
    „Wohin des Weges, Kaldak?“ Der Anführer der drei Männer kam auf ihn zu. „Für

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