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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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die im
Mittelmeer stationiert waren«, erzählte der Kapitän. »Wir konnten alle drei
Monate neue Verpflegung aufnehmen, ohne große Probleme. Aber trotzdem war nach
zwei Jahren auf See, ohne Landurlaub, die Moral auf dem Schiff ziemlich
gesunken.«
    Jessie
setzte sich steil auf. »Ihr meint, Ihr habt diese armen Männer nicht einmal von
dem Schiff gelassen?«
    Der Kapitän
sah sie an, sein Blick war kühl. »Seid Ihr damit nicht einverstanden, Mistress
Fox?«
    Ihre Finger
schlossen sich fester um den Kelch aus Kristall, den sie gerade an ihre Lippen
führen wollte. »Nicht einverstanden ist noch milde ausgedrückt. Gütiger Gott,
das ist regelrecht unanständig. Was geschieht mit den Familien dieser Männer?
Die meisten sind in den Dienst der Marine gezwungen worden. Sie wurden gegen
ihren Willen an Bord dieser Schiffe gebracht – und dann hat man ihnen noch
nicht einmal erlaubt, an Land zu gehen?«
    »Etwas
weniger als die Hälfte der Mannschaft war das Ergebnis von
Aushebungsmannschaften. Die meisten haben sich rekrutieren lassen, und einige
waren Quotenmänner – sie wurden auf das Schiff geschickt als Strafe für
Verbrechen, die sie begangen hatten. Ich persönlich bin der Meinung, daß die
Männer unter meinem Kommando loyal genug gewesen wären, um wieder
zurückzukommen, wenn ihr Landurlaub beendet gewesen wäre. Sie hatten sich in
ihre Lage ergeben und waren gewillt, das Beste daraus zu machen. Doch leider
war Admiral Cornwallis da anderer Meinung.« Er sah sie mit diesen bezwingenden
mitternachtsblauen Augen an. »Darf ich Euch daran erinnern, Miss Fox, daß auch
ich in den letzten beiden Jahren an Bord geblieben bin?«
    Jessie biß
sich auf die Unterlippe. Schuldgefühle stiegen in ihr auf. Sie bezweifelte
keinen Augenblick, daß Matthew Seaton ein fairer und fähiger Kapitän war. Er
war der Sohn des Marquis von Belmore, ein Mann mit dem gleichen edlen Blut wie
sein Vater.
    »Es tut mir
leid, Graf. Ich weiß, Ihr habt nur Eure Pflicht erfüllt. Jemand muß auf
England aufpassen, ganz gleich, welche persönlichen Entbehrungen dafür ertragen
werden müssen. Doch zwei Jahre erscheinen mir so lange. Es muß mühselig gewesen
sein für Euch.«
    Seine
Blicke ließen sie nicht los. Er versuchte zu erkunden, ob ihre Worte ernst
gemeint waren. »In gewisser Weise war es schwierig. Manchmal war das Warten
zermürbend. Und wenn die Verpflegungsrationen knapper wurden, kauten wir Kekse
voller Würmer, aßen Fleisch mit Maden und tranken Wasser, das so braun war wie
Baumrinde. Aber mit fünfhundert Männern unter meinem Kommando gab es immer
eine Menge Arbeit – es war gewiß niemals langweilig. Und dann ist da ja auch
noch das Meer, endlos weit und voller Schönheit und Herausforderungen.« Ein
leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Beinahe so wie eine verführerische
Frau – genauso gefährlich.«
    Sie
ignorierte die Anspielung, die wohl an sie gerichtet war. »Ich würde auch gern
einmal über das Meer segeln. Ich möchte das Stampfen des Schiffes unter meinen
Füßen fühlen und den frischen, kühlen Wind in meinem Gesicht. Als Kind habe ich
mir oft gewünscht, ich wäre ein Junge, denn dann wäre ich von zu Hause
weggelaufen und zur See gegangen. Ich hätte mich als blinder Passagier
versteckt oder als Kabinenjunge verdingt.« Sie warf ihm einen spitzbübischen
Blick zu. »Vielleicht hätte ich dann eines Tages sogar unter Euch Dienst getan,
Kapitän.«
    Sein
leichtes Lächeln wandelte sich in offene Belustigung. »Das Leben ist höchst
unvorhersehbar, Miss Fox. Man weiß nie, wie sich die Dinge entwickeln werden.«
    Heiße Röte
stieg ihr ins Gesicht. Sicher hatte sie sich den Unterton in seiner Stimme nur
eingebildet. Sie blickte zum Marquis und stellte fest, daß er die Stirn
gerunzelt hatte.
    »Na ja, auf
jeden Fall bin ich froh, daß du als Mädchen geboren wurdest, meine Liebe.« Der
Marquis lächelte sie an, tätschelte ihre Hand und drückte sie leicht. »Jungen
machen wesentlich mehr Schwierigkeiten, und sie sind bei weitem nicht so
unterhaltsam.«
    Als sie den
Grafen wieder ansah, stellte Jessie fest, daß er jetzt derjenige war, der die
Stirn runzelte.
    Matthew streckte sich in dem gepolsterten
Sessel aus, während sein Vater ihm ein Glas Brandy eingoß. Er dachte an Jessie
Fox oder
vielmehr an die Frau, zu der Jessie Fox erblüht war. Er war nicht überrascht
gewesen, daß sie sich verspätete, obwohl sein Vater darüber ernstlich verstimmt
gewesen war.
    »Ich denke,
das ist das Vorrecht

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