Stachel der Erinnerung
Vollblut.«
»Ja«,
stimmte er zu. »Eine wunderschöne Stute mit einem glatten, kastanienbraunen
Fell und einem Feuer, das zu dem Euren paßt.«
Gwens Knie
wurden erneut weich, und die bekannten Schmetterlinge flatterten durch ihren
Magen. Sie lächelte ihn entzückt an und dachte, daß sie noch nie zuvor einem
Mann begegnet war, der in ihre Seele zu blicken schien. Er führte sie tiefer
in den Garten, verließ den schmalen Weg und wanderte mit ihr über einen nur
schwach erleuchteten Pfad. Unter einer riesigen Ulme blieben sie stehen, und
er zog sie in seine Arme.
»Ihr seid
so ganz anders als all die anderen Frauen ... viel frischer, entschlossen, so
viel wie möglich von der Welt zu erfahren und nicht nur träge rumzusitzen und
sich verwöhnen zu lassen.«
»Ich muß
viel über das Leben lernen, wenn ich als Schriftstellerin Erfolg haben will.«
Er blickte
in ihr Gesicht »Und was haltet Ihr von der Ehe, Gwen? Und von Kindern? Jede
Frau wünscht sich das. Ihr doch sicher auch.«
Sie starrte
in seine unergründlichen grauen Augen, und zum ersten Mal fühlte sie eine
schmerzliche Sehnsucht nach den Dingen, von denen er sprach.
»Ich möchte
nicht heiraten«, sagte sie dann jedoch und wiederholte die Worte, die ihr
schon beinahe zur Routine geworden waren. »Eine Ehe ist nur wenig besser als
die Sklaverei. Der Mann hält sich seine Geliebten, er genießt die Welt mit all
ihren Vorzügen, und die Frau sitzt zu Hause und tut nichts anderes, als sich um
seine Kinder zu kümmern. Sie sieht nur die Dinge, die er ihr zu sehen erlaubt,
und erlebt nur das, was er zuläßt.«
»Und wie
steht es mit der Liebe?«
»Ich glaube
nicht an die Liebe.« Sie senkte die Lider. »Doch wenn es so etwas tatsächlich
gäbe, dann könnte ich mir vorstellen, daß es wunderbar wäre. Wenn ein Mann und
eine Frau einander wirklich lieben, dann könnten sie die Freuden des Lebens
miteinander teilen, sie könnten sie zusammen genießen. Wenn sie einander wirklich
lieben, könnten sie einander beschützen, füreinander sorgen und sich nicht
gegenseitig weh tun, wie es die meisten verheirateten Menschen tun.«
Der Vicomte
schwieg lange Zeit. »Wenn Ihr nicht heiratet, dann wird Euch sehr viel
entgehen. Wie wollt Ihr die Freuden kennenlernen, mit einem Mann
zusammenzusein?«
Sie blickte
zu ihm auf und war sicher, daß es das war, was er beabsichtigte. »Ich werde
jemanden finden, der sie mich lehrt.«
Er sah ihr
tief in die Augen, dann legte er eine Hand an ihre Wange. »Ich könnte es Euch
lehren, Gwen. Ich könnte Euch alles vom Leben und von der Liebe lehren.
Zusammen könnten wir endlose Stunden der Freude verbringen.«
Gwen fuhr
sich nervös über die Lippen. In ihrem Kopf wirbelten Bilder, die seine
verführerischen Worte sofort geschaffen hatten: Adam Harcourt, der sie
entkleidete, seine langen, sehnigen Finger, die ihre Brüste streichelten, sein
wunderschöner Mund, der sie küßte, wieder und wieder. Als hätte er ihre Gedanken
gelesen, senkte sich sein Kopf zu ihr, und er küßte sie auf eine
Art, die unendlich zärtlich und voll sinnlicher Wärme war.
Er nahm ihr
Gesicht in die Hände. Sein Kuß wurde eindringlicher. Seine Lippen schienen mit
den ihren zu verschmelzen. Das Gefühl der Hitze in ihrem Inneren dehnte sich
aus, machte ihre Glieder matt und willenlos. Mit der Zungenspitze neckte er sie
so lange, bis sich ihre Lippen öffneten und seine Zunge gierig ihre Mundhöhle
erforschte. Gwens Brüste drängten sich gegen seine Brust, die rosigen Knospen
richteten sich voller Verlangen auf.
Der Vicomte
zog sie noch enger an sich, und Gwen schlang die Arme um seinen Hals. Sie stand
auf Zehenspitzen, ihr Körper schmiegte sich an seinen, ihre Brüste rieben
gegen seinen muskulösen Oberkörper. Sein rechtes Bein hatte sich zwischen ihre
Schenkel geschoben, und jetzt drängte er es gegen ihren Venushügel, der unter
dieser Berührung heiß und feucht pulsierte.
»Adam ...«,
flüsterte sie, und ihre Finger vergruben sich in seinem Haar. Beim Klang seines
Namens hob er den Kopf. Er schien mit sich selbst zu kämpfen, doch dann schob
er sie sanft von sich. Sein Atem ging genauso heftig wie der ihre. Seine Augen
waren von einem dunklen, silbernen Grau.
»Ich will
dich«, sagte er heiser. »So sehr, daß es schmerzt. Ich habe jede Nacht an dich
gedacht, seit ich Belmore verlassen habe.«
»Oh, Adam.
Auch ich habe ständig an dich gedacht.«
Er hätte
noch mehr gesagt, doch sie hörten plötzlich, wie Schritte sich näherten.
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