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Stachelzart

Stachelzart

Titel: Stachelzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Wollesen
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Regenschirm, den wir hatten. Ich musste mich mit meiner Kapuze begnügen. Bis zum Eingang der Raststätte waren es höchstens 15 Meter und dennoch triefte meine Jacke, als ich das Gasthaus betrat und meine Hose war pitschnass. Meine Wanderstiefel hatten die Dusche tatsächlich überstanden, meine Füße waren trocken geblieben. Aber an den Hersteller der angeblich wasserdichten Softshelljacke würde ich einen bösen Brief schreiben – wasserfest war diese Jacke garantiert nicht!
    „Aus dem Weg, aus dem Weg“, quietschte Vera, als sie über die Pfützen hüpfte. Dabei schubste sie eine ältere Dame zur Seite.
    „Na, hören Sie mal!“, schimpfte die Frau. „Passen Sie gefälligst besser auf!“
    „Ich muss meine Schuhe retten!“, erwiderte Vera. „Haben Sie eine Ahnung, was die gekostet haben?“
    Sie ließ die schimpfende Dame einfach stehen und steuerte auf einen freien Tisch am Fenster zu. Ich machte eine entschuldigende Geste und folgte Vera. Diese hatte sich bereits hingesetzt und Taschentücher aus ihrer Handtasche geholt. Damit tupfte sie nun vorsichtig ihre Fellstiefel trocken.
    „Anna-Schätzchen, holst du mir bitte noch ein paar Servietten für meine Schuhe? Und ich möchte gerne einen Latte macchiato aber mit laktosefreier Milch, bitte!“
    Ich verdrehte die Augen. Die Frau war wirklich unglaublich. Kaum saß sie, gab sie Befehle von sich. Aber da auch ich Kaffeedurst hatte und immer noch vorhatte, mich nicht mit Vera zu streiten, antwortete ich brav: „Klar, mache ich!“
    Ich hängte meine tropfnasse Jacke über eine Stuhllehne und schüttelte meine Locken. Trotz der kurzen Strecke vom Auto zum Rasthof waren meine Haare leicht feucht geworden. Die Kapuze meiner neuen Softshelljacke hatte das Wasser kaum abgehalten. Dabei hatte ich mir heute Morgen extra Mühe gegeben, meine Haare zu glätten und in Form zu legen. Und nun sah ich höchstwahrscheinlich aus wie ein explodierter Wischmob, denn leider reichte schon eine kleine Menge an Feuchtigkeit, um meine Haare explodieren zu lassen. Verstohlen blickte ich in den Spiegel, der hinter Vera an der Wand hing. Meine Vorahnung wurde bestätigt, da half nur noch das übliche Haargummi, um meine Haare im Zaum zu halten. Ich sollte wohl gleich mal auf die Toilette verschwinden, um mich wieder herzurichten. Aber erst einmal brauchte ich Koffein.
    Seufzend stiefelte ich los, um Vera und mir Heißgetränke zu besorgen. Die Raststätte war gut gefüllt. Die Leute hatten wahrscheinlich die Kriecherei auf der Autobahn satt und wollten wie Vera und ich kurz entspannen. Es war auch wirklich keine Freude, bei diesem Wetter Auto zu fahren. Mit Schaudern dachte ich daran, dass ich nun den Rest der Strecke fahren würde, vorausgesetzt natürlich Vera würde sich darauf einlassen, mit mir das Steuer zu tauschen. Ich reihte mich in die Schlange vor der Kaffeestation ein und beobachtete den Eingang des Gasthauses. Ein älteres Ehepaar mit einem kleinen wuscheligen schwarzen Hund betrat gerade den Raum und blickte sich suchend nach einem freien Tisch um. Neben Veras und meinem Tisch war noch ein Platz frei und sie steuerten direkt darauf zu.
    Hoffentlich denkt der Hund nicht, dass Veras Schuhe neue Spielkameraden sind, dachte ich und musste grinsen.
    Fünfzehn langweilige Minuten später balancierte ich endlich die Getränke auf einem Tablett zu unserem Tisch. Ich hatte nicht widerstehen können und mir auch noch ein Stück Kuchen gekauft. Zu Himbeer-Sahne-Torte konnte ich einfach nicht nein sagen. Für Vera hatte ich keinen Kuchen mitgenommen. Sie würde ihn sowieso nicht essen, das passte nicht zu ihrem strengen Diätplan. Denn bei diesem zählte ihr Latte macchiatto schon als Zwischenmahlzeit.
    Als ich unseren Tisch erreichte, war Vera gerade in ein Gespräch mit dem älteren Ehepaar vertieft. Der kleine wuschelige Hund lag brav neben einem Stuhl und fixierte erwartungsvoll meinen Kuchen.
    Vergiss es , dachte ich. Das ist meiner!
     
    „Ah, Anna. Da bist du ja endlich. Das hat aber lange gedauert! Hast du mir die Servietten mitgebracht?“, wollte Vera wissen.
    „Entschuldige, aber es ist ziemlich voll hier!“, knurrte ich und reichte ihr die Papiertücher.
    Vera schnappte sich die Servietten und tupfte an ihren Schuhen herum. Als sie damit fertig war, deutete sie auf das ältere Ehepaar.
    „Anna, das sind Herr und Frau Zeisig“, und an das Ehepaar gewandt sagte sie: „Das ist meine Tochter Anna!“
    „Nein, das ist ihre Tochter? Ich dachte Sie beide wären

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