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Stachelzart

Stachelzart

Titel: Stachelzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Wollesen
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legte ich mich mit dem Kopf ans Fußende und drückte mir mit beiden Händen mein Kopfkissen an die Ohren. Aber das half nicht viel. Gefühlt war ich gerade erst eingeschlafen, als die Weckfunktion los ging.
    7.30 Uhr – Aufstehen! Hundemüde schleppte ich mich zum Fenster und zog den Vorhang ein klitzekleines bisschen zurück. Draußen wurde es langsam hell. Das Wetter hatte sich aber leider nicht gebessert. Unverändert prasselte der Regen vom Himmel herab.
    Ich beschloss, Vera zu wecken. „Aufstehen, es ist schon halb acht!“
    „ Hmm“, murmelte sie und knipste ihre Nachttischlampe an.
    Ich blickte zu ihr hinüber und quietschte erschrocken. Ich hatte gestern Abend gar nicht so genau hingesehen, als Vera ins Bett gestiegen war und wir hatten auch sehr schnell das Licht ausgemacht. Nun, nachdem ich die Vorhänge zurückgezogen und sie das Licht angemacht hatte, konnte ich sie in ihrem ganzen Schön-werden-im-Schlaf-Outfit erkennen. Und das war ein wahrhaft gruseliger Anblick. Vera ähnelte in ihrer Aufmachung dem Sams 2.0. Im Gesicht hatte sie überall rostbraune Punkte, die von einer salbenartigen Creme zu stammen schienen. Diese war bereits so eingetrocknet, dass sie an mehreren Stellen abbröckelte und eine puderartige braune Staubschicht auf Veras Nachthemd und dem Kopfkissen hinterlassen hatte. Auf Veras Stirn und ihrer Mund- und Kinnpartie hafteten lilafarbene längliche Dinger, die aussahen wie Klebestreifen. Und zur optischen Krönung trug sie bunte Lockenwickler in den Haaren.
    Kein Wunder, dass sie keinen Freund hat , dachte ich. Wenn der morgens neben ihr aufwacht, kriegt er den Schreck seines Lebens und sieht zu, dass er Land gewinnt!
    „Guten Morgen!“, sagte das Sams und streckte sich. Dabei bröckelte noch mehr von der braunen Paste ab. „Ach, ich habe richtig gut geschlafen. Und du?“
    „Nicht gut“, brummte ich. „Du hast geschnarcht!“
    „Tatsächlich? Das hat bisher noch keiner gesagt!“
    Weil sonst ja auch niemand neben dir schläft , wollte ich antworten, verkniff mir die Bemerkung aber gerade noch.
    „Was hast du denn mit deinem Gesicht gemacht? Was sind das für lilafarbene Dinger?“, wollte ich wissen.
    „Ach das“, antwortete Vera. „Das sind meine Antifalten-Klebestreifen. Damit wird die Haut im Schlaf an kritischen Stellen richtig schön glatt gezogen. Solltest du auch mal probieren. Die Jüngste bist du ja auch nicht mehr. Und wer früh anfängt, spart später eine Menge Geld für Schönheits-OPs sage ich immer.“
    Ich knurrte und verschwand, bevor ich etwas Bissiges erwidern würde, schnell im Badezimmer.
    Die Jüngste bist du ja auch nicht mehr! Was für eine Unverschämtheit! Der Tag fing ja schon gut an. Kaum geschlafen und um diese Uhrzeit schon genervt. Na prima!
     
    „Grüß Gott, die Damen. Was darf’s zu Trinken sein?“, begrüßte uns die Gastwirtin, als wir einige Zeit später am Frühstückstisch saßen. Wir bestellten beide einen Latte macchiato, Vera mit laktosefreier Milch.
    „Seit wann hast du eigentlich eine Laktose-Intoleranz?“, fragte ich sie.
    „Wieso? Habe ich doch gar nicht. Die laktosefreie Milch hat bloß weniger Kalorien“, meinte Vera.
    „Ha, das stimmt gar nicht!“, entgegnete ich. „Habe ich neulich irgendwo gelesen!“
    „Mir bekommt sie aber besser und außerdem mag ich das Besondere!“, antwortete Vera.
    Ich verdrehte die Augen. Die Frau hatte auch auf alles eine Antwort. Sie bestellte also bloß laktosefreie Milch, um sich interessanter zu machen. Alles für den Extrawurst-Bonus, typisch Vera!
    „Du brauchst gar nicht die Augen zu verdrehen. Das habe ich gesehen!“, bemerkte Vera.
    Du brauchst gar nicht die Augen zu verdrehen. Das habe ich gesehen! imitierte ich sie in Gedanken spöttisch. Die Stufe 1 auf der Genervtheitsskala hatten wir heute also schon sehr früh erreicht. Ich zwickte mir selbst leicht in den Oberschenkel und atmete tief ein und wieder aus. Ruhig bleiben, Anna. Ganz ruhig!
    „Entschuldige, ich habe schlecht geschlafen“, erwiderte ich und wechselte das Thema. „Wie wollen wir das denn nachher mit dem Fahren machen? Lässt du mich wieder ans Steuer?“
    „Nee, heute will ich selber fahren. Du kannst ja in der Zwischenzeit dein Buch schreiben. Hast du eigentlich überhaupt schon angefangen?“
    Ich biss mir auf die Lippe und schüttelte stumm den Kopf. Schlimm genug, dass Vera nun wieder selbst fahren wollte, musste sie mich auch noch an meine Schreibblockade erinnern?
    „Sie schreiben ein

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