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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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weißen Halskrause und ein Schakal – oder war es ein Fuchs mit großen Ohren?
    Warum ihr Großvater wohl gewollt hatte, dass sie sie mit sich trug? Und wie viele Geschichten verbargen sich wohl in diesen karamellfarbenen Bernsteinen? Als Rokia sie gegen die Sonne hielt, sah sie, dass der Schakal ein freches Gesicht hatte, während der Falke … genau so wirkte, wie sie selbst gern sein wollte: ein Wesen, das sich leicht und anmutig in der Luft bewegte.
    Sie strich liebevoll über die beiden Steine, bevor sie sie sorgfältig in das Gris-gris zurücklegte.
    »Ich muss wieder aufbrechen, Großvater«, sagte sie.
    Und so war es auch.
    Wenn sie die Stadt aus Sand erreichen wollte, musste sie nun weiter, egal, wie heiß es war. Sie befeuchtete ihre Kehle mit einem Schluck Wasser, zwang sich dazu, ein Stück getrocknete Mango und einen Kanten Brot zu essen. Sie vergeudete ein wenig von ihrem Trinkwasser, um damit einen Stoffzipfel zu durchtränken, und legte ihn sich als Schutz gegen die Sonne über die Stirn.
    Rokia hätte nie geglaubt, dass es Orte gab, an denen es so heiß werden konnte.
    Dann legte sie ihr Gewand über die Schultern, lud sich den Reisebeutel ihres Großvaters auf, in dem irgendetwas klimperte, und setzte sich wieder in Bewegung.

    Später färbte sich die Sonne am Himmel erst orange und dann rot wie eine reife Frucht. Obwohl sie vorsichtig gewesen war, hatte Rokia inzwischen beinahe ihren gesamten Vorrat an Wasser ausgetrunken. Jeder Teil ihres Körpers schien angeschwollen zu sein und schmerzte, und sie glaubte, keinen Schritt weitergehen zu können. Der Harmattan , der ihr nachts kribbelnd die Stirn gekühlt hatte, wehte tagsüber kochend heiß, wie der Gluthauch aus einem Backofen.
    Rokia fühlte sich wie ein Stück glühendes Eisen, auf das die Sonne wie ein erfahrener Schmied seinen Hammer niederfahren ließ, um Speerspitzen und Schlösser zu formen.
    Doch ihr fester Wille hinderte sie am Aufgeben. Ständig vor sich hin singend und ab und zu taumelnd, lief Matukés Enkelin vorwärts und ließ sich durch nichts von ihrem Vorhaben abbringen, weder von der Schwäche in ihren Beinen noch von den optischen Täuschungen vor ihren Augen. Eine weitere, neue Erfahrung, mit der sie umgehen musste.
    Irgendwann war es ihr passiert, dass sie eine Reihe von Dünen für die Mauern einer Stadt hielt, später sah sie in einem Felsblock eine Hütte, in der sie um Hilfe bitten konnte. Deshalb betrachtete sie nun alles vor ihren Augen lange und gründlich, damit sie sich nicht noch einmal von einer Luftspiegelung täuschen ließ.
    Zu ihrem Glück verlor die Sonne langsam ihre Kraft, es würde bald dunkel werden. Dann kehrten auch die Sterne zurück, der kühle Wind und die Schlangen, die geräuschlos über den Sand dahinglitten. Dann würde das grelle Sonnenlicht nicht mehr ihre Augen blenden oder die Hitze sich glühend in ihre Haut bohren.
    Während sie auf diesen Zeitpunkt wartete, überwand Rokia eine von zahllosen Dünen, um sich dann auf ihrem Kamm festzuklammern wie auf dem Rücken von Napoleon.
    Wüste, Wüste, nichts als Wüste, so weit das Auge reichte.
    Wo konnte in all dieser Wüste eine Stadt liegen? Und wer sollte dort wohnen? Hatte sie Setuké vielleicht falsch verstanden?
    Doch kein Zweifel war so groß, um sie endgültig zu verwirren oder ihre Entschlossenheit zu untergraben. Rokia stand auf und sagte: »Und trotzdem weiß ich, dass es sie gibt! Und ich werde sie finden, Großvater!«
    Als sie aufgestanden war, merkte sie, dass ihre Knie zitterten und es vor ihren Augen flimmerte. Es war ihr, als bewegte sich zwischen den Dünen etwas, zwei winzige Tierköpfe und eine lange schwarze Feder. Aber das war wohl nur wieder einer von den vielen Streichen, den ihre müden Augen ihr schon gespielt hatten, denn als sie ein zweites Mal hinsah, war alles verschwunden.
    Dann ging sie einen Schritt, um die Düne hinunterzusteigen, dann noch einen zweiten. Ihre Knie taten so weh!
    Beim dritten Schritt verlor sie das Gleichgewicht.
    »Ohjeee …«, rief Rokia, als sie merkte, dass sie gleich die Dünen hinunterrollen würde.
    Sie versuchte, auf die Beine zu kommen, aber dazu war sie zu schwach. Rokia sah abwechselnd Himmel und Erde, während sie rollte und rollte und rollte und Riemen, Hörner und Sandalen klappernd aneinanderschlugen.
    Als sie endlich nicht mehr rollte, blieb sie mit dem Gesicht im Sand liegen.
    Und bewegte sich nicht mehr.

DER FUCHS
    Die Sonne wich der Dunkelheit. Die Wüste wurde in andere

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