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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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liebt, wirklich liebt.«
    »Das ist Blödsinn und nicht Realität«, wehrte Crestina ab.
    »Ich halte Moise für einen sehr realistischen Mann. Für einen attraktiven sowieso.«
    Crestina stöhnte.
    »Willst du etwa auch noch übertreten? Sechshundertdreizehn Gebote einhalten, koscher kochen, die Haare abschneiden lassen und eine Perücke tragen?«
    »Bestimmt nicht. Aber du kannst nicht einfach auf ein Schiff steigen und nach Arabien fahren. Ich muss auch als Geschäftsfrau denken und möchte mein Geld nicht einfach verpulvern. Kaum sind wir auf einem Schiff, will sie vielleicht sofort wieder aussteigen. Und an den Nordpol gehen oder in die Prärie.«
    Crestina nahm die Pfanne von der Wand, goss Öl hinein und legte den Fisch drauf.
    »Nun ja, ich wusste ja, dass es verrückt war«, sagte sie leise.
    »Ich nehme sie mit, wenn sie mit will«, gab Margarete nach. »Aber ich kann sie nicht aus dem Palazzo zerren und in einen Wagen bugsieren oder auf ein Pferd setzen. Ich halte es durchaus für möglich, dass sie mir die kalte Schulter zeigt. Und ich denke, auch Lea wird irgendwann einsehen, dass sie dieses ungebärdige Kind ganz gewiss nicht als Schwiegertochter möchte, auch wenn dieses Kind ihr jetzt aus der Hand frisst. Und die Knödel für Pessach genauso macht wie jede Jüdin im Ghetto.«
    Crestina stöhnte.
    »Du solltest mal sehen, wie mein Küche aussieht, wenn sie die ganze Sache zu Hause erstmal durchprobiert, damit sie bestehen kann. Bis sie so weit ist, dass sie die Knödel mit ihren öligen Händen überhaupt formen kann, ist meine Küche überstäubt mit Mazzen- Mehl , der Tisch klebt vom Hühnerfett und auf dem Boden kannst du in der Hühnerbrühe schwimmen.«
    Margarete lachte.
    »Nun, das weiß Lea ja nicht. Aber weiß Bianca wenigstens, weshalb dieses Fest gefeiert wird?«
    »Nun ja«, sagte Crestina achselzuckend, »sie weiß natürlich von der Rettung der Juden aus der Sklaverei in Ägypten, sie kennt das Symbol von Pessach, die ungesäuerten Mazzen, die aus Mehl und Wasser bestehen, das ›Brot der Freiheit‹; sie hat bei Lea miterlebt, wie die ganze Wohnung von oben bis unten gereinigt wird, aber ich glaube kaum, dass sie die Haggada kennt, die am Seder- Abend vorgelesen wird, und überhaupt den wirklich tieferen Sinn dieses Festes.«
    »Vermutlich nähme Lea, wenn ihr das alles klar wäre, dann doch lieber eine Schwiegertochter aus dem Serraglio in Rom als dieses verwöhnte Kind aus einem Palazzo, das nicht ein einziges Mal das tun will, was man ihm sagt.«

14. Das Sklavenschiff
    Crestina hatte zunächst die Ketten gesehen und blieb irritiert stehen.
    Die Ketten lagen unmittelbar vor ihren Füßen, als sie den Kai entlangging. Sie waren auf dem Weg verstreut, der auf das Deck eines Schiffes führte, so, als seien sie beim Abladen jemand zu schwer geworden. An den Ketten befanden sich zweierlei Ringe, vermutlich für Fuß und Hand.
    Sie hatte Clemens aufsuchen wollen, um etwas über Ludovico und seine Pläne zu erfahren. Dabei war sie an diesem Schiff vorbeigekommen, das etwas abseits lag, aber direkt vom Ufer aus über eine Schiffsrampe zu erreichen war. Das Schiff befand sich ganz offensichtlich gerade in einer Überholung, da ein Sklave auf einem leichten Gerüst soeben damit beschäftigt war, einen Namen auf die Schiffswand zu malen.
    Sie war stehen geblieben, hatte diese Ketten mit den Ringen verblüfft betrachtet, dann war sie auf einen Jungen aufmerksam geworden, der ebenfalls ein Sklave sein musste. Er hatte einen Karren abgestellt, auf dem diese Ketten lagen, die er nun einzeln zum Schiff schleppte. Einzeln, weil es vermutlich zu schwer war, mehrere von ihnen gleichzeitig zu tragen.
    Sie blieb stehen, schaute zu, wie der Junge die Ketten hinter sich herschleifte, und hatte zugleich das Gefühl, dass hier etwas geschah, was nicht für ihre Augen bestimmt war. Als der Junge die Letzte der Ketten auf das Schiff schleppte, trat sie zu ihm und fragte, wofür diese Ketten seien.
    Er zuckte zusammen, schaute sich um und deutete dann auf Crestina.
    »Signora?«
    »Ja, ich bin eine Signora«, sagte sie lächelnd. »Und wer bist du?«
    Er deutete auf seine Brust und flüsterte, wobei er sich wieder umschaute.
    »Yairo.« Dann griff er Crestina am Arm und zog sie hastig mit auf das Schiff.
    Sie blickte den Jungen verwirrt an, schaute sich ebenfalls um, aber es war Mittagszeit und daher war hier draußen kaum jemand unterwegs. Also betrat sie das Schiff hinter dem Jungen, der sie mit sich zog.

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