Stadt der Blumen strava3
Tisch saßen, während die Bräutigame mit den beiden Nucci-Söhnen und anderen jungen Adligen an einem anderen Platz genommen hatten. An keinem Tisch des Festbanketts ging es so angespannt zu wie an diesem.
Isabella, die Herzoginwitwe von Volana, saß am Kopf des Tisches für die älteren Damen, an dem auch Francescas Mutter, Prinzessin Carolina von Fortezza, und Graziella Nucci Platz nahmen. An einem besonders üppig geschmückten Tisch nahe am Brunnen saß der Papst in seinem prächtigsten Ornat, bei ihm seine Brüder, der Herzog von Volana und der Fürst von Bellona, sowie sein Cousin, Prinz Jacopo von Fortezza. Dort saßen auch Rodolfo und Matteo Nucci. Und den Vorsitz hatte selbstverständlich der Herzog inne.
»Nun, was haben wir denn hier?«, fragte der Papst, als der erste Gang gebracht wurde.
»Kapaun mit weißer Soße, Euer Heiligkeit«, sagte der Diener, der den Auftrag erhalten hatte, den Papst als Ersten zu bedienen. »Und das sind versilberte Granatapfelkerne.«
Bronzeschalen, die mit Wasser gefüllt waren, hielten den grünlichen Wein aus Santa Fina kalt, während die Flaschen mit Rotwein aus Bellezza und Giglia in der nachmittäglichen Sonne temperiert wurden.
Die jungen Stravaganti, von denen keiner zu dem Bankett geladen war, stillten ihren Hunger mit süßem Backwerk und sie beobachteten das Kommen und Gehen auf dem Platz wie aus Theaterlogen.
»Das dauert jetzt Stunden«, sagte Sandro, der sich zu ihnen auf die Stufen der Loggia gesellt hatte. Nicholas kraulte Fratello hinter den Ohren. Seit Sulien ihm von den Stravaganti erzählt hatte, verbrachte Sandro immer mehr Zeit mit ihnen. Sie wussten bereits, dass er ihr Geheimnis kannte und dass Bruder Sulien ihm vertraute.
»Ich muss lange vor Schluss gehen«, sagte Georgia bedauernd. Am nächsten Tag war Schule und sie konnte es nicht riskieren, zu verschlafen. Und im Gegensatz zu den Jungen hatte sie noch einen langen Flug vor sich, bevor sie zurückreisen konnte.
»Ich erzähle dir morgen alle Einzelheiten«, versprach Lucien und sah sie mit einem seiner herzzerreißenden Lächeln an.
»Ich auch«, sagte Sandro. »Ich zähl dir die Speisenfolge auf. Enrico wird darüber Bescheid wissen, auch wenn er nicht bedeutend genug ist, um bei den Herzögen und Prinzen zu sitzen.«
»Und auch nicht sauber genug«, ergänzte Lucien. »Wenn er eingeladen worden wäre, hätten sie den Brunnen mit allen Düften aus Suliens Farmacia füllen müssen.«
Es war ihm unrecht, dass Sandro immer noch für den Aal arbeitete, auch wenn Sulien dem Jungen geraten hatte, die Verbindung zu den Chimici nicht abzubrechen. Lucien wusste, wozu Enrico fähig war, Mord inbegriffen, und es gefiel ihm gar nicht, dass Sandro irgendwann als Spitzel für beide Seiten beschuldigt werden könnte.
Georgia verließ den Platz, als die Kerzen in den silbernen Kandelabern der Chimici und in den Laternen, die von der Markise hingen, entzündet wurden. Sky und Nicholas blieben lange genug, um noch mitzubekommen, wie ein riesiges Machwerk aufgetragen wurde, das aus gesponnenem Zucker bestand und die Form einer übergroßen Parfümflasche hatte, die von Lilien umrankt war. Dann musste Sky Nicholas praktisch nach Santa-Maria-im-Weingarten zurückzerren.
Lucien blieb mit Sandro auf dem Platz sitzen, der sich allmählich verdunkelte. Die geladenen Gäste knabberten versilberte Mandeln und Feigen und lauschten der Kapelle von Musikern, die auf dem Balkon des Palazzo spielten. Als die Musik aufhörte, begannen die Reden, und Lucien stellte fest, dass er wohl eingenickt war, denn Sandro rüttelte ihn wach.
»Der Herzog macht ’ne große Ankündigung«, sagte er.
Sie standen auf und schlenderten auf die Bankett-Tribüne zu, die inzwischen im Dunkel wie eine Insel aus Kerzen und Blumen aussah. Herzog Niccolò, prächtig gekleidet in einen roten Wams mit Pelzbesatz, stand auf und erhob einen silbernen Kelch voller Rotwein.
»Mein Bruder, Seine Heiligkeit, Papst Lenient der Sechste, der anwesend ist, um morgen in der Kathedrale die Trauung von acht unserer engsten Familienmitglieder zu zelebrieren, hat mich mit einem neuen Titel beehrt.«
Der Papst erhob sich gleichfalls. Er schwankte schon deutlich, so viel Wein hatte er getrunken. Er nahm die neue Krone von einem Pagen entgegen, der sie auf einem violettfarbenen Samtkissen auf die Tribüne gebracht hatte.
»Kraft meiner Macht, die mir als Bischoff von Remora und Papst der Kirche von Talia übertragen wurde«, sagte er, »erkläre ich
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