Stadt der Blumen strava3
Turnhalle war, wartete Sky ziemlich lange, bevor er zum Essen ging. Er wusste, dass Alice immer mit Georgia zu Tisch ging und dass sich Nicholas ihnen meistens anschloss. Sky zögerte seine Ankunft in der Schulkantine so heraus, dass er ungefähr an dritter Stelle hinter den beiden Mädchen eintrat und sehen konnte, wo sie Platz nahmen. Von Nicholas war noch nichts zu sehen, aber er nahm an, dass sie einen Tisch wählen würden, an dem mindestens drei sitzen konnten. Und er hatte Glück. Als sich Georgia und Alice an einem leeren Tisch für vier niederließen, lief er schnell hin und fragte, ob er sich zu ihnen setzen dürfe. Es entging ihm nicht, dass Alice rot wurde, sobald er sich näherte, aber er verfolgte heute einen anderen Zweck: Er wollte mit Georgia reden. Und er musste sie allein sprechen.
Georgia betrachtete ihn feindselig; auch sie hatte wohl gemerkt, dass Alice rot geworden war. Sie war zwar nicht gerade unhöflich – aber sie schien keineswegs auf ein belangloses Gespräch erpicht.
Verlegen erhob sich Alice. »Ich wollte noch etwas Obst holen«, sagte sie und entfloh an die Essenstheke. Das war Skys Chance, aber er hatte keine Ahnung, wie er anfangen sollte. Sollte er sagen: »Ich weiß, dass du ein Stravagante bist. Ich bin auch einer«? Das kam ihm in der normalen Umgebung der Schulkantine, wo die anderen Fritten kauten und Cola tranken, irgendwie absurd vor. Während er noch zögerte, kam Nicholas Herzog dazu. »Wer ist dein Freund?«, wollte Nicholas von Georgia wissen. »Sky Meadows«, antwortete Georgia knapp. »Sky? Das ist aber ein ungewöhnlicher Name, oder?«, meinte Nicholas.
Das gab Sky die Gelegenheit, sich einzumischen. »Fast so ungewöhnlich wie Falco«, sagte er ruhig. Die Wirkung dieser Worte hätte nicht extremer sein können
– sie glich einem elektrischen Schlag. Georgias Gabel fiel klappernd auf ihren Teller und Nicholas ließ sein Glas fallen, so, dass Orangensaft über den Tisch schwappte. Als Alice mit einem Apfel zurückkam, wischten die anderen den verschütteten Saft mit Papierservietten auf. Alice hatte den Eindruck, dass es einen Streit gegeben hatte, und seufzte. Sie konnte Sky wirklich gut leiden … aber sie waren beide so schüchtern und heute hatte er sich zum ersten Mal herangetraut.
Sie hatte ihn und Georgia absichtlich allein gelassen, damit sie ein Gespräch anfingen. Alice würde nie an Sky herankommen, solange Georgia ihn nicht akzeptierte. Aber wie es schien, hatte sie die falsche Entscheidung getroffen.
»Was um Himmels willen hast du zu ihm gesagt?«, flüsterte sie Georgia zu.
»Nichts«, sagte Georgia mit bleichem Gesicht. Sie hatte nicht erwartet, Falcos Namen jemals wieder von einem Außenstehenden zu hören. Jetzt konnte sie nur noch daran denken, wie sie die liebe, nette Alice loswerden konnte, um herauszufinden, was Sky wusste.
Im herzoglichen Palast von Bellezza war ein viel besseres Festessen verzehrt worden als Fritten und Cola. Es war der Karnevalstag und die Gäste trugen ausnahmslos ihre beste Garderobe. Selbst draußen auf dem Platz wischten sich die Feiernden, die ihr eigenes Mahl eingenommen hatten, die Krumen und Weinspritzer von den herrlichen, mit Spitzen verzierten Kleidern, den Samtumhängen und den seidenunterlegten Westen. Beide Gesellschaften – die drinnen und die drau
ßen – trugen Masken, die Männer wie auch die Frauen, und an diesem letzten Abend der einwöchigen Feierlichkeiten begannen die Menschen jegliche Zurückhaltung fahren zu lassen.
Drinnen im Palazzo bereiteten sich die Duchessa und ihr Hofstaat auf den Ball vor. Die Duchessa selbst, die erst siebzehn war, trug elfenbeinfarbene Seide. Ihre Maske aus weißen Pfauenfedern nahm das Muster auf Rock und Mieder wieder auf. Jedes Pfauenauge war mit Silber umrandet und mit Diamanten bestickt.
Die Duchessa eröffnete den Tanz mit Senator Rodolfo, ihrem Vater, der wie üblich in schwarzen Samt gekleidet war. Seine schwarze Maske hatte die Form eines Habichtkopfes mit Schnabel und bestand aus blauen und schwarzen Federn.
»Du siehst heute Abend ausgesprochen hübsch aus, meine Liebe«, sagte Rodolfo und führte seine Tochter gekonnt über den Tanzboden, der sich zusehends mit umherwirbelnden Paaren füllte.
»Danke«, sagte sie und lächelte. Arianna tanzte sehr gerne – genauso, wie sie es liebte, zu rennen, zu lachen, zu schwimmen oder eine Mandola, einen der typischen bellezanischen Kähne, durch die Kanäle der Stadt zu steuern. All das gehörte jedoch eher
Weitere Kostenlose Bücher