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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Bassin im Sterben. Seine Brust hob und senkte sich ganz schwach, doch von dieser kaum merklichen Bewegung abgesehen, hätte er genauso gut bereits tot sein können. Wenn er ein normaler Mensch gewesen wäre, hätte er diese Prügelorgie unmöglich überlebt. Manchmal bedeutete sehr gutes Heilfleisch auch sehr großes Leiden.
    Jemand legte mir eine Hand auf die Schulter. Ich blickte mich um und sah in Doolittles freundliches Gesicht.
    »Komm«, sagte er leise und zog mich hoch. »Steh auf. Lass uns einen Tee trinken.«

Kapitel 13
    W ir befanden uns in einer kleinen Küche. Doolittle nahm eine Eiswürfelschale aus dem Gefrierfach, knete te sie mit seinen Händen durch und ließ ein paar Würfel klirrend in ein Glas fallen. Dann goss er aus einem Krug Eistee darüber und stellte mir das Glas hin.
    »Tee hilft immer«, sagte er.
    Ich trank aus Respekt vor ihm. Es war entsetzlich süß, erinnerte eher an Sirup. Ich zerbiss einen Eiswürfel.
    »Wieso heilen seine Verletzungen nicht?«, fragte ich, meine Stimme klang vollkommen ausdruckslos.
    Doolittle saß mir gegenüber. Er hatte eine vornehme Art, die einem sofort jede Befangenheit nahm. Normalerweise ging es mir gleich besser, wenn ich mich in der Gegenwart des Rudelarztes befand. Doch heute war dem nicht so. Ich suchte in seinem Blick nach einer Versicherung, dass Derek es überleben würde, aber seine Augen boten mir keinen Trost: Sie blickten dunkel und traurig und versprühten nichts von der guten Laune, die ich sonst von ihm gewohnt war. Heute wirkte er einfach nur erschöpft – ein alter, schwarzer Mann, der sich über sein Glas Eistee beugte.
    »Der Lyc-V kann Wunder bewirken«, sagte Doolittle, »aber er hat auch seine Grenzen. Die grauen Verfärbungen zeigen Stellen, an denen der Virus in großer Zahl abgestorben ist. Es ist nicht mehr genug Lyc-V in seinem Gewebe übrig, um seine Wunden zu heilen. Der Rest hält ihn gerade so am Leben – wie lange noch, weiß kein Mensch.« Er sah in sein Glas. »Sie haben ihn sehr schlimm zusammengeschlagen. Seine Knochen sind an so vielen Stellen gebrochen, dass ich sie mir gar nicht alle merken kann. Und nachdem sie ihn durch die Mangel gedreht hatten, haben sie ihn mit geschmolzenem Silber übergossen. Sie haben es ihm in die Brust gekippt.«
    Ich ballte die Fäuste.
    »Und übers Gesicht. Und dann haben sie ihn halb tot aus einem fahrenden Karren auf die Straße geworfen, vier Blocks von unserer südlichen Dienststelle entfernt.«
    Doolittle griff hinter sich und reichte mir ein Geschirrtuch.
    Ich nahm es und sah ihn fragend an.
    Er schenkte mir ein leises Lächeln. »Für die Tränen«, sagte er.
    Ich berührte meine Wange, und da erst merkte ich, dass ich weinte. Ich hielt mir das Tuch ans Gesicht.
    »Weinen tut gut. Dafür muss man sich nicht schämen.«
    »Kann man ihm nicht helfen?« Meine Stimme klang wieder ganz normal. Ich konnte bloß nicht mehr aufhören zu weinen.
    Doolittle schüttelte den Kopf.
    Mein Hirn begann ganz langsam wieder zu arbeiten, wie ein altes Uhrwerk nach jahrelangem Stillstand. Die Reaper hatten Derek beim Red Roof Inn entdeckt, hatten ihn zusammengeschlagen und in der Nähe der Dienststelle des Rudels abgeladen. Jims Team hatte ihn gefunden und die Witterung zu der Stelle zurückverfolgt, an der das Massaker stattgefunden hatte.
    »Er hat sich nicht verwandelt«, sagte ich.
    Doolittle sah mich fragend an.
    »Am Tatort gab es keine Anzeichen für die Anwesenheit eines Wolfs. Literweise Blut, viel zu viel für einen Einzelnen, also muss er gegen sie gekämpft und sie verwundet haben. Aber keine Fell- oder Klauenspuren. Er hat in seiner Kämpfergestalt einen Vampir getötet. Er hätte eigentlich in dem Augenblick, da sie sich auf ihn stürzten, die Gestalt wandeln müssen, aber das hat er nicht getan. Wie ist das möglich?«
    »Wir wissen es nicht«, sagte Jim.
    Er lehnte am Türrahmen, wie ein aus Wut gewirkter dunkler Schatten. Ich hatte ihn nicht hereinkommen hören.
    »Die Regeneration und das Wandeln der Gestalt sind unauflösbar miteinander verbunden«, sagte Doolittle und trank einen Schluck Tee. »Es gibt Dinge, die getan werden können, um eine Veränderung in uns auszulösen. Wir haben sie alle ausprobiert, haben versucht, ihn aus diesem Koma herauszuholen. Doch irgendetwas blockiert ihn.«
    Sie blieben so ruhig dabei. »Wieso wundert euch das überhaupt nicht?«
    Doolittle seufzte.
    »Er ist nicht der Erste«, sagte Jim.
    Das erste Foto zeigte die Leiche eines Mannes. Sein Gesicht

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