Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
die Nummer. Es klingelte einmal, zweimal. Dann erklang Bonos Stimme: »Wie ich sehe, habt ihr meine Nachricht erhalten.«
»Ja, ich habe sie bekommen«, sagte Curran.
»Hast du das kleine Mädchen getötet, Katze? Liegt sie jetzt da irgendwo auf dem Fußboden? Schaust du sie jetzt gerade an und überlegst insgeheim, ob sie wohl gut im Bett war? Da kann ich dir weiterhelfen: Sie war süß. Ungeschickt und strohdumm, aber süß. Leider auch ein bisschen trocken, aber sie hat viel geblutet, daher war das nicht so schlimm.«
Currans Gesicht blieb ganz ruhig.
»Ist deine Freundin auch da?«, fragte Bono. Er brabbelte aufgekratzt, so als wäre er auf irgendeiner Droge. »Die große, dunkelhaarige mit den scharfen Augen? Ich hab sie gesucht, aber sie war fort, und da hab ich die Blondine genommen, die du vor ihr hattest. Ich werde sie morgen zum Mittagessen verspeisen. Bei frischem Fleisch kommt es drauf an, dass man es an einem warmen Ort aufhängt. Aber du isst dein Fleisch ja auch selbst roh, also muss ich dir derartige Feinheiten nicht erklären. Meine Kinder machen deine Süße gerade zum Filetieren fertig. Willst du sie schreien hören?«
Man hörte, wie eine Tür geöffnet wurde, und dann erklang eine Frauenstimme. »Bitte, nicht«, flehte sie panisch. »Bitte, bitte, bitt e … « Das hätte eigentlich ich sein sollen. Und jetzt konnte ich nichts dagegen unternehmen und musste es ohnmächtig mit anhören.
Currans Miene zeigte immer noch keine Regung. Er nahm sich einen Stuhl und verbog seine metallenen Beine.
Mit einem Mal würgte die Frau, und ihr Entsetzen erreichte eine neue Stufe, und sie brach in Schluchzer aus und dann in herzergreifende Schreie. Ihre Verzweiflung erfüllte den ganzen Raum. Sie hatte nun keine Hoffnung mehr. Sie wusste, dass sie sterben würde und dass es für sie kein Entkommen gab. Sie schrie sehr laut – einmal, zweimal – und verstummte.
Bonos Stimme schnauzte »Idiot!«, dann drang Arags unvergessliches unmenschliches Gewimmer durchs Telefon.
»Er hat eine Schlagader getroffen«, meldete sich Bono zurück. »Dabei ist es doch so einfach: Schneid den Bauch auf und nimm die Eingeweide raus, aber nein, er schafft es natürlich, mit einer Kralle an einer Schlagader hängen zu bleiben. Jetzt muss ich die Innereien waschen. Und anschließend bring ich ihn um.«
Das Wimmern wurde leiser, entfernte sich. »Also, sag mir«, sagte Bono, »hat sie sich auch so angehört, wenn du sie gefickt hast? Bei mir wollte sie ja nicht schreien, hat immer nur geschluchzt. Echt eine ziemliche Enttäuschung, das Mädel. Bist du noch dran, Mischling?«
»Ich bin noch dran. Und ich habe auch etwas für dich, das du dir anhören solltest. Sag hallo, Kate.«
»Hallo«, sagte ich.
In der Leitung herrschte einen Moment lang Schweigen. »Das ist sie nicht«, sagte Bono. »Die ist bei sich daheim.«
»Wie geht’s dem Hals?«, fragte ich. »Spuckst du immer noch Glassplitter?«
»Sie ist hier«, sagte Curran. »Hier bei mir. Und heute Abend, während du darauf wartest, dass dein Leichnam weich wird, denk an mich – und an sie. Und denk daran, wie sie mich anfleht, es mit ihr zu treiben.«
»Die kriege ich auch noch.« Nun klang Bonos Stimme sehr angespannt.
Curran seufzte laut. »Was ist das bloß mit dir und meinen abgelegten Weibern?«
Bono knallte den Hörer auf die Gabel. Ich machte kehrt und verließ den Raum.
Ich ging umher, bis ich den Raum fand, in dem es zwischen dem Einzelkämpfer und mir beinahe zu einem Showdown gekommen wäre. Nick war nicht mehr da. Ich hoffte, dass er so vernünftig war, das Gelände nicht zu verlassen. Curran gegenwärtig auf die Nerven zu gehen wäre reiner Selbstmord gewesen. Ich schloss die Tür hinter mir und ging ans Fenster. Es regnete. Aus dem grauen Himmel ergoss sich graues Wasser auf das graue Gras. Der Regen würde irgendwann wieder aufhören, und dann würden das Gras und die Bäume in frischem Grün erstrahlen. Seltsam, wie etwas so Farbloses und Schlichtes die ganze Welt mit neuem Leben erfüllen konnte.
In der kleinen Kommode neben dem Bett fand ich einen grauen Trainingsanzug und sonst nichts. Ich legte Slayer und die Scheide auf die schlichte blaue Bettdecke, zog mich aus und streifte den Trainingsanzug über. Dann streckte ich mich langsam und sprang mit einem imaginären Seil, bis ich mich aufgewärmte hatte. Ich ließ meinen Nacken knacken und griff den Sandsack an.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit dabei verging. Schließlich war ich nass
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