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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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geschwitzt, und als mir schon die Beine wehtaten, hörte ich irgendwann ein Pochen. Mein Hirn entschied sich, diesen Laut zu ignorieren. Ich setzte zu einem neuen Tritt an, landete ihn mit sattem Knall und wollte schon zum nächsten Tritt ausholen, als mein Hirn schließlich die Bremse zog. »Herein.«
    Curran betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und streckte mich. Er setzte sich auf einen Stuhl, die Hände auf den Knien, sah zu Boden und wartete, bis ich mit dem Stretching fertig war.
    »Er hat zurückgerufen«, sagte er schließlich.
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat eine Weile getobt. Hat geschworen, mich zu töten. Aber er wird die Festung nicht angreifen.«
    »Hattest du das von ihm erwartet?«
    »Nein. Aber ich hatte es gehofft.«
    Ich setzte mich aufs Bett. Es lief nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Bono ließ sich nicht zu einer unbedachten Tat hinreißen, zu etwas, bei dem das Rudel zahlenmäßig überlegen gewesen wäre. In diesem neuen Zeitalter entschied der Kampf zwischen Einzelnen über das Schicksal vieler.
    Bono würde Curran herausfordern. Es war unvermeidlich. Curran hatte seine Männlichkeit infrage gestellt, er hatte die Sache auf eine persönliche Ebene verlagert, und wenn diese Herausforderung kam, würde Curran sie annehmen müssen. Er war der Anführer des Rudels, das Alphamännchen, und konnte sich daher nicht den Luxus erlauben, klein beizugeben. Er würde sich nicht in seiner sicheren Festung verschanzen können, während der Upir draußen tobte und alle hinschlachtete, bei denen er davon ausging, dass ihr Tod uns Schmerz bereiten würde.
    Ich sah Curran an. »Dein e … « Ich hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort. Freundin erschien unpassend, Frau zu formell. »Diese Dame«, sagte ich schließlich. »Ist sie in Sicherheit?«
    »Ja«, sagte er. »Sie ist hier.«
    Ich nickte, und die Schreie einer anderen Frau hallten in meinem Kopf wider. Curran sah mich mit einem gepeinigtem Blick an. Er sah gealtert und erschöpft aus.
    »Es ist nicht so, dass mich das nicht berühren würde«, sagte er. Also ließen auch ihn diese Schreie nicht los.
    »Ich weiß«, sagte ich.
    »Aber ich darf mich nicht von ihm einschüchtern lassen.«
    »Ich weiß«, sagte ich noch einmal.
    »Es tut mir leid«, sagte er, und ich wusste nicht genau, was er damit meinte.
    Dann ging er.
    Ich saß dort auf dem Bett und dachte nach. Jeder hatte irgendeine Schwachstelle. Es war ein Naturgesetz, dass es für jedes Lebewesen ein Raubtier, eine Krankheit, eine Verletzlichkeit gab. Auch der Upir musste irgendeine Schwachstelle haben. Doch das stand in keinem Buch. Wenn es in einem Buch gestanden hätte, hätte der Einzelkämpfer es längst herausgefunden.
    Ich dachte über alles nach, was seit Gregs Tod geschehen war, ging die einzelnen Ereignisse sorgfältig durch, versuchte mich an jede Kleinigkeit zu erinnern. Ich dachte über Bono nach, über die Orte, die er frequentierte, die Leute, denen er womöglich begegnet war, die Dinge, die er tat.
    Der Regen prasselte. Und in den verschwitzten Klamotten wurde mir allmählich kalt.
    In dem Zimmer gab es kein Telefon. Ich stand auf, ging auf den Flur und sah in etlichen anderen Räumen nach, ehe ich in einem ein Telefon fand. Dann schloss ich die Tür hinter mir und wählte eine Nummer.
    »Hallo«, meldete sich eine Männerstimme, mit der Glätte einer Person, bei der höfliches Auftreten zur Tätigkeitsbeschreibung gehörte. »Hier ist das Büro des Volkes. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich muss mit Ghastek sprechen.«
    »Mister Ghastek ist gegenwärtig sehr beschäftig t … «
    »Stellen Sie mich durch. Sofort.«
    Es gefiel ihm nicht, was er in meinem Tonfall hörte. Es klickte, und dann war Ghastek in der Leitung, vor irgendwelchen Hintergrundgeräuschen.
    »Hallo?«
    Ich hörte Stimmen, die diskutierten. Ghastek war nicht allein.
    »Du hast es wissen müssen«, sagte ich. »Er war zwei Jahre lang dein Geselle.«
    »Ich verstehe nich t … «
    »Lass den Scheiß«, schnauzte ich.
    Meine Stimme bebte derart vor Zorn, dass er verstummte.
    »Sag es mir, Ghastek. Sag mir, was du weißt.«
    »Nein.«
    Ich schloss die Augen und bemühte mich, klar zu denken. Ich konnte dort auflaufen und alle niedermetzeln, die sich mir in den Weg stellten. Ich hatte einen immens großen Frust in mir, den ich abreagieren wollte. Und bis sie mir Einhalt gebieten würden, hätte ich längst ein Blutbad im Stall des Volks

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