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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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zu verbinden. Ich stand auf, stellte mich hinter ihn und reichte ihm die Binde über den Rücken.
    Wir arbeiteten schweigend, bis der Verband fertig war. Dann zog er sich das Hemd wieder an und schnallte den Waffengürtel um.
    »Wie lange hast du ihn schon verfolgt?«, fragte ich.
    Er sah mich nicht an. Seine Aufmerksamkeit galt einzig dem Metall auf dem Tisch. »Vier Jahre.« Er schob die Haifischzähne einen nach dem anderen in die Halterungen an seinen Armen. »Erst in Quebec, dann in Seattle, dann in Tulsa.«
    Ich berührte den Schreibtisch. »Aber nichts von alledem kann ihn töten.«
    Er schob sich das Kurzschwert in den Gürtel. Es war ihm egal. Er würde es dennoch versuchen.
    »Woher wusstest du, dass der Upir den jungen Mann angreifen würde?«
    »Der Junge ist an dich gebunden. Er ist ein naheliegendes Ziel.«
    »Ich bin ein besseres Ziel.«
    »Nein. Dich will er lebend. Er will sich mit dir fortpflanzen.« Er kam zu mir und berührte mich am Arm. Ein helles Leuchten tauchte an seinen Fingerspitzen auf und verschwand gleich wieder. »Macht«, sagte er. »Macht zieht ihn an wie eine Lampe die Motten.«
    Er brauchte keine Macht-Demonstrationen. Er erspürte das mit einer Berührung. Ich versuchte mich zu erinnern, ob er mich damals vor Teds Büro berührt hatte. Wir waren aneinander vorbeigestreift.
    »Du hattest die Verantwortung für den Jungen«, sagte er. »Und du hast zugelassen, dass er geraubt wurde.«
    Da hatte er recht. »Wenn das ein Mann sagt, der zugelassen hat, dass das Rudel ihn festnimmt und an ein Bett schnallt, dann hat das nicht allzu viel Gewicht. Ich sag dir was: Bring mir den Kopf des Upir, dann darfst du dir ein Urteil über mich erlauben.«
    Er starrte mich einen Moment lang mit ausdruckslosem Blick an und sagte dann mit seiner Reibeisenstimme: »Also gut.«
    Wir zogen gleichzeitig, und ich blickte in den Lauf seiner Sig-Sauer, während Slayers Spitze gegen seine Drosselvene drückte. Ich wusste nicht, woher ich gewusst hatte, dass er ziehen würde.
    Die Tür öffnete sich langsam. Jemand betrat das Zimmer und hielt inne. Keiner von uns beiden war bereit, den Blick abzuwenden. Es dauerte eine ganze Weile, dann ging der Neuankömmling wieder hinaus. Die Tür schloss sich. Dann durchbrach ein lautes Klopfen die Stille.
    Ich sagte zu Nick: »Wenn du was tun willst, dann tu es jetzt, damit ich dir die Kehle aufschlitzen kann und wir es hinter uns haben.«
    Er ließ die Waffe sinken, sicherte sie und schob sie in sein Holster. »Nicht jetzt«, sagte er. Ich steckte Slayer weg.
    Es klopfte erneut. »Herein«, sagte ich.
    Die Tür ging auf, und herein kam ein weiblicher Gestaltwandler und wandte sich an mich. »Curran will dich sprechen«, sagte sie.
    Die Frau führte mich in den Raum des Rudelrats hinter dem großen Saal. Dort lag ein totes Mädchen auf dem Boden. Sie lag auf der Seite, die Beine gespreizt, die Arme vor sich ausgestreckt. Ihr zerfetztes T-Shirt war feucht. Ein kleines Herzchen an einer langen Goldkette, ein Schmuckstück, wie ein junges Mädchen es sich kaufen mochte, hing aus dem zerfetzten Gewebe und auf den Boden. Lange Kratzer überzogen die Dielen ringsum. Sie musste die Gestalt gewandelt haben, ehe sie gestorben war.
    Ihr Kopf war in einem widernatürlichen Winkel verdreht, tote blaue Augen starrten an die Decke. Sie sah jung aus, beängstigend jung, höchstens vierzehn. Jemand hatte ihr das Genick gebrochen, schnell und geschickt, mit einem einzigen Ruck.
    Curran betrachtete den Leichnam aus der Dunkelheit. Mahon saß an der Wand und rieb sich die Stirn. Er hielt einen Zettel in der Hand.
    »Der Upir hat eine Telefonnummer mitgeschickt«, sagte Curran.
    Mahon hielt sich beide Hände vors Gesicht. Vor meinem geistigen Auge lief eine Szene ab: Das Mädchen stürzte sich auf ihn, in ihren blauen Augen leuchtete der Wahnsinn des sie lenkenden Upirs, und sie verwandelte sich mitten im Sprung in eine fauchende Bestie; Mahon trat vor, packte sie mit seinen mächtigen Armen, brach ihr instinktiv die Knochen, ehe sein Verstand schalten konnte; das Mädchen wandelte wieder die Gestalt und sank zu Bode n … Ich fragte nicht, wo an ihrem Körper sie diesen Zettel gefunden hatten.
    »Wirst du ihn anrufen?«, fragte ich.
    »Ja«, erwiderte Curran. »Anregungen? Ratschläge?«
    »Er verliert leicht die Contenance, wenn die Dinge seiner Kontrolle entgleiten«, sagte ich. »Und er denkt mit dem Schwanz.« Das war nicht gerade viel.
    Curran aktivierte die Freisprechanlage und wählte

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