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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Es war von einer fast drei Meter hohen Betonmauer umgeben, und nur die oberen Geschosse waren zu sehen. Ich schaute mich um. Überwuchert und ungepflegt, zeigte die Lichtung doch Anzeichen ehemaliger landschaftsgärtnerischer Pflege, und ein Asphaltstreifen führte, von Unkraut halb überwuchert, zu einer Lücke in der Mauer, wo ein massives Metalltor einen Spaltbreit offen stand und einen Blick in den Innenhof gestattete. Der Luchs nahm diesen Weg und verschwand durch das Tor.
    Das Gebäude kam mir irgendwie bekannt vor. Es war ganz schlicht, nur ein Kasten mit vier oder fünf Geschossen und schmalen, vergitterten Fenstern, doch bei dem Anblick wurde mir mit einem Mal angst und bange.
    Curran kam angelaufen. Auf seinem Gesicht zeigte sich kein Schweiß.
    »Red Point«, sagte er mit grimmiger Miene und blieb neben mir stehen. »Was sonst.«
    Nick sah mich an.
    »Ein Gefängnis«, erklärte ich ihm. »Die Insassen im linken Flügel beschwerten sich immer darüber, dort würden Gespenster umgehen, die sie töten wollten. Niemand hat ihnen Glauben geschenkt, bis dann einmal während einer starken Magie-Schwankung die Mauern zum Leben erwachten und die Gefangenen verschlangen.«
    »Man fand die Gefangenen teilweise eingemauert vor«, fuhr Curran mit finsterer Miene fort. »Die meisten von ihnen waren noch am Leben und brüllten wie am Spieß.«
    Ich rutschte im Sattel hin und her. Was ich für einen Trümmerhaufen links neben dem Hauptgebäude gehalten hatte, erkannte ich jetzt als verfallenen Wachturm. Wie zum Teufel waren die Bäume so schnell gewachsen? Sie sahen aus, als wären sie schon Jahrzehnte alt.
    »Und ich dachte, das Militär hätte das hier schon vor Jahren dem Erdboden gleichgemacht«, murmelte ich.
    »Nein.« Curran schüttelte den Kopf. »Sie haben es nur für unbewohnbar erklärt. Die Mauern wollten einfach nicht aufhören zu bluten. Sie werden es nicht zerstören, solange sie glauben, dass sie es irgendwann noch mal für irgendetwas gebrauchen können.«
    Ich tastete im Geiste, spürte die Macht, wich zurück. Die Magie umhüllte das ganze Gefängnis. Sie durchdrang die Wände und quoll aus dem Gebäude wie ein Krake, der auf der Suche nach Beute seine Fangarme ausstreckte. Ich tastete mich im Geiste noch einmal vor und stieß innerhalb der dicht gestaffelten Magie auf ein Gewirr nekromantisch behafteten Fäden. Irgendetwas nährte sich von der Macht dieses Gefängnisses, und es war untot und äußerst mächtig.
    »Ein Zombie?«, flüsterte ich.
    »Riecht ganz danach.« Curran verzog das Gesicht, und seine Oberlippe bebte ein wenig und entblößte seine Zähne.
    Das Metalltor stand einen Spaltbreit offen, lud uns förmlich ein. Doch ich wollte nicht hindurchgehen. Ein verrückter Gedanke kam mir in den Sinn: Ich könnte einfach wegreiten. Ich könnte mein Pferd wenden und wegreiten, ohne mich auch nur ein einziges Mal umzusehen.
    Ich muss da nicht rein .
    Ich stieg ab und machte mein Pferd an einem Baum fest. Es wäre nicht fair gewesen, den Hengst mit hineinzunehmen. Dann griff ich nach Slayer und zog das Schwert aus meiner Rückenscheide.
    »Hast du dir dabei schon mal den Ellenbogen ausgerenkt?«, fragte Curran.
    »Nein. Alles eine Frage der Übung.«
    Nick stieg ebenfalls ab und machte seinen Wallach neben meinem Pferd fest.
    Ohne auf ihn zu warten, ging ich auf das Tor zu.
    »Willst du es ganz alleine mit ihm aufnehmen?«, fragte Curran. Er klang belustigt.
    »Wenn ich noch länger abwarte, gehe ich gar nicht mehr rein«, gab ich zurück. Mir schlotterten die Knie. Und ich klapperte mit den Zähnen.
    Er packte mich und küsste mich auf den Mund. Der Kuss jagte mir eine Hitzewoge von den Lippen bis in die Zehenspitzen. Currans Augen lachten. »Viel Glück«, flüsterte er, und sein Atem war eine warme Wolke an meinem Ohr.
    Ich löste mich von ihm und wischte mir mit dem Handrücken über den Mund. »Wenn wir mit dem Upir fertig sind«, knurrte ich, »werde ich dir den Kampf liefern, den du schon lange willst.«
    »So ist es schon viel besser«, sagte Curran.
    »Wenn ihr Turteltäubchen so weit seid«, sagte Nick, »dann macht mir den Weg frei.«
    Curran wandelte seine Gestalt, und die zerplatzenden Kleider stoben um ihn herum. Ich wusste nicht, was beängstigender war: Was uns hinter diesem Tor erwartete, oder diese schreckliche Mischung aus einem Menschen und einem vorzeitlichen Löwen neben mir, aber in diesem Moment war mir das auch vollkommen egal. Ich spürte die kleine Blausäurekapsel in

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