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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Zusammenkaufens durch jemanden, für den das Wort »Sonderangebot« keinerlei Bedeutung hatte. Die Möbel, der Teppich, die Dekorationselemente – alles verschmolz miteinander zu einem unverwechselbaren Ganzen, und wenn man es betrachtete, weckte es die gleichen Gefühle wie bei der Betrachtung der Nachbildung einer afrikanischen Savanne in einem Zoo: Hier wie dort handelte es sich um ein in sich stimmiges, aber fremdartiges Habitat, in diesem Fall aus Glas, Stahl und weißen Polstern. Drei Türen führten aus diesem Raum hinaus. Die erste ins Schlafzimmer, die zweite in ein Badezimmer mit einem Doppelwaschbecken und einer großen, ebenerdigen Duschkabine und die dritte ins Labor.
    Der Fassadenzauber beeinträchtigte die Sicht von drinnen nach draußen nicht, und große Panoramafenster boten einen Ausblick auf das mitternächtliche Atlanta unter einem endlosen schwarzen Himmel. Das schwache Licht der einzelnen Feenlampe ließ das Fensterglas unsichtbar werden, und es wirkte, als wäre diese Wohnung ein Teil des Nachthimmels, in Stein und Stahl gewandet, doch von der Außenwelt nicht getrennt. Wenn ich mich ganz nah ans Fenster stellte, konnte ich mir vorstellen, dass ich hoch über der Stadt schwebt e …
    Und während ich zusah, kehrte die Technik zurück. Abertausende winzige Lichter erstrahlten, glänzten auf wie Edelsteine in schwarzen Samtfalten, und die Laternen tauchten die Auffahrt unten in von Menschen gemachten Sonnenschein. Die Feenlampe erlosch mit einem Flackern, und in der Wohnung erstrahlte helles elektrisches Licht, zerstörte die Illusion und grenzte mich von der Schwärze ab. Das Glas wurde wieder undurchdringlich, und nun sperrte es mich ein. Ich fühlte mich mit einem Mal verletzlich und schaltete, bis auf eine kleine Leselampe, das Licht in der Wohnung aus.
    Ich wusch mir das Gesicht, die Hände und die Unterarme, trocknete mich mit einem flauschigen weißen Handtuch ab, das neben dem Waschbecken hing, und ließ mich dann auf der hypermodernen Couch nieder. Currans Frage ließ mich nicht los: Wieso überließ der Protektor die Ermittlungen in Gregs Fall einer hergelaufenen Söldnerin? Oberflächlich betrachtet ergab das keinen Sinn. Doch schließlich gelang es mir, von meinem eigenen Ego abzusehen. Ein Mitglied des Ordens war ums Leben gekommen, ein bekannter Mann von erheblicher Macht. Das wollten sie nicht selbst in die Hand nehmen. Dazu setzten sie einen Einzelkämpfer ein.
    Solche Einzelkämpfer nutzte der Orden wie menschliche Lanzetten: War da eine üble Eiterbeule kurz vorm Platzen? Dann lasst einen Einzelkämpfer die Sache erledigen. Sie arbeiteten ganz auf sich allein gestellt, waren überaus fähig bei dem, was sie taten, und verschwanden anschließend wieder dorthin, woher sie gekommen waren. Ted erwartete von mir, »Ermittlungen anzustellen«, und das bedeutete, ich sollte Rabatz machen und die allgemeine Aufmerksamkeit auf mich lenken, während der Einzelkämpfer heimlich, still und leise hinter der von mir geschaffenen Nebelwand zu Werke ging. Diese Erkenntnis nagte etwa zwei Sekunden lang an mir, doch letztlich bekamen dabei beide Parteien, was sie wollten: Ted einen Blitzableiter, und ich die Möglichkeit, nach Gregs Mörder zu suchen. So hatte jeder etwas davon.
    Ich schlug meinen Almanach auf und nahm den M-Scan und den zusammengefalteten Artikel heraus, den Bono mir gegeben hatte. Ich betrachtete den Scan ein letztes Mal und legte ihn dann auf den Glastisch. Dann faltete ich den Artikel auseinander und begann zu lesen. Der Besitzer dieser Wohnung würde in Bälde hier eintreffen. Er blieb nur selten länger aus als bis zwei Uhr frü h – drei Uhr früh hielt er für eine Unglücksstunde.
    Es war kurz vor zwei, als ein Taxi die Auffahrt heraufkam. Ich nahm ein Fernglas und blickte nach unten.
    Eine Tür des Taxis öffnete sich, und eine Blondine stieg aus. Sie war groß und schlank. Das kleine Schwarze, das sie trug, umschloss ihre Wespentaille und bedeckte in kunstvollen Fransen ihre Brüste, die im Verhältnis zu ihrem übrigen Körper viel zu groß erschienen. Ihr Haar, so hell, dass es geradezu weiß schimmerte, fiel ihr ohne die Andeutung einer Locke auf die Schultern.
    Ihr Gesicht war makellos: hohe Wangenknochen, eine Adlernase, große Augen und ein voller Mund. Und während sie zu dem Hochhaus schlenderte, zeigte sich in ihrer Miene ein Ausdruck, den man bei jemandem, der nicht ganz so attraktiv war, als höhnisches Grinsen bezeichnet hätte. Elegant, anmutig und sich

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