Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
bemerkte Bono.
Ich zuckte die Achseln und trank noch einen Schluck. »Warum das Bündnis mit Olathe?«
»Warum nicht? Es war ein guter Plan. Früher oder später hätten sich die Mischlinge und die Nekromanten gegenseitig bekriegt, und dann hätte Olathe den Vampirstall übernommen. Und ich hätte genug Vampirfleisch gehabt, um mich daran zu überfressen. Vampirfleisch ist das Beste, was es gibt, Kate. Es ist reif und schmackhaft wie ein guter alter Wein.«
»Du hast doch auch Gestaltwandler gefressen.«
»Ihre Magie gibt mir Kraft.« Bono verzog das Gesicht. »Aber sie schmecken absolut scheiße.«
Seine Finger berührten mein Haar. Er nahm eine Strähne und hielt sie sich unter die Nase.
»Ich wette, der ursprüngliche Plan war, Olathe einen Braten in die Röhre zu schieben.«
Er bleckte die Zähne. »Die dumme Sau war unfruchtbar – ist das zu fassen?« Er drehte sich meine Haarsträhne um die Finger und betrachtete sie im Mondschein. Ich wich ein Stück zurück, und er ließ sich die Strähne aus den Fingern ziehen und kicherte dazu. »Doch dann bin ich auf dich gestoßen, Kate. Und du bist nicht unfruchtbar.«
»Und wieso ausgerechnet ich?«
Er beugte sich näher, bis ich seinen Atem warm auf der Wange spürte. »Weil ich weiß, wer du bist. Ich bin ins Gebirge gestiegen und habe das Grab des verwesenden Scheißkerls beschnuppert, den du als deinen Vater bezeichnest. Ich habe seinen Gestank gerochen, und daher weiß ich, dass sein Blut nicht in deinen Adern fließt. Und ich weiß auch, wessen Blut es stattdessen ist. All diese Macht in so ein süßes kleines Paket verpackt. Wusstest du, dass dein wahrer Vater schon vor Tausenden von Jahren Jagd auf die meinen gemacht hat? Dein kümmerlicher kleiner Geist wird nie fassen können, was für einen Hass ich für ihn empfinde. Du wirst mir einen Sohn schenken, Kate. Und dann wird die ganze Magie deiner Blutlinie auf mich übergehen.«
Er lachte leise, und ich musste an mich halten, um nicht loszuschreien. »Warum hast du Greg getötet?«
»Er war mir zu nahe gekommen. Olathes kleine List vermochte ihn nicht zu täuschen. Mir war klar, dass ich ihn früher oder später umlegen musste. Ich musste es bloß so hinbekommen, dass du anschließend dein kleines, mit Wehren gesichertes Haus verlassen und nach dem Mörder suchen würdest.«
»Du wolltest, dass ich Olathe gegenübertrete. Du wolltest wissen, ob mein Blut stärker wäre als ihrs.«
»Ja. Und du hast sehr lange gebraucht, bis du drauf gekommen bist. Dabei habe ich dir buchstäblich alles vorgekaut. Du hättest weiter nichts tun müssen, als der deutlich sichtbaren Spur zu folgen, aber du bist lieber ziellos hin und her gewandert. Ein Affe hätte das schneller herausgekriegt. Aber die Affen und ihr seid ja auch nur einen winzigen Schritt auseinander.«
Er leckte meine Wange. »Die Magie ist heute hoch im Schwange, und ich bekomme allmählich Hunger. Bei mir daheim wartet eine frische Leiche auf mich. Und viele weitere werden ihr nachfolgen. Es gibt viele Nekromanten beim Volk, die lieber mir dienen würden als diesem Dummkopf auf dem goldenen Thron. Bringen wir’s hinter uns, hm, was meinst du?«
Ich sagte nichts.
»Keine cleveren Bemerkungen? Hast du etwa Angst, Kate?« Seine Stimme war nun nur noch ein Flüstern, aber die Worte, die er sprach, donnerten vor Macht. »Estene aleera hesaad de viren aneda.« Und nun bist du auf ewig mein .
Oh Gott. Für ihn waren die Macht-Worte eine ganze Sprache. Die Kraft dieser uralten Magie packte mich, zermalmte meinen Geist. Ein Strudel aus Licht wirbelte um mich herum, trug mich in unbekannte Tiefen davon. Ich biss mir auf die Zunge und schmeckte mein Blut. Zorn und Trotz stiegen in mir empor und meldeten sich zu Wort. Von dem Licht geblendet, hörte ich mich ein einziges Wort sprechen.
» Dair .«
Gib frei .
Das grelle Licht verschwand, und ich erblickte Bono, der mir in die Augen starrte. Ungewohnte, lang vergessene Worte drangen mir ins Bewusstsein, doch ihre Bedeutung war mir aus irgendeinem Grunde ganz klar. » Ar ner tervan estene.« Ich töte dich zuerst .
Ich schlug die Flasche gegen die Treppe. Das Glas zerbrach, und Scherben flogen über den Beton. Dann rammte ich ihm den rasiermesserscharfen Rand der oberen Flaschenhälfte in die Kehle. Blut besprühte mich.
» Ud.« Stirb .
Der Boden erbebte unter der Macht, die ich in dieses Wort legte. Der Upir stürzte hin, Blut strömte ihm aus der Kehle. Ich hechtete zur Tür und sprang hindurch.
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