Stadt der Fremden
hoffnungsfroh und deprimiert zugleich. Sprache besaß nicht die Fähigkeit, die Ungewissheiten der andernorts üblichen Monster und Götter auszudrücken, und ich war schlagartig überzeugt, dass diese Versammlungen die ariekenischen Cargo-Kulte waren. War ich bei einem Geistertanz? Bren und YlSib förderten das an den Haaren Herbeigezogene, das Tausendjährige und Verzweifelte.
Ich beobachtete, wie Spanischer Tänzer sich bemühte, mich auszudrücken, mir Bedeutungen zu verleihen, die ich niemals zuvor gehabt hatte. Er versuchte, Similes in neue Formen zu pressen. Wir sind wie das Mädchen, dem in der Dunkelheit wehgetan wurde und das aß, was ihm gegeben wurde, weil wir … weil wir wie es sind … uns wurde wehgetan … Er umkreiste mich und starrte mich an, er suchte nach Möglichkeiten zu sagen, dass er wie ich war.
»Warum wird MagDas Plan nicht aufgehen?«, fragte ich. »Ich weiß, ich weiß, aber … Erklär mir nur noch einmal, warum wir nicht einfach weitermachen können, bis das Schiff kommt.«
Bren, Sib und Yl schauten sich gegenseitig an, um auszumachen, wer darauf antworten sollte.
»Du hast gesehen, wie EzCal handeln.« Es war Sib. »Du glaubst, es sei sicher für uns, in gleicher Weise fortzufahren?«
»Und, neben allem anderen …«, begann Bren, der – wenn ich ehrlich bin – enttäuscht klang. »Selbst wenn es funktionierte … Du hast doch gesehen, was mit den Ariekei geschah, als EzRa aufhörten,ohne ihre … Dosis. Was wird hier also passieren, wenn unser Entsatz eintrifft? Wenn wir abreisen?« Er wies auf Spanischer Tänzer. »Was wird dann aus ihnen?«
21
Ein weiterer Flieger von uns verschwand. Auf EzCals Anweisungen hin hatte er die Farmgehöfte nahe der Gastgeberstadt abgeklappert und nach dem gefragt – darauf beharrt –, was wir benötigten: Es würde nicht schwer für uns sein, die Lautsprecher abzubauen, wenn nicht weiterhin kam, was wir anforderten; und die ariekenischen Farmer wussten das. Die Kommunikas brachen ab und wurden nicht wieder aufgenommen. Wir ließen Vesp-Cams ausrücken.
Trupps unterwarfen gerade die letzten unabhängigen Zonen in abgeschiedenen Etagen der Botschaft, wo die Anführer von Hausbesetzern und ihre Gruppen das Amnestie-Angebot zurückgewiesen hatten. Ich war draußen bei einer Barrikade, einem Haufen von zerbrochenen Möbeln, häuslichem Kleinkram und unnötigen Maschinen, die hier jedoch nicht wie üblich mit Plastone koaguliert worden waren, sondern mit einem rasch aushärtenden Polymer, einem Harz, das man über alles gegossen hatte und das so hart erstarrt war wie Ziegelstein. Es war glasklar. Der Müll war sichtbar und sah aus wie Müll, der im Wasser trieb und im Nu eingefroren worden war. Wir waren nicht mehr länger im Krieg, und Maschinen schnitten gerade einen v-förmigen Grabengang durch die Barriere, einen Keil mit vollkommen flachen Oberflächen durch das harte transparente Gebilde und den Dreck innendrin. Die Ränder des Durchgangs wurden willkürlich von zerschnittenen Trümmern durchbrochen.
Ich war mit Simmon dort. Wir beobachteten die unscharfen elektrostatischen Visionen von Vesp-Cams auf seinem Handbildschirm. »Was ist das?«, fragte ich. Es war der verlorene Rabenvogel. Er wartot. Der Boden um ihn herum war verbrannt. Es gab Haufen, die womöglich menschliche Leichname waren.
Wir flogen schnell und bewaffnet über der Wildnis, über Pfade, die von Ariekei und ihren Tieren sowie Zellen angelegt worden waren, vielleicht auch von wilden Außenseiter-Menschen, von Verbannten aus Botschaftsstadt, die auf abgelegenen Farmen wohnten. Mit keinem von ihnen hatten wir Kontakt aufgenommen. Ich war verwundert über ein kurzes starkes Gefühl des Verlusts von Floaking, des Verlusts von allen Dingen. Ich versuchte mir einzureden, dass das, was ich gerade tat, ein Erbe von jenem zähen Mit-dem-Strom-Schwimmen wäre, doch davon ließ ich mich schwerlich täuschen.
Die Einzelteile des Luftschiffs waren über den Boden verstreut. Wir landeten in einem schrecklichen Nachspiel. Letztendlich gingen wir an die Arbeit. Als Erstes nahm ein Spezialist Proben von allen Dingen, die möglicherweise Bissspuren oder Brandflecken auf Leichen waren. Sie lagen überall.
»O Gott!«, rief unser Ermittlungsbeamter. Dort war Lo von Botschafter LoGan. Seine Brust war ausgehöhlt und ausgebrannt. »Das ist keine Absturzverletzung. Das ist keine Absturzverletzung.«
Wesir Jaques war auch da, und die Ränder seiner Wunde – sein fehlender Arm – waren weder
Weitere Kostenlose Bücher