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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Entscheidungen zu treffen, irgendwelches Immerzeug und die Nebenwerte zu beurteilen, die den Entfernungen und Bedingungen ungefähr entsprechen – und das alles, ohne durch die Stets-Krankheit gelähmt zu werden. Das allein ist schon einiges. Es ist nicht nur so, dass – wie einige sagen (und andere bestreiten) – unsere Vorstellungskraft in gewisser Hinsicht beschränkt ist und das Immer uns nicht so sehr zum Narren halten kann, dass wir nicht mehr zweckmäßig denken und handeln können. Wir haben seine Launen gelernt, um es zu durchreisen, doch Wissen kann immer gelernt werden.
    Während sie sich noch im Manchmal aufhalten, sind Schiffe – ich meine die von Terre-Wesen, denn ich bin niemals auf irgendeinem Fahrzeug von Außerirdischen gewesen, die das Immer meiden, und ich weiß nichts über die Art und Weise, wie sich diese Gefährte bewegen – schwere Kästen voller Leute und Zeug. Tauchen wir in das Immer ein, wo die Übersetzungen ihrer plumpen Linien einen Zweck haben, so werden sie zu Gestalten, von denen wir einen Teil darstellen, jeder von uns eine Funktion. Ja, wir sind eine Mannschaft, die zusammenarbeitet wie jede andere Mannschaft, doch es geht darüber hinaus …
    Die Maschinen bringen uns aus dem Gelegentlich heraus, doch es sind auch wir, die das vollbringen. Wir sind es, die das Schiff antreiben, genauso, wie es uns zieht. Wir sind es, die durch den Urweltraum kreuzen und einrollen, und die Wechsel in ihm nennen wir Gezeiten. Zivilpersonen können das nicht, auch nicht jene von ihnen, die wach sind und sich weder übergeben noch weinen. Tatsache ist, dass eine Menge von dem Quatsch stimmt, den wir euch über das Immer erzählen. Dennoch spielen wir mit euch, wenn wir euch sagen: Die Geschichte dramatisiert, selbst ohne Lügen.
    »Dies ist das dritte Universum«, erklärte ich Scile. »Es hat zwei andere vor diesem gegeben. Richtig?« Mir war nicht bekannt, wie viel Zivilisten darüber wussten. Dieses Zeug war Teil meines Alltagswissens geworden. »Jedes von ihnen war unterschiedlich. Es hatte seine eigenen Gesetze – man schätzt, dass im ersten das Licht ungefähr zweimal so schnell war, wie es hier jetzt ist. Jedes wurde geboren und wuchs und alterte und brach in sich zusammen. Drei verschiedene Gelegentlichs. Doch unter all dem, oder um all dem herum oder wie auch immer, hat es immer nur ein Immer gegeben, nur ein Stets.«
    Er wusste all das, wie sich herausstellte. Aber diese alltäglichen Fakten von einer Immer-Eintaucherin gesagt zu bekommen, ließ sie zu etwas Neuem werden, und er hörte wie ein kleiner Junge zu.
    Wir waren in einem schlechten Hotel in einem der Außenbezirke von Pellucias, einer kleinen Stadt, die bei Touristen beliebt ist aufgrund der prachtvollen Magmafälle, die von ihr überspannt werden. Sie ist die Hauptstadt eines kleinen Landes auf einem Planeten, an dessen Namen ich mich nicht erinnere. Im Alltag befindet sich der Planet nicht in unserer Galaxie, er ist irgendwo Licht-Äonen entfernt; doch er und Dagostin sind enge Nachbarn über das Immer.
    Zu jener Zeit war ich bereits erfahren genug. Ich hatte viele Orte aufgesucht. Als ich Scile traf, war ich zwischen zwei Aufträgen und verbrachte ein paar Wochen auf selbst bewilligtem Landurlaub, bevor ich zu einem weiteren Job aufbrechen würde. Ich fing Gerüchte auf: über neue Immer-Technologien, Entdeckungsfahrten, dubiose Missionen. Die Hotelbar war voller Immer-Eintaucher und andererHafenbesucher. Es gab Reisende, die sich erholten, und diesmal auch Akademiker. Ich war ziemlich vertraut mit allen – bis auf die zuletzt genannten Typen. In der Lobby lief eine Werbung für einen Kurs in Die heilende Kraft von Geschichte , über den ich derbe Geräusche machte. Ein Trid aus sich drehenden und verändernden Wörtern schwebte durch den Korridor und hieß Gäste der Eröffnungskonferenz des Ausschusses für Gold- und Silberkreisläufe willkommen, ebenso die Gäste einer Versammlung von Shur’asi-Philosophbürokraten und die der KMAL , der Konferenz von menschlichen und außerirdischen Linguisten.
    Mit einem Haufen von kurzzeitigen Zwischenstopp-Freunden, die jetzt alle nur völlig verschwommene Erinnerungen sind, saß ich betrunken in der Bar. Wir verhielten uns unausstehlich. Nachdem ich mit einem Barkeeper halbherzig geflirtet hatte, wandte ich mich einem Tisch mit Gelehrten der KMAL zu, die nicht weniger betrunken und ausgelassen waren als wir. Ich wollte sie verspotten. Wir hatten sie belauscht und erzählten

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