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Stadt der Liebe

Stadt der Liebe

Titel: Stadt der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tessins wieder in seine Lungen ziehen. Und der Holunder würde blühen, und die alte Antonia würde ihm aus ihrer Posthalterei entgegenlaufen, die Augen aufreißen: »Giacomo ist zurück! Giacomo Minoletti! Kommt alle her. Seht doch, Giacomo! Ein Signore ist er geworden.«
    Ein Herr! – Jawohl.
    Gordevio. Was wußten sie dort schon von ›Quattroteste‹, dem Mörder?
    Beim Satan! Wann endlich hielt diese Teufelskutsche?
    So, als habe Gott oder der Satan seinen Wunsch erhört, riß der Kutscher an den Zügeln und ließ die Bremse quietschen.
    »Wir sind da, Quattroteste«, sagte der Mann neben ihm.
    Quattroteste nickte und beugte sich nach vorne, um den Kutschenschlag zu öffnen.
    »Moment«, sagte die Stimme. Eher heiter, ja beinahe eine Spur zu amüsiert klang sie, in jedem Fall nicht der Situation angemessen. »Du sagtest, du nimmst den Dolch?«
    »Wie immer, Euer Ehren. Meinen Dolch. Auf ihn kann ich mich verlassen.«
    »Schön und gut, Quattroteste. Wer würde es bestreiten. Doch dieses Mal habe ich eine andere Waffe.«
    »Und welche?«
    »Hier.«
    Quattroteste fühlte, wie ihm ein langer, spitzer, harter Gegenstand in die Hand geschoben wurde. Ein Stilett, dachte er. Ein Kreuzstilett.
    »Zieh es nicht aus der Scheide, Quattroteste. Prüfe auch nicht seine Schärfe. Es ist scharf. Verlaß dich drauf. – Halt es erst kurz vor dem Stich bereit.«
    »Und warum?« Eigentlich war die Frage überflüssig. Er wußte ja bereits die Antwort.
    Da kam sie auch.
    »Es ist vergiftet.«
    »Nicht übel, Herr.«
    »Wir wollen doch sichergehen, nicht wahr? – Und nun viel Glück, Quattroteste …«
    Leichten Schrittes, die Schultern nach vorne geschoben, eingehüllt in sein Cape aus dunklem Stoff, hastete Quattroteste zwischen den Stämmen durch den Wald.
    Der fließende Stoff ließ ihn mit den anderen Schatten verschmelzen. Die angenähte Kapuze würde er, sobald es soweit war, über den Kopf ziehen, so daß er jedem, der ihm in den Weg lief, unerkannt blieb. Die leichten Schuhe aber machten den Schritt beinahe unhörbar.
    Endlich, es war soweit.
    Quattroteste fühlte nichts als Erleichterung, mehr noch, in ihm war eine tiefe Genugtuung. Dort vorne, in dem dunklen Haus hinter den Bäumen würde nicht nur sein Opfer sterben, sondern er selbst, Quattroteste gleich mit. War die Arbeit getan, würde sich ein anderer, neuer Mensch davonmachen: Giacomo Minoletti aus Gordevio. Hier, in diesem Wald würde seine Wiedergeburt stattfinden und seine Heimkehr beginnen …
    Hinter einem dicken Buchenstamm war Quattroteste stehengeblieben. Er war nun am Rande eines großen Gartens.
    Noch wirkten in der Dämmerung alle Konturen fließend und unbestimmt, doch in dem wäßrigen, nebligen Grau war deutlich eine Geometrie kunstvoll beschnittener Taxus-Hecken zu erkennen. Sie schloß sich um einen kleinen Platz, in dessen Mitte sich ein Brunnen erhob, der aus übereinandergeordneten Schalen bestand.
    Dahinter erstreckte sich im nebligen Grau die dunkle Masse des Hauses. Er besaß zwei Flügel und eine Freitreppe zum Garten, die mit Säulen geschmückt war. Quattroteste wartete, bis sich sein Atem beruhigt hatte. Die dunklen Augen sogen alles in sich auf. Ein Bild dämmernder Stille und ländlichen Friedens war es.
    »Du mußt von rechts ins Haus. Dort reicht der Wald bis fast ans Gebäude. Im Erdgeschoß findest du drei Fenster. Das mittlere wird offenstehen. Du steigst ein und kommst auf einen Korridor. Von diesem Korridor führt eine schmale Treppe hoch ins Arbeitszimmer des Conde. Wenn du dort bist, ist alles ganz einfach. Im Arbeitszimmer gibt es nur noch eine weitere Tür. Und die geht ins Schlafzimmer …«
    Quattroteste hatte sich die leise, heisere Stimme einer der beiden Reiter ins Gedächtnis gerufen, die die Kutsche begleiteten. Sein Auftraggeber war sich für derartige Details wohl zu vornehm. Der Mann, der so zu ihm gesprochen hatte, war groß und hager. Ein Schlapphut verbarg zwar sein Gesicht, doch so, wie er alles erklärte, schien auch er ein Fachmann, denn er legte Wert auf jene Kleinigkeiten, die den Ausgang des Unternehmens bestimmen konnten. Sogar die Bügellänge des Fluchtpferdes, das er mit sich am Zügel führte, hatte er noch auf Quattrotestes Größe eingestellt. »Nachher muß alles sehr schnell gehen – du verstehst?«
    Und ob, Kamerad!
    Quattroteste dachte daran, als er sich nun durch den Wald der Stirnseite des Gebäudes näherte.
    Es war genau so, wie der mit dem Schlapphut es ihm erklärt hatte. Lautlos wie ein
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