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Stadt der Liebe

Stadt der Liebe

Titel: Stadt der Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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des Landhauses des Comte de Buron und zerschnitt die Stille der Morgendämmerung.
    Niemand hatte die schwarze, pantherhaft sich vorwärts schnellende Gestalt, die gerade zwischen den Bäumen im dichten Wald verschwand, bemerkt.
    Der Schrei, der die schlafende Dienerschaft so jäh aus den Federn riß, war kaum verklungen, als drüben, vom Parktor, das den Besitz zum Lac Supérieur abtrennte, sich Fackeln näherten.
    Emil, einer der Jäger des Comte, auch ihn hatte der Schrei geweckt, öffnete die Tür des Gesindehauses. Was war das? Die Flammen beleuchteten Uniformen. Rotes Tuch? Die Garde? Was wollten die Königsgardisten hier?
    Er hatte es noch nicht zu Ende gedacht, als das schwere, schmiedeeiserne Tor unter den Stößen eines Rammbocks aufbrach. An der Spitze seiner Offiziere und Gardisten rannte der Kommandant der Garde, der Marquis de Bréguérac auf das Haus zu.
    Nun blieb er stehen. Er hatte Emil entdeckt.
    »Kerl! Wo ist dein Herr?«
    »Ich, ich … Im Schlafzimmer sicher«, stammelte Emil.
    »Na dann – beeilt euch. Los schon!«
    Sie fanden ihn im Schlafzimmer, auf seinem Bett. Der Mund des Comte stand wie nach einer letzten, fürchterlichen Anstrengung weit offen. Über Kinn und Hals rann Blut. Blut tränkte auch die zerknüllten Leintücher, sammelte sich auf dem Teppich. Die starren Augen blickten fragend, fast erstaunt und doch im letzten Moment von Entsetzen gepackt. Die weit fortgestreckten Arme hatten wohl die Papiere noch eiligst in die offene Schublade des Tisches raffen wollen.
    »Man ist uns zuvorgekommen«, sagte der Marquis de Bréguérac und fing an, die Papiere auf dem Tisch einzusammeln. »Der Bund war schneller als wir, die wir den Befehl des Dauphins ausführen sollten. Die Arbeit dieser Leute ist verblüffend. Erst teilt man – ohne Unterschrift – die Namen der Verschwörer mit, dann bringt man sie um, kurz bevor wir erscheinen. Mir scheint, hier spielt ein großer Abenteurer ein sehr gewagtes Spiel – in seinem Vorgehen liegt Methode. Er spielt uns die Papiere in die Hand, um sich abzusichern. Morgen vielleicht wäre auch sein Name schon in die Liste aufgenommen worden, vielleicht hätte diesen sogar Buron im gleichen Augenblick eintragen wollen, als ihn der Dolchstoß traf. Ein guter Spieler, meine Herren, der den rechten Trumpf im letzten, alles entscheidenden Moment wirft.«
    Er überflog die Namen auf einem Blatt und pfiff dabei einige Male durch die Zähne.
    »Parbleu, das ist eine Ernte!« freute er sich. »Der Polizeipräfekt von Paris, der Comte de Ligny, der Kammerherr des Königs selbst und der Herzog von Choiseule. Und hier …«, er tippte mit dem Finger auf die Stelle … »hier sollte vielleicht gerade der Name des Mannes kommen, den wir hauptsächlich suchen, der Name unseres großen Gegenspielers. Buron schrieb: ›Herzog von …‹, dann kommt ein halber runder Strich – in diesem Augenblick, im letzten, traf ihn der Dolch. ›Herzog von …‹ Meine Herren, unser Feind steht nicht weit von der Krone. Der halbe runde Strich regt mich zu einem Verdacht an. Er könnte leicht zu einem ›O‹ und damit zu einem ›Orléans‹ vollendet werden. Wenn das zutrifft … mon Dieu …«
    Der Kommandant verstummte kurz und schloß dann: »Der Dauphin soll entscheiden!«
    Anschließend wurden einige Gardisten gerufen, denen gesagt wurde: »Die Leiche kommt ins Schloß des Dauphins. Dort wird auch über das Begräbnis verfügt.«
    Der Kommandant rief: »Comte de Fougère!«
    »Marquis?« Ein junger Offizier trat aus der Reihe vor.
    »Hier, ich übergebe Ihnen diese Liste. Ich selbst habe noch einen Ritt nach Neuilly vor. Ihr bringt die Liste sofort zum König und haftet mir mit Eurem Leben für sie. Nehmt eine starke Eskorte mit, es könnte sein, daß man Euch daran hindern möchte, Eure Mission zu erfüllen.«
    »Sehr wohl, Marquis.«
    »Und wir, meine Herren – auf die Pferde! Hier kamen wir zu spät. Beim Chartier möchte ich das nicht noch einmal erleben, dies um so mehr nicht, als es gilt, ihn am Leben zu erhalten und nicht zu töten. Auf die Pferde also!«
    Den lac supérieure entlang ritt die schwarze Kavalkade. Die vielen Trauerweiden in den Gärten wisperten im schwachen Morgenwind. Tautropfen glitzerten an den Blättern der Büsche und Bäume.
    Durch den Jardin d'Acclimatation jagten die Rosse, Sand und Steine hinter sich aufwirbelnd, und einer dieser Steine fiel mit hartem Laut auf eine Bank im Park, auf der Alain Chartier vom Kuß des Falters geträumt hatte. Durch
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