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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Haus eindringen. Das allein ist schon nicht leicht. Die andere Möglichkeit wäre Claire – aber das macht nun wirklich keinen Sinn.«
    An die dritte Möglichkeit mochte ich gar nicht erst denken. Aber nachdem Gedächtnisverlust und nächtliche Scherzbolde nicht mehr infrage kamen, konnte ich die Augen nicht davor verschließen, so absurd es auch klang.
    Aberglaube verschwindet nicht einfach, nur weil man genau weiß, dass er Unsinn ist. Und fortgesetzter »Unsinn« kann ganz schön beunruhigend sein. Ich bin im Grunde genommen ein Lohnschreiber, aber dabei geht es mir ganz gut. Ich war auf dem College, meine Bücher werden gerne gelesen, und ohne angeben zu wollen: Bei einem IQ-Test schnitt ich überdurchschnittlich ab. Was ich damit beweisen will? Keine Ahnung.
    Alles, was ich weiß und schon damals wusste, ist, dass ich mich an eine Möglichkeit gewöhnen musste, an die zu glauben ich zwar rundweg ablehnte, die aber deswegen noch lange nicht verschwand.
    Der erste Schritt bestand darin, meinen Computer so abzusichern, dass weder ich selbst – falls ich doch schlafwandeln sollte – noch irgendjemand anderes nachts an ihn herankonnte. Ich schloss die Tür zu meinem Arbeitszimmer ab und verstaute den Schlüssel in einer Spieldose, die bei jedem Offnen sehr laut die amerikanische Nationalhymne dudelte. Claire und ich hatten sie an einem feuchtfröhlichen Sommerabend in Austin in Texas gewonnen, wo wir Außenaufnahmen für die Serie drehten. Ich klebte die Spieldose mit starkem Klebeband auf den Kleiderschrank in unserem Schlafzimmer. Sie konnte also weder aus dem Zimmer verschwinden noch geöffnet werden, ohne dass wir beide von dem Lärm wach wurden. Es war ziemlich schwierig, das alles ohne Claires Wissen zu bewerkstelligen.
    In der folgenden Nacht schlief ich nicht besonders gut. Ich fühlte mich fast wie ein Kind vor der Bescherung: Würde der Weihnachtsmann wirklich kommen? Würde ich ihn zu Gesicht bekommen? Würde ich es wagen, mit ihm zu sprechen? Würde ich herausfinden, wer dahintersteckte?
    Der Morgen war einerseits eine Enttäuschung, steckte aber auch voller beängstigender Möglichkeiten. Ich war sicher, dass niemand während der Nacht meinen Büroschlüssel entwendet haben konnte, und holte ihn aus dem Schlafzimmer, während Claire sich im Bad Good Morning America anschaute. Als zusätzliche Maßnahme hatte ich einen dünnen Faden zur Tür zu meinem Arbeitszimmer gespannt. Auf diese Weise konnte auch niemand durch Abschrauben des Schlosses oder mit einem Zweitschlüssel – sofern ein solcher überhaupt existierte – unbemerkt in den Raum eindringen. Der Faden war unberührt.
    Ich startete den Computer, ging in mein Verzeichnis – und fand keine Datei namens »Hilfe«.
    Stattdessen existierte ein neues File namens »Hilf Clay«. Ich öffnete ihn und fand folgenden Text:
     
    Jetzt weißt du also, dass ich hier bin. Und ich weiß, dass du es weißt. Ich habe nicht die Absicht, dich aus deiner Verantwortung mir gegenüber zu entlassen, obwohl du dich ihr gerne entziehen würdest. Aber du bist nicht Gott, weißt du? Und der Teufel ganz bestimmt auch nicht. Du bist einfach ein mieser, vor dem Bildschirm kauernder Schmierfink, der Befehle von jedem annimmt, der ein paar Kröten lockermacht. Mitleid erregend!
    Mir wird schlecht bei der Vorstellung, dass mein Leben von einem Schleimer wie dir abhängt.
    Ich fürchte, ich muss das Beste daraus machen. Von jetzt an übernehme ich das Kommando, und du tust gefälligst, was ich dir sage.
    Falls nicht, wir es dir sehr Leid tun – du Schmierfink.
     
    Bob kam um kurz vor zwölf. Ich versuchte, ihm alles einigermaßen zu erklären, ohne wie ein hysterischer Irrer zu klingen. Also sagte ich, dass eine Datei, die ich schon mehrfach gelöscht hatte, immer wieder in meinem Verzeichnis auftauchte und ich es nicht verstehen könne. Er nickte weise und erzählte etwas von Hauptverzeichnissen, Pfaden und Trojanern. Das sind zumindest die Begriffe, an die ich mich erinnere. Aber wirklich im Gedächtnis geblieben ist mir eigentlich nur das scheußliche Angstgefühl, als er mir etwa zwanzig Minuten später erklärte, mit meinem System sei alles in bester Ordnung. Er sagte, das, was ich ihm beschrieben hätte, sei unmöglich und ich müsse mich getäuscht haben.
    Ich wusste zu viel (vielleicht auch zu wenig), um ihm widersprechen zu können. Seit langer Zeit schon hatte Bob mich auf die fundamentale Wahrheit eingenordet, dass Computer niemals Fehler machen; es sind immer

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