Stadt der Masken strava1
haben.«
Leonora lächelte. »Selbst ohne dich im Hintergrund kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie Arianna leichter überzeugen können.«
Im herzoglichen Palast saß Arianna auf einem kunstvoll geschnitzten, hölzernen Stuhl und überlegte, ob sie es wohl jemals wieder bequem haben würde. Susanna hatte ihr geraten, alle Zofen, die noch in Diensten standen, zu behalten. Diese hatten sich seit der vermeintlichen Ermordung ihrer Herrin große Sorgen um ihre Zukunft gemacht. Man hatte nach allen schicken lassen und nun standen sie aufgereiht da, um zu hören, was die neue Duchessa zu sagen hatte.
Arianna entdeckte eine maskierte junge Frau, die viel jünger schien als die übrigen, doch nicht viel älter als sie selbst. Sie wirkte besonders nervös und die neue Duchessa fühlte sich gleich zu ihr hingezogen.
»Wie heißt du?«, fragte sie und nickte dem Mädchen zu.
»Barbara, Euer Gnaden«, erwiderte das Mädchen mit einem Knicks.
»Ich brauche eine Kammerzofe, die mir beim Ankleiden hilft«, sagte Arianna.
»Wäre dir das recht?«
Rodolfo sah zu ihr herüber und schüttelte leicht den Kopf.
»Ich meine«, sagte Arianna bestimmter, »das ist deine neue Aufgabe.«
»Danke, Euer Gnaden«, erwiderte das Mädchen dankbar.
»Ihr anderen bleibt bis auf Weiteres in euren gewohnten Aufgabenbereichen«, fuhr Arianna fort. »Ihr könnt nun wieder gehen.«
Es war das erste Mal, dass sie einen Augenblick allein mit Rodolfo hatte, seit sie am Morgen auf die Piazza geführt worden war, und beide waren sie erschöpft.
Arianna überlegte, ob sie das Thema Vater ihm gegenüber anschneiden könnte, aber es hatte fast den Anschein, als würde Rodolfo einnicken. Doch plötzlich richtete er sich auf und rief: »Luciano!«
Beiden fiel mit einem Schlag ein, dass es schon sehr spät war.
»Ich hoffe doch, er hat sich nicht so sehr in die Festivitäten gestürzt, dass er die Zeit vergessen hat«, sagte Rodolfo. Er ging auf die Tür zu. »Ich muss dich nun kurz verlassen, meine Liebe, und in meinen Palazzo zurückkehren. Warum ruhst du nicht ein bisschen aus? Die Leute erwarten, dich später auf dem Altan zu sehen.«
Nach diesen Worten war Arianna endlich allein, die neue Duchessa ihres geliebten Bellezza. Sie nahm eine Kerze und erkundete den Palazzo. Er war seltsam ruhig und leer. Die meisten Bediensteten waren in den Küchen und bereiteten das Festmahl für die Nacht vor. Es war das erste Mal, dass sie die Gelegenheit hatte, den Palazzo allein zu durchstreifen. Die verkohlte Tür des Glassalons war versiegelt und mit einem Schauder ging sie daran vorbei.
So schritt sie im flackernden Schein der Kerze die marmornen Treppen auf und ab. Wie sehr wünschte sie, dass Lucien diesen seltsamen Abend mit ihr gemeinsam erleben könnte! Im Erdgeschoss verlor sie die Orientierung und schob aufs Geratewohl eine schwere Tür auf, um zu sehen, was für ein Zimmer dahinter lag.
Und ließ fast die Kerze fallen. Der Raum schien voll zu sein von Duchessas, alle in prachtvolle Kleider gehüllt und den Blick auf sie gerichtet.
Zitternd versuchte sie, die Kerze gerade zu halten. Dann begriff sie, dass es sich um die Galerie der Festgewänder ihrer Mutter handelte, die sie bei wichtigen Anlässen getragen hatte. Eine Vitrine nach der anderen enthielt Puppen, die Silvia nachgebildet waren, wunderschöne Seiden-, Satin- und Brokatkleider trugen und deren Gesichter hinter den juwelenbesetzten Masken versteckt waren. Arianna schüttelte sich. »Das schaffe ich nicht«, sagte sie, »ich bin noch zu jung.«
Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumfahren und dabei tropfte etwas Wachs auf ihre Hand.
»Entschuldigung, Euer Gnaden«, sagte Barbara. »Ich habe nach Euch gesucht, weil ich fragen wollte, was Ihr heute Abend tragen wollt.« Ihr Blick folgte dem Ariannas zu den prächtigen Roben der letzten Duchessa. »Sie sind herrlich, nicht wahr? Aber im Zimmer der Duchessa sind noch viel mehr, und wenn Ihr eines auswählen würdet, könnte ich es passend für Euch abstecken.«
Sie knickste und überlegte, ob sie wohl zu vorlaut gewesen war.
»Ich komme«, sagte Arianna, deren Lippen beinahe zu taub waren, um ein Wort hervorzubringen. Aber sie hatte sich entschieden. Wenn sie den Platz ihrer Mutter einnehmen musste, dann wollte sie es richtig machen.
»Was wollt Ihr damit sagen, er ist verschwunden?« Rodolfo führ sich mit den Händen verzweifelt durch sein Silberhaar. Es war eindeutig, dass Dethridge etwas mehr als angetrunken
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