Stadt der Masken strava1
1575 von Elisabeth I. zum Tode verurteilt, aber angeblich verschwand er, ehe das Todesurteil vollzogen wurde. Was geschah mit ihm? Er wurde nie wieder in England gesichtet. Eine Version lautet, dass Freunde in entscheidenden Stellungen seine Flucht auf den Kontinent arrangierten, aber er wird nie wieder in irgendeinem Dokument erwähnt. Abgesehen davon, wo hätte er hingehen sollen?
Italien war für jemand seines Rufes nicht sicher; auch dort waren zu jener Zeit Hexenverbrennungen an der Tagesordnung. Sein Verschwinden bleibt ein Rätsel, dessen Lösung möglicherweise zum Teil im Bereich des Okkulten liegt.
Das wurde ja immer spannender. Lucien konnte es kaum erwarten, Rodolfo davon zu erzählen. Die dritte Site war ziemlich amateurhaft zusammengestellt von einem gewissen Paul Evans, der für eine undurchsichtige Zeitschrift namens »Naturphilosophie« einen Artikel über William Dethridge geschrieben hatte. Unter www.paul-evans.co.uk/william-dethridqe stand nur Folgendes: Doktor Tod: Das seltsame Verschwinden des William Dethridge. Ein Artikel von Paul Evans in »Naturphilosophie«, Jahrgang 43, Heft 2, September 2001.
Zusammenfassung: Die Leute aus Dethridges Heimatdorf Barnsbury nannten ihn allgemein Doktor Tod, weil er häufiger als einmal in einer Art Trance aufgefunden wurde, aus der man ihn nicht wecken konnte. Laut Überlieferung wurde er mindestens zweimal ins Beerdigungsinstitut gebracht, wo er sich plötzlich in seinem Sarg aufsetzte. Konnte er aus diesem Grund der Hexerei angeklagt worden sein?
Der Autor beschäftigt sich mit den Beweisen für die verbreitete Annahme, dass William Dethridge mit dem Teufel im Bunde stand.
Als Lucien das las, lief es ihm kalt den Rücken hinunter. Diese Trancezustände mussten doch sicher dann aufgetreten sein, wenn er auf seinen Zeitreisen in Talia war? Es war beunruhigend, sich vorzustellen, dass er möglicherweise umgekommen war – wegen einer Sache, die Lucien selbst jetzt nächtlich praktizierte.
Giuliana war beunruhigt. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass sie etwas Gefährliches tat, als sie die Einladung in den Palazzo der Duchessa angenommen hatte. Die Arbeit war nicht schwierig gewesen, obwohl sie die Woche danach eine fürchterliche Erkältung gehabt hatte. Und das Geld konnte sie gut gebrauchen.
Sie wollte in ein paar Wochen heiraten, ihren hübschen Enrico, und jetzt würden sie sich für ihren neuen Hausstand viel mehr leisten können. Doch damit fing der Ärger an. In ihrem Stolz, mehr in die Verbindung mit einzubringen, als man von einem einfachen Bauernmädchen erwartet hätte, hatte sie nicht anders können: Sie erzählte ihm von dem Geld. Von da an ließ er sie nicht mehr in Ruhe, bis er ihr die ganze Geschichte entlockt hatte. Seine Augen leuchteten auf, als er erfuhr, dass die Duchessa bei einigen Staatsanlässen eine Vertreterin benutzte.
Zu Giuliana sagte er: »Man stelle sich das mal vor! Meine Herzallerliebste im Wasser! Und alle Menschen von Bellezza winken und klatschen meiner Giuliana zu, ohne es zu wissen!« Aber für sich dachte er, der er ja schließlich als Spitzel arbeitete, an nichts anderes als daran, wie er diese Information am meisten ausschlachten konnte. Und als typischer Talianer zog er seinen blauen Umhang enger um sich und sagte: »Und da du es warst, die in Wirklichkeit die Vermählung mit dem Meer eingegangen ist, sollst du auch den reichen Lohn einheimsen. Das Geld hier ist nur der Anfang, Giuliana. Wir werden reich!«
Das machte Giuliana jedoch eher Angst. Sie versuchte ihm zu erklären, dass sie es niemandem hätte erzählen dürfen und dass die Geschichte hiermit erledigt sei. Doch sie kannte ihren Enrico und tief im Innern wünschte sie, ihm nie ein Wort gesagt zu haben.
Rodolfo war fasziniert von den Informationen, die Lucien bei seinem nächsten Besuch mitbrachte. Lucien machte einen erneuten Ansatz, ihm das Internet zu erklären, denn Rodolfo stellte sich »das Web« wie eine Art großes Netz vor, das von Spinnen gewebt worden war. Wenn dem so gewesen wäre, hätte man sich nur zu leicht ein zwielichtiges Element im Zentrum dieses Netzes vorstellen können, jemand von den Chimici, der auf der Lauer lag, um unvorsichtigen Benutzern eine Falle zu stellen.
»Nein, so ist das überhaupt nicht«, beharrte Lucien. »Es ist ganz wertfrei. Die Leute beschweren sich sogar, dass es nicht genug kontrolliert wird. Jeder kann die albernsten Sachen darin publik machen. Tanzende Meerschweinchen, Moorhühner, was auch
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