Stadt der Masken strava1
seiner Welten sich in seiner Gesellschaft langweilte, war zumindest seine beste Freundin in der anderen Welt froh, ihn dabeizuhaben. Er lächelte über das begeisterte Gesicht, das Arianna machte. Sie verstand es auf jeden Fall, sich zu amüsieren. Er beschloss sich den Rest des Abends wie ein wahrer Bellezzaner zu benehmen und für den Augenblick zu leben.
Im Inneren der Staatsmandola war es ein wenig eng. Die Duchessa, ihr Double und eine Kammerzofe waren auf einen Raum zusammengedrängt, der eigentlich für zwei Personen bemessen war. Die zweite »Duchessa« war offensichtlich völlig aufgelöst vor Angst und hatte hinter ihrer Maske weit aufgerissene Augen. Die richtige war einfach nur gelangweilt wie so oft in letzter Zeit.
Es war schlimmer geworden seit dem Tag, an dem sie das braunhaarige Mädchen unten auf dem Platz entdeckt hatte. Eine Rastlosigkeit und Unzufriedenheit über ihr eigenes Leben hatte sich ihrer bemächtigt. Sie empfand es als Quälerei, eingepfercht mit einer Zofe und einem dummen Bauernmädchen zu sitzen, das der Täuschung nur wegen der Aussicht auf einen Beutel mit Silber zugestimmt hatte.
Ich weiß nicht, wie viele von diesen Charaden ich noch durchstehen kann, dachte die Duchessa bei sich. Aber wenigstens muss ich diesen Dummkopf von Botschafter nicht ertragen, mit seinem endlosen Gerede von Verträgen und mit seinem schrecklichen stinkenden Taschentuch. Wirklich, man sollte doch meinen, dass sich ein di Chimici ein teureres Parfüm leisten könnte, eins aus Giglia, der Stadt der kostbaren Düfte.
Kaum hatte sie dies gedacht, da stand er schon an der Öffnung der Kabine und die Duchessa musste ihre zitternde Stellvertreterin praktisch hinausschubsen.
Die Unsicherheit der jungen Frau war im flimmernden Licht der Fackeln nicht gleich zu bemerken und Rinaldo di Chimici musste sich zwingen, daran zu denken, dass diese nicht die echte Duchessa war. Langsam und vorsichtig geleitete er sie von Barke zu Barke, während die Boote leise schwankten. Es war ein Weg, der mit großer Umsicht genommen werden musste. Ein Fehltritt – und sie würden beide in dem stinkenden Wasser des Kanals landen. Di Chimici erschauerte bei dem Gedanken und drückte sein Spitzentaschentuch fest an seine Nase. Die Menschen auf beiden Seiten des Kanals jubelten und klatschten ihnen wild zu.
Sie liebten ihre Duchessa, und jedes Mal, wenn sie in der Öffentlichkeit auftrat, sah sie in den Augen ihres Volkes noch lieblicher und jünger aus. Allein ihr Anblick gab ihnen Gewissheit, dass ihre Stadt sicher und mächtig war.
Als das prachtvolle Paar die Mitte der Barkenbrücke erreichte, stieg die erste Rakete auf und explodierte genau über ihren Häuptern, wobei sie und die ganze Menge von einem Regen aus violetten und silbernen Sternen beleuchtet wurden.
Die richtige Duchessa sah durch einen Schlitz in dem Brokatvorhang zu und lächelte. Rodolfo hatte wirklich jedes Detail im Griff. Immer fand er heraus, was sie bei einem Staatsanlass tragen würde, und stimmte dann das Feuerwerk darauf ab.
Etwas abseits der Staatsmandola lächelte Lucien voller Stolz. »Das war eine von meinen!«, rief er Arianna durch den Lärm der Menge zu. Sie lächelte zurück und ihre veilchenblauen Augen leuchteten wie die Funkengarben, die über ihr zerbarsten. Sie drückte seine Hand und er erwiderte den Druck.
In diesem Moment glitt eine hoch gewachsene Gestalt durch die Menge auf die Staatsmandola zu, aber niemand schien ihr Beachtung zu schenken. Aller Augen waren auf das Paar auf der Barken-Brücke gerichtet und auf das Meer aus Licht und Farben, das ihren Weg erleuchtete.
Ein Schwarm silberner Vögel flog über den Himmel. Dann schlug ein Pfau sein prächtiges Rad aus blauen und purpurnen und grünen Schwanzfedern, bis der ganze Horizont davon erfüllt war. Ein Phoenix legte ein goldenes Ei, dann erglühte er von Gold zu Rot und verging in einem Funkenregen. Das Ei blieb am Himmel stehen, bis ihm ein neuer Phönix in neuer Pracht aus Rot und Gold entschlüpfte.
Und dann, am Höhepunkt der Vorführung, sauste ein riesiger grüner Drachen über den Himmel. Noch höher entbrannte das Bild der Maddalena vor dem Nachthimmel. Eine große, glitzernde Träne fiel aus ihrem Auge und landete auf dem Drachen, der sich in Millionen von roten und grünen Sternen auflöste. Genau in dem Moment kam der Mond hinter einer Wolke hervor und leuchtete durch das Haar der Heiligen.
Lucien dachte, sein Herz bliebe ihm stehen. Bei all der Bewegung, die
Weitere Kostenlose Bücher