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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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Droschkenführer nach dem richtigen Haus zu fragen. Gerade als das Gefährt sich anschickte wieder anzurollen, erreichte er es.
    »Möchte wissen, was einer wie du bei der will?«, kommentierte der Kutscher Aarons Frage hämisch. »Bei Mrs Friwell verkehren nur die wichtigsten Gentlemen der Stadt, die ehrbaren und die weniger ehrbaren. Einen armen Schlucker wie dich lassen sie da erst gar nicht rein. Geh lieber in die Kanalviertel, wenn du es so nötig hast, Mann.« Er vollführte mit der Hand eine obszöne Geste. »Da bekommt unsereins auch, was er will, und das für ein paar Penny.«
    »Sag mir nur, welches Haus es ist, das Weitere geht dich nichts an!«, knurrte Aaron.
    Der Kutscher ruckte mit dem Kinn in Richtung des mittleren der drei Häuser. »Aber ich kann dich nur warnen, Mann. Mit der Alten ist nicht zu spaßen. Die hat ihre Finger überall drin. Also, wenn du irgendwas vorhast, kann ich dir nur raten, lass es!«
    Aaron drehte ihm brüsk den Rücken zu. Was interessierte ihn das Geschwätz dieses Mannes. Der zuckte noch einmal mit den Schultern, schnalzte dann mit der Zunge und ließ seinen müden Gaul antraben. Vom unteren Bereich der Straße war das grelle Lachen einiger Frauen zu hören, doch hier oben war alles still. Das Haus, das der Kutscher ihm genannt hatte, wirkte fast abweisend. Von außen war jedenfalls nicht zu erahnen, was im Inneren vor sich ging. Es führte zwar eine breite Treppe hinauf zur großen fensterlosen Eingangspforte, aber alle Fensterläden auf dieser der Straße zugewandten Seite waren fest geschlossen. Anders als die meisten der Häuser in der Straße verfügte das Gebäude über einen Grünstreifen, der um das Haus herum zu einem kleinen Park führte, den es sich mit den angrenzenden Häusern der benachbarten Straße teilte. Ein Zaun, mit lanzenförmigen Messingspitzen bewehrt, umgab das Gelände. Aaron hielt inne und überlegte. Sollte er gleich versuchen, in das Haus auf heimlichem Wege einzudringen oder doch erst den offiziellen Weg wählen? Nach kurzer Überlegung entschied er sich für das Letztere, obwohl er nicht viel Hoffnung hatte, dass er Mary zu sehen bekommen würde. Einen Versuch war es jedoch wert.
    Kurz entschlossen stieg Aaron die Treppe hinauf und klopfte. Erst jetzt sah er, dass in die breite Tür eine Sichtklappe eingelassen war, die sich auf sein Klopfen hin öffnete.
    »Ich möchte zu Mary McGillan. Man sagte mir, sie sei hier zu finden.«
    Das stark geschminkte Augenpaar, das ihn aus der Klappe heraus abschätzig musterte, sah nicht eben freundlich aus.
    Leider bestätigten sich seine Zweifel umgehend. »Pack dich! Gestalten wie du kommen hier bestimmt nicht rein. Und eine Mary McGillan haben wir hier auch nicht.« Prompt wurde die Klappe wieder geschlossen. Rasch griff Aaron im letzten Moment mit der Hand hinein. »Ich weiß aber, dass sie hier ist. Ganz bestimmt! Bitte, ich muss mit ihr sprechen.«
    »Wenn du nicht gleich hier verschwindest, kannst du was erleben, Idiot. Hau ab!«
    »Aber ...«
    »Hau ab, hab ich gesagt, oder du wirst es bereuen.«
    Die Frau klemmte Aaron schmerzhaft die Finger ein. Schließlich zog er die Hand aus der Öffnung. Es hatte keinen Sinn, so kam er nicht weiter. Es blieb ihm also doch nur zu versuchen, auf anderem Wege in das Haus einzudringen und Mary auf eigene Faust zu suchen. Vielleicht hatte er ja Glück und fand sie schnell. Langsam stieg er die Treppe wieder hinunter. Er war sicher, dass das bösartige Weib hinter der Tür beobachtete, ob er auch tatsächlich verschwand. Er tat ihr den Gefallen und trollte sich die Straße hinunter. Dann wartete er einen kurzen Augenblick im Schatten des nächsten Hauses, schlich wieder zurück und kletterte ohne Mühe über den Zaun in den Garten. Die Lanzenspitzen waren mehr Schmuck als Abwehr. Vielleicht fand sich auf der Rückseite des Hauses eine Gelegenheit zum Einstieg. Zu seiner Erleichterung waren die Fenster auf der Rückseite des Gebäudes keineswegs so verbarrikadiert wie auf der Vorderseite. Vermutlich hielt man das nicht für nötig, da das schmale Grün an den Flanken des Hauses sich zu einem kleinen baumbestandenen Gelände hin öffnete, das mehr einem ungepflegten Gestrüpp als einem Garten glich. Es stand also nicht zu erwarten, dass jemand aus der Nachbarschaft zufällig beobachtete, was sich innerhalb der Zimmer abspielte, sofern er nicht an der Fassade hochkletterte. Aaron schürzte die Lippen. Konnte er es wagen? Immerhin waren die vier Geschosse des Hauses durch

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