Stadt der Schuld
Bombays ausfindig zu machen und in einer raschen Aktion auszuheben!«
»Ja und?«
»Dabei sind uns einige von den niederen Chargen ins Netz gegangen und einer davon war, wie es sich herausstellte, damit beauftragt worden, Ihrem Sohn eine fingierte Nachricht zukommen zu lassen, um ihn in die Altstadt zu locken. Dort lauerten dann die Mörder auf ihn.«
»Tatsächlich!« De Burgh fixierte ihn atemlos. »Konnte man noch mehr herausfinden?« Armindale lächelte zufrieden. Das war endlich die gespannte Erwartungshaltung, die er bei Klienten bevorzugte. In dieser Stimmungslage nahmen sie dankbar jedes Wort aus seinem Mund auf wie eine kostbare Gabe – und das war sie ja schließlich auch, wenn man bedachte, welche Gefahren er auf sich hatte nehmen müssen, um an die Informationen zu kommen. »In der Tat konnte ich noch mehr in Erfahrung bringen! Wie es sich herausstellte – und wie wir vermutet haben –, kam der Auftrag aus England. Khan soll dort einen Verwandten haben, der mit ihm zusammenarbeitet. Leider ist mir der Name dieses Menschen noch nicht bekannt, aber der Informant wusste nach deutlicher Ermunterung zu berichten, dass er sich hier in einer größeren Hafenstadt aufhält und dort wohl auch Geschäfte macht.« Er gönnte sich eine kleine Pause in seinem Bericht. »Mehr wusste der Mensch nicht und konnte sich auch nicht mehr weiter äußern, da er für seine Beteiligung an dem Verbrechen umgehend aufgeknüpft wurde. Natürlich nach einem, wenn auch ziemlich flott erfolgten, rechtmäßigen Urteil.«
De Burgh starrte ihn entgeistert an. »Und das nennen Sie einen Erfolg in den Ermittlungen? Das ist nichts, gar nichts! Wie wollen Sie diesen Mann jemals finden?« Stöhnend sank er zurück in die Kissen. »Ich dachte, Sie hätten den Beweis so gut wie in der Tasche. Aber Sie haben nichts! Wer weiß, ob Havisham, dieser gerissene Hund, wirklich dahintersteckt? Das kann genauso gut jemand anders gewesen sein. Vielleicht hatte Daniel mit jemandem Streit? Wer weiß? Immerhin hatte ich ihn bis zu seinem Tod über sechs Jahre nicht mehr gesprochen oder gesehen. Ich weiß im Grunde nichts von ihm.«
Armindale sah ihn mitleidig an. Der Mann hatte wirklich keine Ahnung von professioneller Ermittlung. »Mr de Burgh, die Frage, die wir uns immer wieder stellen müssen, ist: Wer hatte einen Vorteil vom Tod Ihres Sohnes? Natürlich könnte auch ein Racheakt dahinterstecken, aber das halte ich für eher unwahrscheinlich. Ihr Sohn war, wie mir seine Korpskameraden versicherten, ein sehr umgänglicher und freundlicher Mensch, der mit niemandem Streit suchte ...«
»Nun, mit mir hatte er jedenfalls Streit!«, murrte de Burgh.
Armindale bedachte seinen Auftraggeber mit einem kurzen spöttischen Lächeln. Der Grund für die Streitigkeiten war zweifellos die an Dummheit grenzende Starrsinnigkeit des Alten gewesen. Die würde auch den friedliebendsten Menschen das Weite suchen lassen. »Jedenfalls konnte mir niemand etwas Derartiges berichten. Ich habe das natürlich überprüft.«
De Burgh musterte ihn ungnädig. »So? Na, immerhin!«
In Armindale stieg erneut Arger auf. In schärferem Ton fuhr er fort: »Auch Eifersucht oder Ähnliches kann ausgeschlossen werden. Ihr Sohn hatte keine Liebschaften. Da war eine junge Dame, die Tochter eines Vorgesetzten, für die er sich interessierte, aber nichts Festes. Zumindest bestätigten mir das seine Offzierskollegen.«
»Hm!«, machte sein Gegenüber skeptisch.
»Vertrauen Sie mir, Sir«, versicherte Armindale bestimmt, »ich habe ein Gespür für solche Dinge. Wir sollten denjenigen ins Visier nehmen, der den meisten Nutzen vom Tode Ihres Sohnes und Erben hat. Und das ist zweifelsfrei Horace Havisham.«
»Mein sauberer Schwiegersohn hat in der Tat verstanden, seinen Nutzen aus meinem Verlust zu ziehen«, zischte de Burgh wütend, verzog dann aber plötzlich schmerzgepeinigt das Gesicht und begann heftig zu stöhnen.
»Sir, geht es Ihnen nicht gut? Soll ich Ihre Haushälterin rufen?«, fragte Armindale besorgt.
»Ja ... ja, tun Sie das!«, stieß de Burgh mühsam hervor. »Sie soll das Morphium 14 bringen. Oh Gott, sind das Schmerzen!«
Armindale sprang auf und zog an der Klingelschnur. Sekunden später eilte die Haushälterin herbei, das kleine braune Fläschchen bereits in der Hand. Mit geübtem Griff drehte sie ihren Herrn auf die Seite und entblößte dessen Rücken. Einige offene, teilweise eiternde Wunden wurden in der Nähe der Wirbelsäule sichtbar und in diese blutigen
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