Stadt der Sterne strava2
Kopfsteinpflastergassen des Widder-Bezirks, umkreiste den Campo und bog in südlicher Richtung auf die breitere Sternenstraße zum Tor des Mondes ein.
Gaetano beugte sich vor, um mit Georgia zu reden. »Wir brauchen deine Hilfe«, sagte er und kam sofort zur Sache. »Wenn mein Bruder nicht geheilt werden kann, wird man ihn in ein Kirchenamt zwingen.« Er sagte nicht, wer ihn zwingen würde, aber das lag auf der Hand.
»Und dazu hast du keine Lust?«, fragte Georgia, um Zeit zu gewinnen.
Falco sah sie nachdenklich an. »Eigentlich nicht«, sagte er langsam, »nicht wenn ich die Wahl hätte. Ich würde lieber studieren wie mein Bruder und mich mit Philosophie und Kunst und Musik beschäftigen.«
Georgia versuchte sich vorzustellen, wie es wohl an einer Universität im Talia des sechzehnten Jahrhunderts zuging. Falco hatte keinen Rollstuhl. Wenn er nicht richtig gehen konnte, musste er in die Vorlesungen getragen werden.
»Gibt es etwas, das die Stravaganti tun können, um meinem Bruder zu helfen?«, fragte Gaetano beharrlich. »Er hat die besten Ärzte Talias gehabt und sie sind am Ende ihrer Kunst. Nur jemand mit überlegenen Fähigkeiten, wie sie die Naturphilosophen kennen, könnte ihm vielleicht noch helfen.«
Georgia war ratlos. Sie war nun wirklich nichts dergleichen, doch der junge Chimici behandelte sie wie einen Gelehrten. Sie wollte wohl glauben, dass der geheimnisvolle Rodolfo eine solche Person war oder der elisabethanische Doktor oder vielleicht sogar Paolo, dem eine natürliche Autorität eigen war. Womöglich hatte sogar Lucien, der auf unerklärliche Weise in dieser Welt gelandet war, einige bemerkenswerte Fähigkeiten, von denen sie keine Ahnung hatte. Aber sie war doch nur ein schmächtiges Mädchen aus der zehnten Klasse, das nichts anderes konnte, als von einer Welt in die andere zu reisen.
Falco beobachtete sie und wandte sich abrupt an seinen Bruder: »Ich glaube nicht, dass sie etwas für mich tun kann.«
Georgia merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
»Sie?«, sagte Gaetano. »Ist dieser Stravagante eine Frau?«
Lucien kam ihr zu Hilfe. »Sie muss sich hier in Talia tarnen. Wir Stravaganti wollen keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen.«
Damit hatte er tatsächlich von Georgia abgelenkt. Beide Chimici wandten sich mit großen Augen ihm zu.
»Du bist auch ein Stravagante?«, sagte Gaetano. »Das ist es also, was du bei dem Senator lernst!«
»Bitte«, sagte Falco, »wenn du irgendwas weißt, teile es mit uns. Kann das, was die Stravaganti machen, einen Körper heilen?«
Als der Herzog den Widder verließ, wurde er von einem Mann in einem blauen Umhang beschattet. Als er den Campo delle Stelle erreichte, wandte er sich abrupt um und stand seinem Verfolger gegenüber. Doch als er sah, um wen es sich handelte, beruhigte er sich.
»Ich hoffe doch, dass du gewöhnlicherweise etwas diskreter bist«, sagte Niccolò zu Enrico. »Andernfalls ist dein Wert als Spion ziemlich begrenzt.«
»Gewiss, Euer Gnaden«, sagte Enrico unterwürfig. »Ich habe Euer Gnaden doch nicht beschattet – das würde ich mir nie herausnehmen. Ich folgte Euch nur, um Euch eine Neuigkeit zu überbringen.«
Herzog Niccolò zog eine Braue hoch. Er machte sich, was Enrico betraf, keine Illusionen; sein Neffe hatte ihm alles Nötige über den Mann berichtet.
»Die Widder-Leute haben ein Geheimnis, das sie vor Euch verbergen, Herr«, fuhr Enrico fort.
Damit war ihm die Aufmerksamkeit des Herzogs sicher. »Etwas, das ihnen beim Rennen dienlich ist?«, fragte Niccolò.
»Höchstwahrscheinlich«, erwiderte Enrico. »Das Geheimnis wird in Santa Fina verborgen. Ich bin schon auf dem Weg dorthin, um mehr herauszufinden.«
»Lass mich wissen, sobald du was herausgefunden hast«, sagte der Herzog.
»Und wenn du in Santa Fina Hilfe benötigst oder irgendwo bleiben musst, wo man dich nicht findet, dann begib dich dort in meine Sommerresidenz.« Er schrieb etwas auf ein Stückchen Papier. »Das gibst du meinem Haushofmeister.
Er wird zusehen, dass du alles bekommst, was du brauchst.«
Lucien hatte einen Entschluss gefasst. »Wenn ich euch erzähle, was mir passiert ist«, sagte er, »dann müsst ihr beide schwören es keinem weiterzusagen, vor allem nicht eurem Vater.« Es folgte ein kurzes Schweigen, währenddessen Gae
tano um seiner Familie willen mit sich kämpfte. Die beiden Brüder sahen sich an.
Beide nickten zur gleichen Zeit.
»Das schwören wir«, sagten sie. Und zur Überraschung der anderen ließ Gaetano
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