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Stadt des Schweigens

Stadt des Schweigens

Titel: Stadt des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margret Krätzig Erica Spindler
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gleich hier, im Badezimmer, und seltsamerweise war es der romantischste und aufregendste Sex, den Avery je gehabt hatte. Auf dem Höhepunkt schrie sie auf, und Hunter fing den Schrei mit einem Kuss ab.
    Schließlich trug er sie zum Bett und sie blieben, einander zugewandt, darauf liegen. Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine Brust über das wild schlagende Herz. „Es kommt gar nicht zur Ruhe.“
    Zufrieden lächelnd streckte sie sich. „Mm … gut.“
    Eine Weile sahen sie sich schweigend an, während der Herzschlag langsamer wurde und die Körper abkühlten.
    Alles an Hunter war ihr vertraut, das energische Kinn, die strahlend blauen Augen, die Art, wie ihm das dunkle Haar in die Stirn fiel.
    Zugleich war ihr alles fremd. Der Junge, den sie gekannt und gemocht hatte, war zu einem Mann geworden, den sie begehrte, aber eigentlich nicht kannte.
    „Tut mir Leid wegen heute Morgen, Avery. Ich habe mich blöd benommen. Noch so ein Problem von mir.“
    Sie fuhr ihm mit einem Finger über die Unterlippe. „Was ist in New Orleans passiert, Hunter? Warum bist du in die Heimat zurückgekommen?“
    „In die Heimat?“ wiederholte er. „Nach all den Jahren nennst du Cypress Springs noch Heimat?“
    „Du nicht?“
    Er dachte einen Moment nach. „Seit dem Tag meiner Abreise war es nicht mehr meine Heimat.“ „Aber du bist zurückgekommen.“
    „Um ein Buch zu schreiben. Das war der einzige Grund, warum ich hergekommen bin.“
    „Aber warum hier?“ Da er nicht antwortete, tat sie es nach einem Moment für ihn. „Vielleicht weil du dich hier sicher fühlst?
    Oder weil du das Gefühl hattest, sonst nirgendwohin gehen zu können? Beides könnten Definitionen von Heimat sein.”
    Er lachte zornig. „Es ist wohl eher so, dass ich an den Tatort zurückgekehrt bin. An den Ort, an dem mein Leben aus der Bahn geriet.“
    Avery stützte sich auf einem Ellbogen ab und sah ihn forschend an. „Rede mit mir. Ich möchte es verstehen.“
    Einen Moment sah es so aus, als wolle er ihr ausweichen, doch dann begann er zu erzählen. „Meine Zeit in New Orleans bei Jackson, Thompson und Witherspoon verging wie im Rausch. Ich war gut in meinem Job, zu gut vielleicht. Mein Aufstieg war rasant, und ich verdiente zu viel Geld. Ich musste nicht hart genug dafür kämpfen.“
    Klingt, als respektiere er weder seine Arbeit noch sich selbst.
    „Ich wurde der Anwalt der Wahl für die jungen Wilden von New Orleans. Nicht für die alte Garde der Macher, sondern für deren Sprösslinge. Das Leben war eine einzige Party: Drogen, Sex und Rock ‘n’ Roll.“
    Bei der Vorstellung zuckte sie zusammen. Sie war nicht naiv. Ihre Zeit im Journalismus war … erhellend gewesen. Aber sie hatte Glück gehabt – oder war stark genug gewesen -, nicht in diese spezielle Grube zu fallen.
    „Drogen waren allgegenwärtig. Wenn du mit den Reichen und Berühmten zu tun hast, ist alles verfügbar. Alles. Meine bevorzugte Droge war Alkohol, allerdings habe ich auch anderes nicht abgelehnt.“
    Er rollte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Sie merkte, wie er sich von ihr entfernte und in die Vergangenheit eintauchte. „Zuerst sahen die anderen in der Kanzlei nicht hin. Ich war ein heißer neuer Anwalt und gewann meine Fälle und neue Klienten, trotz meiner Exzesse nach Dienstschluss. Drogenmissbrauch ist unter Anwälten keine Seltenheit. Es ist sozusagen ein Nebenprodukt des Stresses im Job und der Möglichkeiten, die man hat.“
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Dann überschritt ich eine Grenze und begann auch tagsüber zu trinken. Meine Arbeit litt darunter. Ich versäumte Gerichts- und andere Termine. Die Kanzlei übernahm die Schuld. Falls bekannt geworden wäre, dass einer ihrer Juniorpartner ein Alkoholiker war, wäre der Schaden immens gewesen. Als ich betrunken zu einem Termin mit einem wichtigen Klienten erschien, hatten sie genug und feuerten mich. Natürlich sah ich das alles nicht ein. Es war deren Problem und nicht meines. Ich hatte Alkohol und Drogen im Griff. Ich war ja Gott.“
    Es tat Avery weh, das zu hören. Und es fiel ihr schwer, den Mann, den er beschrieb, mit dem Jungen in Einklang zu bringen, den sie gekannt hatte, oder mit dem Mann, der jetzt neben ihr lag.
    „Ich betrank mich nur noch. Meine Freunde kehrten mir den Rücken zu, die Frau, mit der ich zusammenlebte, verließ mich. Ich hatte keinen Halt mehr, nichts und niemanden, der mich zur Umkehr bewogen hätte.“
    Er schwieg lange, und Avery merkte, dass er sich

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