Stadt, Land, Kuss
Verbände aufzuschneiden beginnt. Ich kann nicht mehr protestieren. Ich bringe vor Schmerzen kein Wort mehr heraus.
»Ich rufe Ben an«, sagt sie. »Du bist keinem mehr eine Hilfe, wenn sich das hier entzündet. Außerdem kannst du dann bei der Hochzeit kein kurzärmeliges Kleid tragen – diese Verbrennungen geben hässliche Narben, wenn sie nicht ordentlich versorgt werden.«
»Bei der Hochzeit? Ich habe nicht vor zu heiraten.«
»Nicht du – oder gibt es da etwas, das du mir verschwiegen hast?«, erwidert Emma fröhlich. »Ich meine Izzys Hochzeit.«
»Ich wusste gar nicht, dass sie heiraten will«, sage ich, und es verletzt mich ein wenig, dass sie mir nichts davon gesagt hat.
»Frances hat mir von dem Hund erzählt, der Izzy und Chris zusammengebracht hat.«
»Freddie«, ergänze ich.
»Genau. In der Stadt heißt es, dass es kein Jahr mehr dauert, ehe die beiden verheiratet sind.«
»Das ist doch bloß Gerede«, wiegele ich ab, aber Emma legt den Kopf auf die Seite und sagt: »Du wirst schon sehen, kein Rauch ohne Feuer.«
»Du bist genauso schlimm wie alle anderen.«
»Dann solltest du mir lieber die wahre Version von dem erzählen, was hier vorgefallen ist.«
»Ach, Emma, es ist so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
»Ich fürchte, das muss warten. Wir reden später weiter«, sagt Emma, als Fifi mit zwei ihrer freiwilligen Helfer hereingefegt kommt, die unter der Last mehrerer Katzenboxen fast zusammenbrechen. Sie ist eine wahre Meisterin im Delegieren.
Izzy blickt vom Hundebad auf, wo sie gerade die widerstrebende Petra wäscht, der die Prozedur ganz und gar nicht gefällt. Schaum klebt an den Wänden und in Izzys Haar – überall, nur nicht auf dem Hund.
»Wir haben Ihnen neun Neue mitgebracht«, verkündet Fifi.
»Dann müssen wir sie zu zweit in die Käfige setzen«, sage ich. »Und selbst dann weiß ich nicht, wie wir sie alle unterbringen sollen.«
»Sie sind alle so beschäftigt«, bemerkt Fifi. »Ich komme mir vor wie bei Emergency Room .«
»Nur George Clooney fehlt«, entgegnet Izzy.
»Haben Sie eine rote Katze gefunden?«, frage ich. »Ein völlig abgemagertes Tier?«
Fifi sieht zu den Freiwilligen hinüber, doch die schütteln den Kopf. Dann wendet sie sich wieder mir zu. »Aber ich habe trotzdem gute Neuigkeiten für Sie, Maz. Bei der außerplanmäßigen Sitzung gestern Abend hat sich der Vorstand bereit erklärt, Sie mit all unseren Möglichkeiten sowohl praktisch als auch finanziell dabei zu unterstützen, Glorias Tiere zu versorgen und ein neues Zuhause für sie zu finden. Die Entscheidung fiel einstimmig.«
Ich danke ihr.
»Ich habe mich von meinen persönlichen Gefühlen beeinflussen lassen, statt mich ganz meiner Pflicht zu widmen, verirrte und verlassene Tiere zu schützen. Das hätte nicht passieren dürfen«, fährt Fifi fort. »Ich hätte einiges anders regeln können.«
Das hätte ich auch, denke ich.
»Gloria und ich waren früher gute Freundinnen.« Energisch wischt sich Fifi eine Träne von der Wange, die fast genauso glitzert wie die Diamanten an ihrer Halskette.
»Es tut mir leid, Fifi«, sagt Emma und legt eine Hand auf die ihre, um sie zu trösten, als Fifi weiterspricht: »Wenigstens kann ich auf diese Weise wieder ein wenig gutmachen.«
»Maz, könnten Sie mir noch ein Handtuch rüberwerfen? «, ruft Izzy.
Ich hole das Gewünschte aus dem Schrank unter dem Becken.
»Nehmen Sie lieber gleich zwei!«
»Ist das Petra?« Fifi runzelt die Stirn. »Ich dachte, sie wäre an eine Familie aus Talymouth vermittelt worden. Das war wahrscheinlich auch wieder eines von Glorias Märchen.«
»Wissen Sie, wo sie herkommt?« Ich gebe Izzy die Handtücher. Schwer zu sagen, wer von beiden nasser ist, Izzy oder der Hund.
»Ein Züchter hat sie zu uns gebracht, als sie ein paar Monate alt war, weil sie angeblich nicht als Ausstellungshund taugte. Ich verstehe gar nicht, wieso, sie sieht so glamourös aus.«
»Zumindest wird sie das wieder, wenn ich sie geföhnt und ihr eine Pediküre verpasst habe.«
»Sicher werden wir mehrere Angebote von Leuten bekommen, die sie bei sich aufnehmen wollen, aber ich glaube, bei ihr mache ich mein Vorkaufsrecht geltend«, fährt Fifi fort.
Fifi und Petra? Die beiden passen doch überhaupt nicht zueinander.
»Ich habe schon ein Zuhause für Petra gefunden«, sage ich hastig. Sie braucht eine ruhige, erfahrene Hand, und ich kenne genau die richtige Person dafür. »Tut mir leid, Fifi. Aber da ist noch
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